Into the Woods [2014]

Wertung: 2.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 04. Oktober 2015
Genre: Musical / Unterhaltung / Fantasy

Originaltitel: Into the Woods
Laufzeit: 125 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien / Kanada
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Rob Marshall
Musik: Stephen Sondheim
Darsteller: Anna Kendrick, James Corden, Emily Blunt, Daniel Huttlestone, Tracey Ullman, Meryl Streep, Lilla Crawford, Johnny Depp, Chris Pine, Mackenzie Mauzy, Billy Magnussen, Christine Baranski


Kurzinhalt:

Der Junge Hans (Daniel Huttlestone) bewirtschaftet mit seiner Mutter (Tracey Ullman) einen Hof – ihre größte Einnahmequelle ist eine Kuh. Doch da die keine Milch mehr gibt, soll Hans sie verkaufen. Auf dem Weg ins Dorf begegnet er dem Bäcker (James Corden) im Wald, der ihm Zauberbohnen für die Kuh bietet. Sie ist eines von vier Dingen, die der Bäcker mit seiner Frau (Emily Blunt) der Hexe (Meryl Streep) bis in drei Tagen bringen muss, damit diese einen Fluch von seiner Familie nimmt. Bis sie alles beisammenhaben, müssen sie noch Rotkäppchen (Lilla Crawford), Rapunzel (Mackenzie Mauzy) und Aschenputtel (Anna Kendrick) dazu bringen, ihnen das zu überlassen, was sie besonders macht ...


Kritik:
Rob Marshalls
Filmadaption des gleichnamigen Musicals Into the Woods ist mit einem Dutzend tragender Figuren eine Kombination aus vier verschiedenen Märchen, die alle zusammen geworfen werden, um verzahnt in einander erzählt zu werden. Dabei weiß der Filmemacher aber offenbar nicht, welche Art Film er machen soll, so dass am Ende drei verschiedene herauskommen. Das Ergebnis ist anfangs ernst, dann betont lustig und wirkt am Ende wie eine Parodie. Nur was soll es wirklich sein?

Der Film beginnt mit einem Eröffnungslied, dessen Thema im Lauf der langen zwei Stunden immer wieder aufgegriffen wird. Dass man aus heutiger Sicht das Gefühl hat, man kenne diese Art Musical-Song zur Genüge, sollte man dem Alter des ursprünglichen Bühnenstücks zuschreiben, das aus den späten 1980er-Jahren stammt. Vorgestellt werden darin die vier verschiedenen Märchenerzählungen, bestehend aus "Hans und die Bohnenranke", "Rotkäppchen", "Rapunzel" und "Aschenputtel". Wer der Meinung ist, dass sich diese Geschichten nur schwer miteinander erzählen lassen, der wird bei Into the Woods in jeder Art und Weise bestätigt, zumal sich die Geschichte eingangs sehr gleichmäßig um alle Stränge bemüht, während das Finale hauptsächlich um die Rache einer Riesin gestrickt ist, die eine Bohnenranke heruntergeklettert war.

Zentrale Figuren sind dabei der Bäcker und seine Ehefrau, die ein Kind bekommen möchten, bislang jedoch erfolglos geblieben sind. Eines Nachts sucht sie die Hexe von nebenan (bemüht, aber nie bösartig genug gespielt von Meryl Streep) heim und unterbreitet ihnen ein Angebot: Bis Mitternacht in drei Tagen müssen sie vier Gegenstände besorgt haben, dann hebt sie den Fluch auf, mit dem sie den Vater des Bäckers und seine ganze Familie belegt hat. Er ist der Grund, weshalb sie keine Kinder bekommen können. Darum ziehen beide auf in den Wald, um einen Umhang rot wie Blut, eine Kuh weiß wie Milch, Haar gelb wie Mais und einen Schuh aus Gold zu besorgen.

Gekleidet in viele Musikstücke, die in der Mitte des Films merklich weniger werden, spielt sich der Großteil des Geschehens in besagtem Wald ab und wer von Beginn an zählt, wie oft "Into the Woods" in Into the Woods gesungen wird, wird mindestens auf eine dreistellige Zahl kommen.
Zu Beginn scheint es noch so, als wollten die Macher die verschiedenen Märchen mit einer gewissen Ernsthaftigkeit erzählen, ehe im Mittelteil viel Augenzwinkern hinzu kommt, das beispielsweise beim Duett der beiden verliebten Prinzen schon ins Peinliche abgleitet. Es ist, als wollte man sich hier über den absurden Kitsch der üblichen Märchen lustig machen – eine Aussage, die sich mit der des produzierenden Studios Disney an sich nicht verträgt.

Das spiegelt sich auch in manchen Kostümen wider, allen voran der Verkleidung von Johnny Depp als Wolf aus dem Märchen "Rotkäppchen". Singt er außerdem über das junge, zarte Fleisch seines jungen Opfers mit dem roten Mantel und singt sie später darüber, wie sie durch ihre Neugier auf ihn hereingefallen war, er ihr Dinge gezeigt hat, die sie bislang nicht erforscht hatte, aufregende Dinge, von denen sie nicht wusste, dass es sie gibt – dann wirkt der böse Wolf weniger wie eine Märchengestalt und vielmehr wie ein pädophiler Straftäter. Es ist eine der unangenehmsten und widerlichsten Szenen, deren Bedeutung das Zielpublikum ab sechs Jahren glücklicherweise entgehen wird, die Erwachsenen aber Unbehagen bereitet.

Dass Into the Woods nicht dort aufhört, wo Märchen normalerweise enden, sondern im letzten Drittel bewusst das Happy End kaputt macht mit untreuen Müttern und trampelnden Riesen, ist Teil des Konzept, allerdings kommt dieser Schwenk im Film so plötzlich und ergibt sich nicht aus der Handlung der Figuren im Vorfeld, dass die letzten 30 Minuten nicht nur aufgesetzt wirken, sondern so, als stammten sie aus einem anderen Film. Die Handlungen der Charaktere ergeben keinen Sinn, die Trickeffekte mit der Riesin sind geradezu grotesk schlecht und eine Aussage muss man hineininterpretieren, anstatt dass sie sich natürlich ergibt. Mag sein, dass die Vorlage als bissige Satire angelegt ist und ein einheitliches Bild abgibt – zumindest das Ende wurde für die Filmfassung entschärft –, aber so ist Into the Woods ein uneinheitlicher Mischmasch, der keinen Spaß macht und die Märchen am Ende mehr durch den Kakao zieht, als sie zu würdigen.


Fazit:
Die letzten Jahre haben einige ernsthafte Märchen-Umsetzungen hervorgebracht, die eine neue Herangehensweise an die Materie zeigten und gerade deshalb funktionierten. Into the Woods weiß nicht, ob es Satire, Parodie oder Komödie sein will. Die Optik erinnert stark an eine Bühnendekoration, was im Fall einer Filmumsetzung kein Kompliment ist. Die Songs sind nicht eingängig, wiederholen sich ständig in der Instrumentierung und die Figuren sind flach und eindimensional.
Mag sein, dass all das beabsichtigt war, es macht den Film insgesamt jedoch nicht besser. Langgezogen und ohne Wiedererkennungswert, verliert sich Regisseur Rob Marshall selbst im Dickicht seines Märchen-Mix. Keines ist wirklich erzählt und die Zusammenstellung kann ebenfalls nicht überzeugen. Die Darsteller sind bemüht, aber sie scheinen selbst nicht zu wissen, ob sie ernst bleiben oder darüber lachen sollen. Schade um das ungenutzte Talent.