Into the Blue [2005]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 03. April 2006
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: Into the Blue
Laufzeit: 110 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: John Stockwell
Musik: Paul Haslinger
Darsteller: Paul Walker, Jessica Alba, Scott Caan, Ashley Scott, Josh Brolin, James Frain, Tyson Beckford, Dwayne Adway, Javon Frazer, Chris Taloa, Peter R.V. Bowleg Jr.


Kurzinhalt:
Statt geregelte Arbeitszeiten und ein geregeltes Gehalt zieht der auf den Bahamas lebende Jared (Paul Walker) die Abenteuer des Schatztauchens einem herkömmlichen Leben vor – wobei er sich absichtlich die Unabhängigkeit von seinem früheren Arbeitgeber und ebenfalls Schatzjäger Bates (Josh Brolin) bewahrt –, und abgesehen vom Geld mangelt es ihm an so gut wie nichts, was ihm seine Freundin Sam (Jessica Alba) gern bestätigt. Nach wie vor träumt Jared von dem Fund eines riesigen Schatzes, der unter der Meeresoberfläche auf ihn wartet.
In der Tat entdeckt Jared zusammen mit seinem Jugendfreund Bryce (Scott Caan), inzwischen Anwalt und zu Besuch mit seiner Freundin Amanda (Ashley Scott) erste Stücke aus einem vermutlich viel größeren Schatz, freigelegt durch einen der zahlreichen Hurrikans der vergangenen Saison. Nur wenige Hundert Meter vom Fundort entfernt, stößt Jared außerdem auf ein gesunkenes Flugzeug, an Bord dessen sich Drogen im Wert von Millionen von Dollar befinden.
Während Jared und Sam ihrer Linie treu bleiben, und mit Drogen nichts zu tun haben möchte, sind Amanda und Bryce darauf aus, genügend Drogen zu veräußern, um die Ausgrabungen von Jareds Schatzfund zu finanzieren – und sich selbst damit reich zu machen. Als die zwei einen Alleingang wagen, setzen sie eine Reaktionskette in Gang, die unweigerlich in eine Katastrophe führt ...


Kritik:
Als erste neue Produktion des von Sony erworbenen Labels Metro-Goldwyn-Mayer, ruhten auf Into the Blue viele Hoffnungen, nicht zuletzt deswegen, weil man erhoffte, die Popularität der angesagten Jungstars Paul Walker und Jessica Alba nutzen zu können, und sie endlich als allein stehenden Prestige-Darsteller aufzubauen, die auch Zuschauer in die Kinos locken – junge Akteure diesen Kalibers gibt es entgegen anders lautenden Gerüchten nämlich äußerst wenige.
Aus dem Unterfangen wurde trotz einer groß angelegten Werbekampagne leider nichts, die Zuschauer blieben sowohl in den USA, wie international den Kinosälen fern. Wenn man sich John Stockwells Karibik-Thriller dabei ansieht, kann man nicht wirklich nachvollziehen, weshalb: Neben überwältigenden Landschaften über und unter Wasser gibt es schöne Menschen in knapper Bekleidung zu sehen, untermalt von eingängiger Musik und in einer zwar nicht eindrucksvollen, aber immerhin unterhaltsamen Geschichte, die mit einigen handfesten Wendungen aufwarten kann, und die dank einer durchweg sehr guten Inszenierung auch handwerklich überzeugen kann.

Die Vorlage von Matt Johnson basiert grob auf dem Peter Benchley-Roman Das Riff [1976], der zudem als Karibik-Abenteuer Die Tiefe [1977] bereits verfilmt wurde. Auch wenn Johnson das Grundgerüst der Geschichte beibehält, erscheinen seine Modernisierungen durchaus angebracht, und weit weniger verkrampft, als man vermuten würde. Überraschenderweise nutzt er die prekäre Situation mit den Wünschen der Figuren und den scheinbar endlosen Möglichkeiten angesichts des nur einen Handschlag entfernten Drogenfundes, um seine Figuren stärker auszuloten, als es in vergleichbaren Produktionen der Fall ist. Dabei sind zwar keine ausgefeilten Charakterisierungen zu erwarten, aber Johnson langweilt die Zuschauer weder mit albernen Figuren, noch mit dümmlichen Dialogen, die stellenweise wirklich gut geraten sind, und auch zu den Charakteren passen. Insbesondere das unbeschwerte Leben von Jared und Sam zu Beginn wird gekonnt eingefangen, seine enttäuschten Träume dabei aber ebenso heraus gestellt, wie seine Lebenslage selbst.
Doch das Drehbuch im Gesamten einzuschätzen, ist deshalb schwer, weil es an sich recht unerwartet einen entscheidenden Knick erfährt, nach dem nicht nur einige etablierte Figuren fehlen, sondern auch die Gewaltbereitschaft der Geschichte in exponentiellem Maße ansteigt. Aus dem unbeschwerten, gelegentlich wirklich witzigen Anfang mit einer atemberaubenden Kulisse generiert Skriptautor Matt Johnson innerhalb weniger Minuten einen zwar konstruierten, aber nichts desto trotz effektvollen Thriller mit einigen guten, aber doch unnötig brutalen Szenen. Dadurch wartet die Vorlage zwar mit einigen handfesten Überraschungen auf, stößt aber auch ein wenig vor den Kopf und lässt die sicher vermittelte Lektion der Geschichte bei der Figur vermissen, die prinzipiell an allem Geschehen die Schuld trägt. Etwas mehr Mut und Konsequenz hätte man sich ohne Zweifel gewünscht.
Dank der guten Dialoge, der interessanten Story und den doch meist nachvollziehbaren Handlungen der Figuren, kann man darüber zwar hinweg sehen, der Stimmungswechsel im Film, wird manchen Zuschauern aber zurecht aufstoßen.

Von der soliden Vorlage profitieren auch die durchweg jungen Darsteller, allen voran Jessica Alba, die hier in der Tat mimische Fertigkeiten aufweist, die ihre bislang gezeigten Darbietungen um Längen schlagen, auch wenn ihre Rolle im Mittelteil des Films etwas unterrepräsentiert scheint. Sie leistet wirklich gute Arbeit und harmoniert gekonnt mit Paul Walker, dem die Rolle nicht nur auf den Leib geschneidert scheint, sondern der in der Haut des Inselbewohners Jared auch voll auf geht. Die Chemie zwischen ihm und seiner Kollegin Alba stimmt ebenso, wie das freundschaftliche Verhältnis zu Scott Caan, dem zwar eine unsympathische Rolle zufällt, der aber daran merklich Gefallen findet.
Caan mimt den verantwortungslosen Anwalt mit Leichtigkeit und wirkt in seinen ausweichenden Dialogen ganz in seinem Element. So gehört er gleichzeitig zu den besten Akteuren des Films und lässt keine Wünsche offen.
Ashley Scott vermag zwar ebenfalls zu überzeugen, ist aber weder in dem Maße gefordert, wie ihre Kollegen, noch scheint sie (schon auf Grund der Story) ein integraler Teil der Gruppe zu sein. Bedauerlich ist allerdings, dass auch nicht recht in Aktion treten darf, und ihre Figur stattdessen wie ein fünftes Rad am Wagen behandelt wird. Auf Grund des sich kaum entwickelnden Charismas ist sie den übrigen Akteuren in den Szenen auch nicht wirklich gewachsen.
Josh Brolin ist mit Bart kaum zu erkennen, wirkt hier aber bedeutend physischer, als in machen seiner bisherigen Rollen. Er macht seine Sache wie auch James Frain (zuletzt zu sehen gewesen in der vierten Staffel von 24 [seit 2001]), wirklich gut, wobei der Auftritt des letzteren kaum der Rede wert ist.
Die charismatischen, wenn auch nicht wirklich geforderten Tyson Beckford und Dwayne Adway runden den durchweg gut zusammen gestellten Cast ab, auch ohne große Namen keine Wünsche offen lässt.

Handwerklich gibt sich Regisseur John Stockwell keine Blöße, die speziell für den Film entwickelten Unterwasser-Kamera-Linsen, die nicht nur das bisher bekannte Verschieben des Bildes beim Eintauchen unter Wasser kompensieren, sondern auch davon abgesehen für glasklare Eindrücke auf dem Meeresgrund sorgen, veredeln den ohnehin sehr gut umgesetzten Film zusätzlich.
Mit leuchtenden Farben über und unter Wasser, einer beeindruckenden Tiefenschärfe und einem beinahe schon klassischen Inszenierungsstil, verleiht Stockwell Into the Blue eine wirklich berauschende Optik, die mitunter vollkommen vergessen lässt, dass es sich bei dem Film (zumindest in den letzten 20 Minuten) um einen harten Thriller handelt. Den Kameramännern Shane Hurlbut und Peter Zuccarini (letzterer war für die Unterwasser-Sequenzen verantwortlich), sowie den Cuttern Nicolas De Toth und Dennis Virkler kann man diesbezüglich nur gratulieren. Ihnen gelang ein schnörkelloser Film vor einer umwerfenden Kulisse, der die Vorzüge jener (Wasser-) Landschaften auch aufzuzeigen vermag. Dass die Actionszenen außerdem übersichtlich und spannend geraten sind, ohne die Brutalität in den Vordergrund zu stellen, ist den Machern hoch anzurechnen.
Mitunter erwecken die Bilder samt der passenden Pop-Musik im Hintergrund zwar den Eindruck einer Unterwasser-Baywatch [1989-2001]-Episode, doch dagegen ist dank der ernsten Story und den guten Darstellern ja nichts einzuwenden – zumal Stockwell überraschenderweise auf viele Zeitlupen verzichtet, mit denen andere Filmemacher ihre Szenen in die Länge gezogen hätten. Die Kulissen begeistern, nicht zuletzt, weil man auch den Unterwasseraufnahmen nie ansieht, ob sie in freier Natur, oder in einem speziell dafür eingerichteten Becken entstanden, und auch die Spezialeffekte überzeugen deswegen, weil man sie nicht bemerkt.

Auch die Musik des Komponisten Paul Haslinger, seines Zeichens Teil der Kult-Band Tangerine Dream, lässt sich nichts zu Schulden kommen, auch wenn der Score in letzter Konsequenz etwas ein durchgängiges Thema vermissen lässt. Dafür ist der instrumentale Soundtrack aber ebenso eingängig geraten, wie die gesungenen Lieder mit Karibik-Flair, gibt sich mitunter elektronisch oder unbeschwert, dann wieder minimalistisch und auch richtiggehend orchestral.
Auf den ersten Blick mag dieser Mix etwas unausgegorenen scheinen, passt aber zu der jeweiligen Szenen gekonnt und erweckt nie den Eindruck, als wäre die Musik im Film nicht kohärent. Für einen durchweg unterhaltsamen Abenteuerfilm mit Insel-Feeling reicht dies überdies allemal.

Blickt man nach den knapp zwei Stunden auf den Film zurück, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass Drehbuchautor Matt Johnson ursprünglich einen etwas anderen Film im Kopf hatte; zu abrupt ist der inhaltliche Schnitt, zu konsequent die Änderung im Erzähltempo und in der Atmosphäre des Films. Dieser Wandel mag manchen Zuschauern zwar nicht gefallen, fügt sich aber insofern gut in die Geschichte ein, als dass Regisseur Stockwell seiner Linie treu bleibt, und auch Hauptfigur Jared nach wie vor reagieren lässt, anstatt dass er die Initiative ergreift. Er wird nicht, wie man vermuten würde, als Held etabliert, sondern versucht lediglich, aus den Situationen das jeweils Beste zu machen.
Dank der Chemie unter den Darstellern, den guten Dialogen und der tadellosen Umsetzung, sieht man über die etwas mäandrierende Story zu Beginn gern hinweg, zum Into the Blue selbst dann ein Augenschmaus bleibt. Für einen harten Karibik-Thriller fehlt dem Film allerdings jene Stimmung von Beginn an, und auch das Ende enttäuscht ein wenig durch das Fehlen jener Kompromisslosigkeit, die das Skript zu Beginn des Finales aufweist.


Fazit:
Nicht zuletzt durch die literarische Vorlage und die bisherige Verfilmung des Stoffes, ist die Story von John Stockwells Film kein Novum mehr; gerade in der ersten Filmhälfte lassen sich viele Szenen und Entscheidungen der Figuren vorhersagen, und Kenner werden auch schon nach wenigen Minuten absehen können, wer der eigentliche Bösewicht des Films sein wird. Dies kompensiert der Film einerseits durch einige Überraschungen im übrigen Verlauf der Handlung, und eine bestechende Optik wie Akustik, die den Zuschauer nicht nur auf die ewige Sommerinsel versetzen, sondern ihn auch gekonnt mit unter Wasser nehmen. Die Aufnahmen unter der Wasseroberfläche sind so malerisch wie zwiespältig, berauschend und Furcht einflößend – wobei die Aufnahmen mit den meistens echten Haien und den erkennbar echten Darstellern eindeutig in letztere Kategorie fallen.
So bleibt letztlich unverständlich, weswegen die Zuschauer Into the Blue im Kino gemieden haben, der unterhaltsame Karibik-Thriller ist nicht nur deutlich besser als sein Ruf, er ist sowohl gut gespielt, als auch exzellent gefilmt. Was ihn von einer besseren Wertung abhält, ist die Unentschlossenheit der Ernsthaftigkeit der Geschichte, die Drehbuchautor Matt Johnson erst im letzten Drittel etabliert, um sie in den letzten 20 Minuten mit durchaus harten, mitunter aber auch unnötigen brutalen Einlagen zu untermauern.
Davon abgesehen, steht gelungener Unterhaltung mit Insel-Atmosphäre aber nichts im Wege.