Ich - Einfach unverbesserlich 4 [2024]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 21. Juni 2024
Genre: Animation / Komödie

Originaltitel: Despicable Me 4
Laufzeit: 95 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Chris Renaud, Patrick Delage
Musik: Heitor Pereira
Stimmen: Steve Carell (Oliver Rohrbeck), Kristen Wiig (Martina Hill), Will Ferrell (Jens Knossalla), Joey King, Sofía Vergara, Stephen Colbert, Chloe Fineman, Miranda Cosgrove, Steve Coogan, Pierre Coffin, Dana Gaier, Madison Polan


Kurzinhalt:

Der neueste Auftrag des ehemaligen Schurken und inzwischen Agenten der Anti-Verbrecher-Liga, Gru (Steve Carell /Oliver Rohrbeck), führt ihn nicht nur an den Ort seiner alten Schurkenschule zurück, sondern auch zu einem Verbrecher, mit dem er seit vielen Jahren eine Rivalität pflegt: Maxime Le Mal (Will Ferrell / Jens Knossalla). Der wird nicht nur für seine Schurkentätigkeit ausgezeichnet, sondern kündigt auch an, dass er sich dank seiner Kakerlaken-Forschung in einen unaufhaltsamen Superschurken verwandelt hat. So wundert es nicht, dass Maxime kurz, nachdem Gru ihn verhaftet hat, aus dem Gefängnis flieht. Doch da er Rache an Gru geschworen hat, muss dieser mit seiner Frau Lucy (Kristen Wiig / Martina Hill), Sohn Gru Junior und den drei Mädchen untertauchen. Sich als ganz normale Bürgerinnen und Bürger in dem luxuriösen Ort Mayflower einzugewöhnen, fällt ihnen ohnehin schon schwer. Doch die Situation wird noch komplizierter, als Gru von der Tochter ihrer Nachbarn, Poppy (Joey King), enttarnt wird. Poppy droht, Gru auffliegen zu lassen, wenn er ihr nicht bei einem Einbruch hilft, denn Poppy hat selbst Schurken-Ambitionen …


Kritik:
In Ich - Einfach unverbesserlich 4 präsentieren die Filmemacher Chris Renaud und Patrick Delage eine Geschichte um den ehemaligen Superschurken Gru, seine Familie und die Minions, die in gewisser Hinsicht auch einen Abschluss der Reihe darstellen könnte. Zum einen, da die Minions hier von ihrem „Meister“ abgekoppelt und in den Dienst der Anti-Verbrecher-Liga (AVL) gestellt werden, zum anderen, weil es offenbar kein erzählenswertes Abenteuer mehr gibt, das diese Familie erleben kann. Immerhin ist das temporeich und unterhaltsam, wenn auch wenig einfallsreich, dargebracht.

Es beginnt damit, dass Gru, bekanntermaßen ein Agent der AVL, bei einem Klassentreffen der von Direktorin Übelschlecht geleiteten Schurkenschule den Verbrecher Maxime Le Mal verhaftet, mit dem Gru eine Jahrzehnte alte Fehde verbindet. Maxime schwört Rache, insbesondere an Grus Sohn, Gru Junior. Als Maxime, der sich die Kräfte von Kakerlaken zu Eigen gemacht hat, wenig später aus einem Hochsicherheitsgefängnis flieht, müssen sich Gru, seine Frau Lucy und die Kinder in dem luxuriösen Ort Mayflower in einem AVL-Schutzhaus mit neuen Identitäten verstecken. Nur die drei Minions Phil, Ralph und Ron bleiben bei ihnen. Für die übrigen hat man in der AVL große Pläne. Während Gru hofft, die Zeit nutzen zu können, um seinem Sohn näher zu kommen, soll sich Lucy als Frisörin der Reichen und Schönen etablieren. Doch die Integration funktioniert nicht so einfach wie gedacht, da die Nachbartochter Poppy Gru erkannt hat und ihn erpresst. Er soll ihr helfen, einen Einbruch zu verüben, denn sie will eine Superschurkin werden. Einbrechen sollen sie ausgerechnet in der Schurkenschule, einem der am besten bewachten Orte überhaupt.

Bereits die Geschichte von Ich - Einfach unverbesserlich 4 klingt vertraut und Filmfans werden sich nicht nur an zahlreiche Komödien erinnern, in denen die Tarnung von Hauptfiguren im Zeugenschutzprogramm aufzufliegen droht, es gibt überdies Anleihen an andere Hollywood-Produktionen, angefangen von Terminator 2 – Tag der Abrechnung [1991], über Mission: Impossible, James Bonds Casino Royale [2006], Spider-Man 2 [2004] und Star Wars. Ob das Zielpublikum damit tatsächlich etwas anfangen kann, sei dahingestellt, die Szenen sorgen bei Eingeweihten immerhin für ein Schmunzeln. Doch wiegen diese Einfälle nicht auf, dass die unterschiedlichen Erzählstränge, selbst wenn sie im letzten Drittel zumindest teilweise zusammengeführt werden, kaum oder gar nicht mit einander verbunden sind. Gar keine Rolle spielen sowohl der Karateunterricht von Grus Töchtern und Lucys Abstecher ins Frisörhandwerk. Selbst die Armee an Kakerlaken, die Oberschurke Maxime unter seiner Kontrolle hat, wird irgendwann schlicht vergessen, von seiner Gefährtin Valentina ganz zu schweigen. Dass, wie bereits in der Filmvorschau angekündigt, fünf Minions mit Hilfe eines Superserums zu „Mega-Minions“ gemacht werden, ganz im Stile der Fantastic Four-Comic-Figuren, soll vermutlich Auftritte in eigenen Filmabenteuern vorbereiten, denn wirklich zum Einsatz kommen sie nicht – mit Ausnahme der Slapstickeinlagen, die großteils in den Trailern gezeigt werden.

Betrachtet man dann den Rest, Grus Einbruch mit Poppy in der Schurkenschule, im Übrigen nicht nur die längste, sondern auch die beste Sequenz des Films, wie Grus Sohn sich weigert, „Dada“ zu sagen, oder die Fehde zwischen Maxime und Gru, dann würde sich das jeweils in einem Kurzfilm erzählen lassen. Vermutlich sogar prägnanter und amüsanter, als es hier, aufgeteilt über die gesamte Laufzeit der Fall ist. Selbst die Mega-Minions wären in ihrem eigenen Kurzfilm vermutlich besser zur Geltung gekommen. Es scheint beinahe, als hätten sich die Verantwortlichen die grundsätzliche Idee der untergetauchten Familie Gru überlegt, um dann mit allen möglichen amüsanten Szenen die Laufzeit auf die magische Marke von eineinhalb Stunden zu heben. Das heißt nicht, dass diese Momente nicht unterhalten würden und vor allem beim ganz jungen Publikum stößt der körperbetonte Humor auf einen fruchtbaren Boden. Doch dies als abendfüllenden Spielfilm zu bezeichnen, ist schlicht zu weit gegriffen.

Was den Stil und die Machart anbelangt, bleiben die Regisseure Renaud und Delage der Reihe bzw. Ich - Einfach unverbesserlich 4 dem überzeichneten Comic-Look treu. Angefangen von der Eröffnungsszene, in der Grus Sportwagen in halsbrecherischer Geschwindigkeit eine enge Bergstraße zu der in einem Schloss gelegenen Schurkenschule entlangfährt, bis hin zum Finale, kommt hier auch für die Jüngsten nie eine bedrohliche Atmosphäre auf. Bunt und schnell geschnitten präsentiert, ist das kindgerechte Unterhaltung im besten Sinne, wozu auch das versöhnliche Ende zählt, bei dem niemand irgendjemandem nachhaltig böse zu sein scheint. Vereinen die Verantwortlichen dann noch ganz am Schluss die verschiedenen Schurken der Ich - Einfach unverbesserlich-Reihe, dann sieht es beinahe so aus, als wollten sie die Geschichte von Gru und seiner Familie zu einem Abschluss bringen. Solange sie nicht wirklich etwas zu tun und die Chance bekommen, sich zu entwickeln, von den drei Kindern und Lucy ganz zu schweigen, wäre es vielleicht auch an der Zeit, sie in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken.


Fazit:
Nicht nur bei den Gags mit den Publikumsmagneten der Filmreihe, den Minions, hat man das Gefühl, all dies in ihren bisherigen Filmen bereits gesehen zu haben. Ein paar Ideen sind dabei wirklich gelungen und der Rest ist ebenso unterhaltsam, wie wenn Gru von seinem Sprössling getriezt, Lucy von einer Kundin mit einer missratenen Frisur verfolgt wird oder die Mega-Minions ein Chaos in der Stadt anrichten. Aber nicht nur, dass Manches hiervon nicht mehr aufgegriffen wird und für die Figuren letztlich keine Rolle mehr spielt, die Storyeinfälle und die Slapstick-Szenen mit den Minions wirken wie einzelne Episoden anstatt Teil einer großen, zusammenhängenden Geschichte zu sein. Das mag auch daran liegen, dass Schurke Maxime lange Zeit einfach abwesend ist und wenn er auftritt, sich dem Publikum erklärt bzw. Grus Kinder nur ein Anhängsel der Story bleiben. Im Vergleich zu Ich - Einfach unverbesserlich 3 [2017] erscheint Chris Renauds und Patrick Delages Animationsabenteuer stimmiger, doch erreicht Ich - Einfach unverbesserlich 4 zu keinem Zeitpunkt den Charme der ersten beiden Filme. Ganz junge Zuschauerinnen und Zuschauer werden insbesondere im letzten Drittel durchaus unterhalten, mitgerissen aber nicht. Vermutlich ist das für den Erfolg des inzwischen sechsten Teils der Reihe um Gru bzw. die Minions aber gar nicht notwendig.