Hotel Artemis [2018]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 3. Februar 2019
Genre: Action / Krimi /Science FictionOriginaltitel: Hotel Artemis
Laufzeit: 94 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2018
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Drew Pearce
Musik: Cliff Martinez
Darsteller: Jodie Foster, Sterling K. Brown, Sofia Boutella, Dave Bautista, Charlie Day, Jenny Slate, Jeff Goldblum, Brian Tyree Henry, Zachary Quinto, Kenneth Choi
Kurzinhalt:
Los Angeles im Jahr 2028: Auf der Flucht vor der Polizei sucht der Bankräuber Sherman (Sterling K. Brown) mit seinem verletzten Bruder Lev (Brian Tyree Henry) das „Hotel Artemis“ auf, ein gesichertes Krankenhaus für Kriminelle. Unter der Leitung der Schwester (Jodie Foster) und des Pflegers (Dave Bautista) gelten dort bestimmte Regeln. Während sein Bruder versorgt wird, trifft Sherman die übrigen Patienten, die nur mit Namen der Patientenräume angesprochen werden dürfen, in denen sie liegen. Mit der Attentäterin Nice (Sofia Boutella) verbindet Sherman eine gemeinsame Vergangenheit. Der Waffenhändler Acapulco (Charlie Day) hingegen will baldmöglichst abreisen. Dann erfahren die Patienten, dass sich der Wolf King (Jeff Goldblum), Anführer der Unterwelt von Los Angeles, auf dem Weg zum Hotel befindet – und eben den haben Sherman und Lev unbewusst bestohlen …
Kritik:
In seinem Spielfilmregiedebüt Hotel Artemis zeigt Filmemacher Drew Pearce, der unter anderem die Drehbuchvorlage für Iron Man 3 [2013] lieferte, eine düstere Zukunftsvision. Im Jahr 2028 versinkt zumindest Los Angeles, wie vermutlich die ganze Welt, im Chaos. Massenausschreitungen hervorgerufen durch die Wasserprivatisierung münden in gewisser Weise in einem Bürgerkrieg. Die Stadt ist in der Hand von Schwerreichen und Kriminellen gleichermaßen. Das erinnert von der Atmosphäre her stark an John Carpenters Genreklassiker Die Klapperschlange [1981] und wäre es bereits von Seiten der Gesellschaftskritik her wert, weiter erkundet zu werden. Darin wird allerdings eine Geschichte erzählt, die für sich genommen kaum Sinn ergibt und darüber hinaus nicht einmal packend dargebracht ist. Da hilft auch die namhafte Besetzung, die durch Darbietungen von Jodie Foster und Jeff Goldblum veredelt wird, nicht weiter.
Hotel Artemis beginnt mit einem Banküberfall, den drei der Räuber nur knapp überleben. Um seinen schwerverletzten Bruder Lev zu versorgen, flieht Sherman mit ihm ins „Hotel Artemis“, ein mitten in Downtown im 12. Stock gelegenes Krankenhaus für die Unterwelt. Hausherrin ist Jean Thomas, die jedoch nur die Krankenschwester genannt wird. Ausschließlich zahlende Mitglieder erhalten Zugang und die Mitgliedschaft muss bestehen, bevor die Patienten vor der Türe stehen. Es gibt eine Reihe von Regeln, an die sich Patienten halten müssen, beispielsweise, dass keine Waffen erlaubt sind und andere Patienten nicht getötet oder verletzt werden dürfen. Das klingt, als hätte sich Drehbuchautor Pearce von Ideen aus John Wick [2014] inspirieren lassen.
10 Jahre in der Zukunft angesiedelt, ist das Hotel zwar ebenso heruntergekommen wie die übrigen Gebäude im Umkreis, aber die medizinische Ausrüstung mit selbst operierenden Untersuchungstischen, überaus wirksamen Medikamenten oder Organen aus dem 3D‑Drucker ist für die meisten Patienten ausreichend.
Vor diesem Hintergrund ließe sich ein durchaus spannender Thriller erzählen, insbesondere in Anbetracht der unterschiedlichen Charaktere, die sich in dem Unterweltkrankenhaus wiederfinden. Neben Sherman gibt es die Attentäterin Nice und den Waffenhändler Acapulco. Die Krankenschwester wird von dem Pfleger Everest unterstützt, der mühelos in der Lage scheint, es eigenhändig mit einer kleinen Armee aufnehmen zu können. Aber statt sich um diese Figuren zu kümmern und eine klaustrophobische Stimmung zu erzeugen, will Hotel Artemis wohl mehr. So hat Nice einen geheimen Auftrag, der sie ins Hotel geführt hat und Unterweltboss Wolf King, gespielt von Jeff Goldblum in einer überraschend kleinen Rolle, dem das Hotel unter anderem gehört, ist ebenfalls auf dem Weg dorthin. Den haben Sherman und Lev unbewusst bestohlen, auch wenn das gar nicht der Grund für seinen „Besuch“ ist.
Es gibt viele Storyfäden, die nirgendwo hin führen und trotz der überschaubaren Besetzung sind selbst Figuren wie der Waffenhändler Acapulco am Ende für die Geschichte gar nicht wichtig. Die hat auch kein richtiges Ende – oder einen richtigen Anfang. Dass auch Jeans persönliches Trauma mit alledem in Verbindung steht, ist so erzwungen wie unglaubwürdig. Hotel Artemis macht den Eindruck, als hätte der Filmemacher eine Grundidee gehabt, aber darüber hinaus keine Vision, in welche Richtung sie sich entwickeln könnte. Während die Vorschau den Eindruck erweckt, als besäße der Science Fiction-Film einen zynisch-amüsanten Tenor, erzählt Drew Pearce sein Werk letztendlich mit einer Ernsthaftigkeit, dass die platten und wenig originellen, dafür klischeehaften Dialoge umso farbloser erscheinen. Gleichzeitig arbeitet die Erzählung stets auf eine Konfrontation hin, die nicht nur viel zu spät kommt, sondern dann auch viel zu schnell vorbei ist.
Man kann es auch anders sagen: Wenn allein der dahinkriechende Abspann ganze 10 % der Laufzeit ausmacht, kann man nicht anders als vermuten, dass dies nur der Fall ist, um den Film über die magische 90-Minuten-Lauflänge zu retten. Entsprechend ist auch der Rest mehr Pflicht als Kür.
Fazit:
In die Rolle der Krankenschwester legt Jodie Foster eine Traurigkeit, die die Figur seit Jahrzehnten zu quälen scheint. Umso erstaunlicher, wie unnachgiebig und stark sie gegenüber anderen auftritt. Sie verleiht ihren Momenten ein Gewicht, das die Geschichte selbst nie entwickelt. Bis auf sie und Sofia Boutella als schlagkräftige Attentäterin erhält kaum jemand der Beteiligten einen Moment, in dem sie glänzen können. Regisseur Drew Pearce stellt seine durchaus interessante Zukunftsvision handwerklich kompetent gemacht vor und erzählt vor diesem Hintergrund eine Geschichte, die nie wirklich Drama, nie Action-Thriller oder Science Fiction-Crime-Story wird. Es ist ein Mix aus allen möglichen Genres, ohne ein eigenes Profil. Das könnte funktionieren, hätten die Figuren Ecken und Kanten, oder würde ihr Schicksal interessieren. Aber Hotel Artemis ist so schleppend erzählt, so oberflächlich bei den Charakteren und so offensichtlich zusammengeschustert was die Zufälle innerhalb der Story angeht, dass man sich trotz der Laufzeit dabei ertappt, ständig auf die Uhr zu sehen.