Horns [2013]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 11. April 2016
Genre: Fantasy / Krimi / DramaOriginaltitel: Horns
Laufzeit: 120 min.
Produktionsland: USA / Kanada
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Alexandre Aja
Musik: Robin Coudert
Darsteller: Daniel Radcliffe, Max Minghella, Joe Anderson, Juno Temple, Kelli Garner, James Remar, Kathleen Quinlan, Heather Graham, David Morse, Michael Adamthwaite, Nels Lennarson
Kurzinhalt:
Nachdem die überall beliebte Merrin Williams (Juno Temple) ermordet aufgefunden wird, steht für die Bewohner ihrer Heimatstadt der Schuldige fest: Ihr Freund Ig Perrish (Daniel Radcliffe). Dessen Freund seit Kindertagen und Strafverteidiger Lee (Max Minghella) hat zwar erreicht, dass Ig während der polizeilichen Ermittlungen auf freiem Fuß ist, doch die Anfeindungen seiner Mitmenschen setzen Ig zu. Eines Morgens wachsen ihm, den alle als Teufel beschimpfen, zwei Hörner, mit denen er ungeahnte Fähigkeiten gewinnt. Auch wenn er dem Beelzebub äußerlich immer mehr zu gleichen scheint, dadurch dass ihm die Menschen unaufgefordert ihre gemeinsten Gedanken offenbaren, bietet sich für ihn die Möglichkeit, den wahren Schuldigen zu finden ...
Kritik:
Sieht man über die ganzen offensichtlichen, eigenwilligen Entscheidungen hinweg, die Alexandre Ajas lange im Voraus diskutiertes Projekt Horns bedeutend mittelmäßiger werden lassen, als der Film hätte sein können, gibt es einen grundlegenden Punkt, der die Geschichte um beinahe seine ganze Zugkraft bringt: Es gibt nur zwei wirklich sympathische Figuren im Film. Die eine ist ein Mann, dessen größtes "Glück" darin liegt, länger zu leben als all diejenigen Menschen, die er je geliebt hat. Die andere ist eine junge Frau, die in ihrer Erscheinung und ihrem Wesen auf ein unerreichbares Podest gestellt wird, ehe man sie vergewaltigt und ermordet. Hoffnung ist hier ein rares Gut.
"Harry Potter mit Hörnern!" wäre eine Schlagzeile zum Film, die Hauptdarsteller Daniel Radcliffe vermutlich gar nicht so unrecht gewesen wäre. Er bemüht sich hier merklich, seinem Image als ewiger Zauberjunge entgegenzuwirken und tut alles, was er zuvor nicht tun durfte: Er hat Sex vor der Kamera, er darf fluchen und sogar töten. Alles dank einer Fantasy-Geschichte, die sich bedeutend interessanter anhört, als sie letztlich ist. Von der ganzen Stadt des brutalen Mordes an seiner Freundin Merrin bezichtigt, wachsen Ig Perrish eines Tages Hörner. Als wäre das nicht genug, hat er fortan eine seltsame Wirkung auf seine Mitmenschen. Es ist, als würde er die schlimmsten Gedanken und Geheimnisse in ihnen zutage fördern. Sie erzählen sie ihm, ob er sie hören will, oder nicht – und sie tun, was er ihnen sagt.
Jeder, der zu Unrecht des Mordes beschuldigt wird, würde dies als Anlass nehmen, sich bei den Bewohnern durchzufragen, wer Informationen zu dem Mord besitzt. Horns geht auch in diese Richtung, schlägt dann jedoch Seitenwege ein und findet erst sehr spät wieder dorthin zurück. Stattdessen scheint der Filmemacher vielmehr darum bemüht, alles zu zeigen schlichtweg, weil er es kann. Die Menschen, denen Ig begegnet, plappern ihre Geheimnisse und ihre bösesten Gedanken heraus. Das ist anfangs noch interessant, wenn sogar ein kleines, schreiendes Kind beim Arzt verkündet, was es mit seiner Mutter anstellen will. Doch das Schema wiederholt sich im Film gefühlte zwei Dutzend Mal. Selbstverständlich kommt so heraus, dass Ig nicht als einziger in Merrin verliebt war. Seine Eltern beichten ihm, was für eine Enttäuschung er ist, wildfremde Menschen offenbaren ihre Homosexualität (sogar mehrmals, als hätten diese "Geheimnisse" es doppelt nötig, ans Licht gebracht zu werden). Nicht nur, dass man viel zu viele Informationen bekommt, die man gar nicht haben wollte, sie gleichen sich in der Art, wie sie dargebracht werden.
Zuerst erzählen die Menschen ihm, was sie tun wollen. Dann dauert es einen kurzen Moment und dann tun sie es. Auch nutzt Ig seine Macht über andere aus, zettelt Massenschlägereien an und "erzieht" seine Mitmenschen, indem er ihnen Schlimmes zufügt. Hier werden kurz die Todsünden angesprochen, als wäre Ig ein Racheengel, doch auch diese Idee verfolgt das Skript nicht weiter. Dazwischen springt Horns in ausladenden Rückblenden in Igs und Merrins Vergangenheit zurück, zeigt sie als Kinder und Jugendliche. Es soll wohl unterstreichen, wie glücklich die beiden waren, zerstört jedoch den Erzählfluss der eigentlichen Geschichte. Ein wirklicher Spannungsbogen kommt somit nie auf, was durch die gelegentlichen, absehbaren Kommentare aus dem Off noch unterstützt wird.
Immerhin, Horns ist durchweg ordentlich gefilmt und auch die einzelnen Perspektiven scheinen überlegt. Nur der rote Faden, der die Szenen zusammenhalten sollte, war den Machern nicht wichtig genug. So agiert Daniel Radcliffe zwar solide gegen sein Image an, doch er tut das am Ende, ohne dass es einen in geringster Art und Weise mitreißen würde.
Fazit:
So aufgesetzt das Fantasyelement auch ist, es ist der interessanteste Aspekt der Geschichte. Der Krimi plätschert über weite Strecken vor sich hin, ohne dass er dem Filmemacher selbst wichtig wäre. Dafür überrascht das Finale mit einem unnötigen Gewaltgrad, den Regisseur Alexandre Aja auszukosten scheint. So reicht es nicht, dass eine Person aufgespießt und von Schlangen umzingelt wird, eine Schlange stößt sogar durch die Wunde hindurch und die Szene endet damit noch nicht. Ob all das eine wirkliche Aussage hat, muss jeder für sich entscheiden.
Solide gespielt, verlangt Horns von seinen Beteiligten nicht mehr ab, als alle bereits in anderen Produktionen unter Beweis stellen durften. Die gelungene Optik kaschiert zwar, dass sich der Film inhaltlich wiederholt, jedoch nicht gut genug, dass es einem nicht auffallen würde. Mit zwei Stunden mindestens um 20 Minuten zu lang, kann man hier den Star aus Harry Potter zwar in einer ganz anderen Rolle sehen. In einer sympathischen oder besseren aber nicht.