Hello Again - Ein Tag für immer [2020]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. August 2020
Genre: Komödie / Liebesfilm

Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Maggie Peren
Musik: Superstrings
Besetzung: Alicia von Rittberg, Edin Hasanovic, Tim Oliver Schultz, Emilia Schüle, Samuel Schneider, Jule Ronstedt, Sebastian Rudolph, Nina Gummich, Amelie Plaas-Link


Kurzinhalt:

Seit sie bereits als kleines Mädchen mitansehen musste, wie ihre Eltern sich tagtäglich gestritten haben und von dem Zauber der Liebe in der Ehe nichts übrig blieb, hat Zazie (Alicia von Rittberg) mit der großen Liebe abgeschlossen. Freundschaft ist einer Beziehung in jedem Fall vorzuziehen. Gerade aus diesem Grund wirft die Einladung zur Hochzeit ihres besten Jugendfreundes Philipp (Tim Oliver Schultz) sie so aus der Bahn. Er ist der netteste Mensch, den sie je gekannt hat, und will mit Franziska (Emilia Schüle) Zazies frühere Erzfeindin heiraten. Für Zazie steht fest, dass sie die Hochzeit verhindern muss. Dass die direkt am nächsten Tag stattfindet, macht ihre Aufgabe nicht einfacher. Zusammen mit ihrem Mitbewohner Anton (Edin Hasanovic) wohnt sie der Trauung tatsächlich bei, kann Philipp jedoch nicht bekehren. Als sie am nächsten Tag aufwacht und merkt, dass erneut ‚gestern‘ ist, glaubt sie, noch eine Chance zu haben – aber egal, was sie tut, wacht Zazie immer wieder am Tag von Philipps Hochzeit auf …


Kritik:
In ihrer Komödie Hello Again - Ein Tag für immer wandelt Filmemacherin Maggie Peren die aus Und täglich grüßt das Murmeltier [1993] bekannte Idee ab, bei der die Hauptfigur denselben Tag immer wieder erlebt und irgendetwas bewerkstelligen muss, um diese Wiederholungsschleife zu beenden. Für gewöhnlich sind die zentralen Charaktere in diesen Geschichten anfangs nicht sehr sympathisch und lernen durch die Wiederholung, ein besserer Mensch zu sein. Hier trifft es eine junge Frau, die mit zwei Freunden in einer Wohngemeinschaft lebt und den Tag immer wieder erlebt, an dem ihr bester Freund aus Kindertagen heiraten wird. Das sorgt verständlicherweise für reichlich Spannungen, bedauerlicherweise aber nicht für eine überaus spannende Erzählung. Die ist am Ende ebenso auf sich selbst bezogen, wie die junge Frau im Zentrum bereits zu Beginn.

Erstaunlich bleibt dabei, wie wenig Peren, die auch die Drehbuchvorlage liefert, an den Charakteren interessiert ist. Über Zazie, die den Film zumindest eingangs aus dem Off erzählt, erfährt man, abgesehen von den wenigen Details im Prolog aus ihrer Jugend, kaum etwas. Damals glaubte sie als kleines Mädchen noch an die Liebe und malte sich ihre Traumhochzeit aus. Bis ihre stets streitenden Eltern ihr den Glauben an die Liebe nahmen. So war bereits als Teenagerin ihr Motto „Freundschaft ist Gold, Beziehung ist Blech“. Daran hat sich seither auch nichts geändert. Was sie überhaupt macht, ob sie arbeitet, oder studiert, erfährt man nicht. Nur, dass sie mit ihrem damals besten Freund gebrochen hat. Ihr neuer bester Freund ist Anton, der sie zur der Hochzeit begleiten soll, die direkt am nächsten Tag stattfindet. Da die künftige Braut früher eine Erzfeindin von Zazie war, will sie ihren Jugendfreund vor ihr retten und ruiniert dabei für alle Anwesenden die gesamte Hochzeit. Aus unerklärlichen Gründen wacht sie am nächsten Tag wieder zu Paarungsgeräuschen ihres zweiten Mitbewohners in der Nacht auf, um festzustellen, dass sie erneut am Tag der Hochzeit aufgewacht ist – nur, dass sich niemand außer ihr daran erinnern kann, dass all das schon passiert ist.

Filme wie Und täglich grüßt das Murmeltier oder Happy Deathday [2017] ziehen einen Teil des Humors daraus zu zeigen, wie die Hauptfigur vollkommen perplex dieser seltsamen Situation gegenübersteht und wie sich dieselben Momente des Vortags fast genau so zutragen. In Hello Again akzeptiert Zazie die verrückte Situation ohne Umschweife. Sie vertraut sich auch niemandem an, oder droht, an der Situation zu verzweifeln. Vielmehr versucht sie erneut, die Hochzeit zu sabotieren. Wieder und wieder. Das führt irgendwann unweigerlich zu der Frage, was für einen Film Maggie Peren eigentlich erzählen will: Als reine Komödie sind viele der Gags weit absehbar und wenn man den Mitbewohner bei seinen nächtlichen Aktivitäten das zehnte Mal gehört hat, sollte auch die letzte Person im Publikum verstanden haben, dass dies noch wichtig werden wird. Auf welche Weise, ist dabei keine wirkliche Überraschung, aber an sich eine gelungene Idee – die nirgendwo hinführt.
Zu Beginn ist Zazie eine geradezu verbitterte Zynikerin, die sich über nichts zu freuen scheint. Wäre es nicht eine erstrebenswerte Entwicklung für sie, wenn sie lernt, dadurch glücklich zu werden, dass sie anderen Menschen hilft? Wenn es zwar ihre Aufgabe wäre, ihrem ehemaligen Jugendfreund zu helfen, aber nicht in der Art, wie sie vermutet? Was, wenn sie ihrer Erzfeindin von früher verzeihen lernen müsste, oder sie vor einem großen Fehler bewahren?

Die Geschichte von Hello Again - Ein Tag für immer besäße viele Ansatzpunkte für eine interessante Entwicklung der Hauptfigur. Doch die soll offenbar nur dadurch aus sich herauswachsen, dass sie lernt, ihre eigene Unsicherheit zu überwinden. Über die übrigen Charaktere schweigt sich die Geschichte, wie bereits erwähnt, weitgehend aus. Anton ist Narkoleptiker, verfällt also immer wieder in Sekundenschlaf, was zwar grundsätzlich für amüsante Momente sorgt, die aber von der Art her immer gleich sind. Wie stark die Figuren vernachlässigt werden, wird am deutlichsten an der Frau, die Zazie bei ihrem Eintreffen bei der Hochzeit anspricht und fragt, ob sie überhaupt eine Einladung hätte – bis dem Publikum gesagt wird, dass dies Zazies Schwester ist, ist der halbe Film vergangen.
Was am Ende der eineinhalb Stunden bleibt, ist der Eindruck, dass sich die Hauptfigur mehr um ihrer selbst Willen geändert hat, als dass sie verstanden hätte, dass ihr Jugendfreund keine Rettung braucht. Was sie erreichen muss, um die ständigen Wiederholungen zu durchbrechen, wird ebenfalls nicht klar. Dafür kleidet Regisseurin Peren ihren Film in chice Großstadtbilder und stellt eine Besetzung zusammen, die im Grunde nicht unsympathisch ist. Schade ist nur, dass sie in der Geschichte kaum gefordert sind.


Fazit:
Immerhin bemüht sich Filmemacherin Maggie Peren nicht, die Ausgangslage erklären zu wollen. Doch die Frage muss erlaubt sein, was die Idee des sich wiederholenden Tages für die Geschichte selbst bedeutet. Hätte sich der Film ebenso erzählen lassen, wenn es diesen Story-Kniff nicht gäbe? In den vielen Wiederholungen gibt es am Ende nichts, was Zazies Entwicklung spürbar beeinflusst. Insofern ist die Grundidee mehr Mittel zum Selbstzweck, als wirklich notwendig. Dass trotz allem die Figuren nicht einmal richtig vorgestellt werden, ist unverständlich, ebenso der Umstand, dass man von den wenigsten am Ende überhaupt den Namen erfährt. Hello Again - Ein Tag für immer versucht aus der originellen Idee von Und täglich grüßt das Murmeltier Kapital zu schlagen und vergisst dabei, dass es die Charaktere sind, die dessen Geschichte sehenswert machen. Zugegeben, die Besetzung hier ist stimmig und durchweg sympathisch und auch handwerklich gibt es nichts zu bemängeln. Vor allem meint es das Skript mit den Figuren nicht böse, aber es ist auch nicht mutig genug, unter ihre Schale zu blicken. So fühlen sich die vor sich hinplätschernden eineinhalb Stunden deutlich länger an, als sie sind. Selbst beim ersten Mal ansehen, ohne Wiederholung.