Grand Canyon - Abenteuer auf dem Colorado [2008]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 24. September 2011
Genre: Unterhaltung / Dokumentation

Originaltitel: Grand Canyon Adventure: River at Risk
Laufzeit: 44 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Greg MacGillivray
Musik: Stefan Lessard, Steve Wood
Darsteller: Robert Redford (Erzähler), Wade Davis, Nikki Kelly, Shana Watahomigie


Kurzinhalt:
Nicht nur mit dem Hoover Damm veränderten die Menschen den Lauf des Colorado-River, der im Rocky Mountain National Park entspringt und im Golf von Kalifornien mündet. Der Fluss umfasst 1.450 Meilen, legt über 3.100 Höhenmeter zurück und durchquert dabei sieben US-amerikanische und zwei mexikanische Bundesstaaten. Unzählige Menschen profitieren von seinem Wasser, machen sich dessen Kraft zunutze und sind auf vielfältige Art und Weise von ihm abhängig.
Doch bleibt dies nicht ohne Folgen für den Fluss, der stellenweise deutlich weniger Wasser führt, als noch vor 100 Jahren. Regisseur Greg MacGillivray macht sich mit einer Gruppe auf den Weg, den Flusslauf des Colorado-River zu erkunden und führt dabei auch in Gesprächen mit den dort lebenden Menschen vor Augen, wie zerbrechlich das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur ist, das der Mensch immer mehr zu seinen Gunsten verändert ...


Kritik:
Bei Grand Canyon - Abenteuer auf dem Colorado verbringt man 45 sehr lange Minuten in einer atemberaubenden Kulisse, die nicht nur spektakulär eingefangen ist, sondern (die notwendige Heimkinoanlage vorausgesetzt) auch so lebensnah dargebracht wird, dass man behaupten kann, besser ist es nur, wenn man selbst dort ist. Regisseur Greg MacGillivray findet für den IMAX-Film Perspektiven, die nicht nur in Staunen versetzen, sondern sogar zum Träumen anregen. Dabei könnte man beinahe – und 3D hat einen Hang hierzu – über den Inhalt hinwegsehen. Eine Dokumentation ist der Naturfilm streng genommen nicht, auch wenn wir ein paar Einzelheiten über den Colorado-River erfahren.

Kern des Films ist zwar der Fluss, den eine kleine Gruppe Abenteurer hinunterfährt, doch geht es ihnen nicht darum, den reißenden Strom so zu erkunden wie damals die ersten Siedler. Ebenso wenig interessiert, wie viele Menschen vom Wasser des Flusses leben, sich seine Kraft zunutze machen, oder sich von ihm inspirieren lassen. Der Regisseur wirft stattdessen ein Augenmerk darauf, wie die Flusslandschaft durch den Menschen verändert wurde, dass die Wasservorräte immer weiter zurückgehen und mahnt uns, mehr mit der Natur in Einklang zu leben, anstatt sie unseren Bedürfnissen anzupassen. Dies als Ökofanatismus zu verteufeln, wie es mancherorts geschieht, ist sicherlich übertrieben. Nur was Grand Canyon - Abenteuer auf dem Colorado dabei fehlt sind neue Erkenntnisse und Aussagen, oder zumindest eine packende Darbietung derselben. Stattdessen folgt der Film dem dahinplätschernden Bilderreigen vieler IMAX-Produktionen, die zwar opulent in Szene gesetzt sind, inhaltlich aber dürftig bleiben.

Dabei erscheint der Inhalt überraschend unstrukturiert. MacGillivray springt von Meinungen der Raftingteilnehmer, die allesamt nur aus dem Off zu hören sind und nur selten frontal gezeigt werden, wenn sie sprechen, hin zu kurzen wissenschaftlichen Umrissen der Entstehungsgeschichte des Grand Canyon. Hierbei streut er immer wieder Bilder der Flussfahrt ein, ohne dabei jedoch auf einer Karte zu zeigen, wo diese in dem 2.300 Kilometer umfassenden Flusslauf aufgenommen wurden. Zwar wird mit groben Beschreibungen gesagt, wann der Grand Canyon entstand, und welche Umwelteinflüsse ihn prägten, doch wo bleiben Grafiken hierzu? Das Wasser bekommt der Fluss in seinem Ursprung in den Rocky Mountains, aber Aufnahmen hiervon gibt es keine zu sehen.

Stattdessen zeigt uns Grand Canyon - Abenteuer auf dem Colorado, wie die Nutzung durch den Menschen den Wasserstand beeinflusst. Beim ersten Anschauungsobjekt kann man als Zuseher diese Veränderung nur schwer erkennen, und viele mehr bleibt die Dokumentation schuldig. Es ist auch schwer, Fakten des Erzählers Robert Redford von den Erlebnissen des Raftingleiters auseinander zu halten, weil sie von der Stimmlage her sehr ähnlich klingen.

Letztlich, das kann man nach den 45 Minuten mitnehmen, geht es den Machern nicht darum, eine informative Dokumentation zu erzählen. Auch stehen nicht die Personen im Vordergrund, über die wir zu wenig erfahren, als dass sie uns interessieren würden. Es geht vielmehr darum, das Gefühl zu vermitteln, wie es wäre, den Colorado-River mit einer solchen Bootstour zu erkunden. Und dies gelingt dank der lebensnahen Bilder außergewöhnlich gut. Auf Grund der tollen Farben und der detailreichen Schärfe eignet sich die Blu-ray-Veröffentlichung außerdem als Referenzmaterial für eine 3D-Präsentation. Einziger Nachteil hierbei ist wie bei IMAX-Filmen nicht unüblich, dass man eindeutig zwischen verschiedenen Ebenen in der Tiefe unterscheiden kann und eine richtige Räumlichkeit nur selten eintritt. Vielmehr fühlt man sich an Zeichentrickfilme erinnert, bei denen eine Tiefenwirkung ebenfalls durch drei bis vier Ebenen erzielt wurde, die sich unterschiedlich schnell bewegten. Sieht man von dem 3D-Element jedoch ab, bleibt nicht Vieles, was einen zum Einschalten bei Grand Canyon - Abenteuer auf dem Colorado veranlassen würde.


Fazit:
Die vielleicht beeindruckendste Leistung der Filmemacher von Grand Canyon - Abenteuer auf dem Colorado findet hinter den Kulissen statt. Eine Crew bestehend aus über 40 Personen war am Dreh beteiligt, sie hievten die schweren, ungelenken IMAX-Kameras, die jeweils über 100 Kilogramm wiegen, auf die Boote und mussten diese Mammutarbeit gleich zwei Mal erledigen, weil bei der stereoskopische Aufnahme ja zwei Eindrücke benötigt werden. Der Lohn hierfür sind Bilder, die uns in eine Landschaft entführen, welche nur in der Wirklichkeit noch packender aussehen kann. Sie lädt zum Schwelgen und Träumen ein. Der Erzähler im Hintergrund erinnert uns daran, dass diese Schönheit vergänglich ist, und wollen wir sie bewahren, wir unser tägliches Tun und Denken werden umstellen müssen.
Doch klingt diese Botschaft, ob richtig oder nicht sei völlig dahingestellt, hier schal und abgenutzt. Statt neue Impulse zu geben, einen Blick auf die Menschen zu werfen, die auf das Wasser des Colorado-River angewiesen sind, werden bekannte Floskeln verwendet und auf Bildbeweise verwiesen, die man als Zuseher nicht immer nachvollziehen kann. Das ergibt einen inhaltlich eher mäßigen, unerwartet langatmigen IMAX-Film, der dank der hochwertigen Bildqualität auch beim Heimkino für Staunen sorgt. Das 3D ist zwar nur ein netter Zusatz, doch ohne würden die Bilder auch nicht ausreichen, um uns zum erneuten Ansehen zu motivieren. Schade, dass die IMAX-Produktionen dieses Manko auch nach so vielen Jahren noch nicht abstreifen können.