Godzilla [2014]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 23. Dezember 2014
Genre: Thriller / Action / Fantasy
Originaltitel: Godzilla
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA / Japan
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Gareth Edwards
Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: Aaron Taylor-Johnson, Ken Watanabe, Bryan Cranston, Elizabeth Olsen, Carson Bolde, Sally Hawkins, Juliette Binoche, CJ Adams, David Strathairn, Richard T. Jones, Victor Rasuk, Patrick Sabongui
Kurzinhalt:
Als der Wissenschaftler Dr. Ishiro Serizawa (Ken Watanabe) im Jahr 1999 auf die Philippinen gerufen wird, glaubt er kaum, welcher Anblick sich ihm bietet: Bei Minenarbeiten wurden Überreste eines prähistorischen Wesens entdeckt. Kurz darauf kommt es in einem japanischen Atomkraftwerk zu einem Zwischenfall, bei dem das Kraftwerk zerstört wird. Unter den Opfern ist die Frau des für Erdbebensicherheit zuständigen Joe Brody (Bryan Cranston). 15 Jahre später ist Joe immer noch in Japan und versucht zu beweisen, dass damals die wirkliche Unglücksursache vertuscht wurde.
Sein Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson) lebt mit seiner Familie in San Francisco und wird nach Tokio gerufen, als Joe verhaftet wird. Nach seiner Entlassung kann er Ford überreden, mit ihm zur Unglücksstelle zu gehen. Dort entdeckt er, dass die Strahlung verschwunden ist und sich in der Ruine des Kraftwerks eine gigantische Anlage befindet. Aber schon kurz nach ihrem Eintreffen bricht das Chaos über sie herein – das 1999 entdeckte Monster hat nicht als einziges Wesen aus der geschichtlichen Urzeit überlebt. Aber vielleicht braucht es ein Monster, um ein Monster zu erlegen ...
Kritik:
Zum 60jährigen Jubiläum des Königs des Monsterfilms feiert Godzilla dessen Rückkehr in der sechsten US-Produktion um die Riesenechse. Nach 28 japanischen Filmen und einem kaum erhältlichen italienischen Auftritt des Monsters ist Gareth Edwards' Film der vermutlich realistischste seiner Art. Doch er ist auch einer, der das Monster und die mit ihm einhergehende Zerstörung dessen Spaßfaktors beraubt. Dadurch wirken die zwei Stunden bedeutend länger als sie sind und die Odyssee der Figuren nur halb so mitreißend.
Zugegeben, Roland Emmerichs Umsetzung des Monsterhorrors war inhaltlich alles andere als hochtrabend, aber zumindest so leichtfüßig erzählt, dass auch die dämlichsten Dialoge immer noch ihren Charme besaßen. Von den klischeehaften Charakteren ganz zu schweigen. Filmemacher Edwards hingegen streicht diese Naivität bereits im Prolog, in dem ein japanisches Atomkraftwerk nach ungewöhnlichen seismischen Aktivitäten dem Erdboden gleich gemacht wird. Zu viele Erinnerungen an den Störfall in Fukushima im Frühjahr 2011 werden wach und sieht man in Godzilla wie 15 Jahre später das Gelände immer noch großteils unbewohnbar ist, stellt sich ein befremdliches Gefühl ein, das bei einem reinen Unterhaltungsfilm fehl am Platz wäre.
Joe Brody war damals für die Erdbebensicherheit des Kraftwerks verantwortlich und verlor bei dem Zwischenfall seine Frau. Sein Sohn Ford ist inzwischen erwachsen und als Bombenentschärfungsspezialist bei der US-Navy tätig. Nach mehr als einem Jahr kehrt er nach Hause zu seiner Frau Elle und seinem Sohn Sam nach San Francisco zurück, nur um wenig später einen Anruf aus Japan zu erhalten. Sein Vater wurde dabei erwischt, wie er in die Quarantänezone um das kollabierte Kraftwerk eingedrungen war und verhaftet.
Interessenten werden sich bereits fragen, wann den Godzilla tatsächlich in der Story vorkommt. Abgesehen von einigen kurzen Schnipseln, die in Material der Geheimorganisation Monarch verstreut sind, gibt es tatsächlich erstaunlich wenig Godzilla in Godzilla. Bei einer Laufzeit von etwas weniger als zwei Stunden ohne Abspann sind es sogar weniger als 10 Minuten. In Japan treffen Ford und Joe auf ein MUTO – einen Massiven Unbekannten Terrestrischen Organismus. Es ist ein riesiges, insektenhaftes Wesen, dem keine bekannte Waffe etwas anzuhaben scheint und das Strahlung absorbiert. Auf dem Weg zu neuen Nahrungsquellen bringt es entsprechend eine massenhafte Zerstörung mit sich. Wer darin keinen Bezug zu der zerstörerischen Wirkung der von Menschen geschaffenen Radioaktivität auf unsere Welt und wie sich diese Wirkung umkehrt findet, hat Edwards' Ziele nicht verstanden.
Seine Erzählung gleicht einem apokalyptischen Katastrophenfilm, in dem die Radioaktivität, sei es nun in Form der verheerenden Atombombe oder der nicht kontrollierbaren, friedlichen Nutzung der Energie, ein zentrales Element darstellt. Die Menschen haben sich damit ihren eigenen Untergang geschaffen. Interessanterweise aber auch die einzige Möglichkeit, Schlimmeres zu verhindern: Godzilla könnte als einziges in der Lage sein, MUTO zu besiegen.
Bis die Urzeitechse zu sehen ist, spinnt Gareth Edwards eine Atmosphäre, die unheilvoller kaum sein könnte. Ähnlich wie Steven Spielberg in Der weiße Hai [1975] zögert er den Auftritt des Monsters immer weiter hinaus, doch im Gegensatz zu Spielberg präsentiert er seinem Publikum dann kaum etwas. Die erste Auseinandersetzung zwischen Godzilla und MUTO findet in Honolulu statt, doch nach den ersten Sekunden blendet der Filmemacher ab und schildert stattdessen die Verwüstung danach. Erst beim Finale setzt er seinen Protagonisten entsprechend in Szene.
Trotzdem wäre es falsch, ihm daraus einen Vorwurf zu machen. Zum einen, da es schizophren erscheinen würde, einerseits einen ernsten Katastrophenfilm zu erzählen und gleichzeitig zu Unterhaltungszwecken ein Inferno um die Zerstörung ganzer Landstriche zu zelebrieren. Zum anderen gibt es mit einzig diesem Inhalt derart viele groß angelegte Filmproduktionen, dass es nichts gäbe, wodurch sich Edwards' hier hätte auszeichnen können. Godzilla auf diese Weise zu erzählen ist zwar nicht so packend, aber fraglos mutig und vielleicht auch die einzige Art, ohne dass es ins Lächerliche abgleitet.
Fazit:
Sieht man sich an, welche Figuren bereits im ersten Drittel das Zeitliche segnen und welche den Film bis zum Ende begleiten, möchte man nur den Kopf schütteln. Vielleicht hilft aber auch deren kantenloses Spiel, um ihr Schicksal für alle Menschen gültig werden zu lassen. Während die an sich sehr talentierte Elizabeth Olsen hier nur staunend durch sehr begrenzte Kulissen stapft, ist Aaron Taylor-Johnson meist damit beschäftigt, schockiert in die Augen der Monster oder hinter ihnen her zu schauen. Eine wirkliche Tiefe entwickelt kein einziger Charakter, auch wenn es vermessen wäre zu behaupten, dass in Monsterfilmen die Menschen meist mehr als nur schmückendes Beiwerk sind.
Gleichzeitig geizt Regisseur Gareth Edwards zu lange mit seinem eigentlichen Star und wer den Film eher auf "Das Warten auf Godzilla" taufen wollte, würde damit nicht einmal falsch liegen. Nichtsdestotrotz ist Godzilla hervorragend gemacht und erstklassig gefilmt. Die vielen allegorischen, bedeutsamen Bilder sind wie der Spannungsaufbau der einzelnen Szenen überaus gelungen, die Perspektiven malerisch unheilvoll, nur wenn das Feuerwerk zünden soll, ist meist schon Schluss. Anders würde es mit dem ernsten Grundton und der durchaus kritischen Aussage vielleicht nicht zusammenpassen. Aber ein Monsterfilm, der keinen Spaß am Monster findet, hat es entsprechend schwer, ein Publikum zu finden.