Ghostbusters [2016]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 6. August 2016
Genre: Fantasy / KomödieOriginaltitel: Ghostbusters
Laufzeit: 116 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Paul Feig
Musik: Theodore Shapiro
Darsteller: Kristen Wiig, Melissa McCarthy, Kate McKinnon, Leslie Jones, Chris Hemsworth, Neil Casey, Zach Woods, Ed Begley Jr. , Charles Dance, Karan Soni, Steve Higgins, Dave Allen
Kurzinhalt:
Unmittelbar vor ihrer Anstellung an der Universität wird die Wissenschaftlerin Erin Gilbert (Kristen Wiig) von einem Mann aufgesucht, er behauptet, in dem alten Haus, das er verwaltet, würde es spuken. Erin hatte sich früher mit dem Paranormalen beschäftigt, sich aber der klassischen Wissenschaft zugewandt. Zusammen mit ihrer auf das Übersinnliche spezialisierten Jungendfreundin Abby (Melissa McCarthy) und Jillian (Kate McKinnon) stattet Erin dem verwunschenen Haus einen Besuch ab und steht wenig später einem Geist gegenüber. Als sich die Erscheinungen häufen, drängt sich den Frauen der Verdacht auf, dass jemand absichtlich die Grenze zwischen dieser und der übernatürlichen Welt zum Einsturz will. Mit von ihnen gebauter Technik und der Hilfe von Patty (Leslie Jones) machen sie sich als Geisterjägerinnen daran, dem Spuk ein Ende zu bereiten, auch wenn ihnen niemand glauben will ...
Kritik:
Zu Beginn ist Ghostbusters nicht so schlecht, wie sowohl die Filmvorschau, als auch die Berichte über Schwierigkeiten während der Produktion haben befürchten lassen. Das hält jedoch nur so lange, bis Regisseur Paul Feig seinen vier Hauptdarstellerinnen die komödiantischen Teile überlässt, ohne ihnen etwas zu geben, womit sie arbeiten können. Mehr als drei Jahrzehnte ist es her, seit die ursprünglichen Geisterjäger die Welt sicherer gemacht und das Publikum unterhalten haben. Trotz der langen Zeit kann ihnen dieser Reboot nicht einmal ansatzweise das Wasser reichen.
Die Geschichte ignoriert obgleich der Tatsache, dass die Hauptdarsteller des 1984er-Films mit Gastauftritten gestraft sind, die Geschehnisse der ersten beiden Ghostbusters-Abenteuer. Erin Gilbert, die kurz davorsteht, an der Universität als Lehrende aufgenommen zu werden, muss feststellen, dass ihre Jugendfreundin Abby Yates ein mit ihr gemeinsam verfasstes Buch hat neu auflegen lassen. Das Brisante dabei, das Sachbuch handelt von Geistern, was Erins Reputation schaden würde. Sie sucht Abby auf, die zusammen mit der Nuklearspezialistin Jillian Holtzmann weiter auf dem Gebiet forscht. Zusammen kommen sie dahinter, dass jemand paranormale Phänomene in Manhattan verursacht und sie sind die einzigen, die das Ende der Welt aufhalten können.
Nun, großartig anders ist die Geschichte des von Ivan Reitman inszenierten Ghostbusters - Die Geisterjäger [1984] auch nicht. Man ist auch schnell so weit zu sagen, dass der neue Film nichts anderes ist als ein Remake mit vier Frauen anstatt Männern in den Hauptrollen. Das hat dazu geführt, dass diejenigen, die von der Filmvorschau nicht begeistert (kein Wortwitz beabsichtigt) waren, als frauenfeindlich bezeichnet wurden. Und auch wenn es diese beinahe militant argumentierte Ansicht nicht wird beschwichtigen können, dass Ghostbusters nicht funktioniert liegt nicht an der weiblichen Besetzung.
Das Grundproblem von Paul Feigs Neuinterpretation ist, dass sie das Thema nicht ernst nimmt. Reitmans Ghostbusters war eine Komödie, die die Bedrohung durch paranormale Phänomene so erzählt hat, als könne sie tatsächlich geschehen. Die drei Wissenschaftler verhielten sich wie Experten ihres Fachgebiets und der Humor war dergestalt, dass die Situation witzig war, nicht aber die Charaktere sich in der Situation absichtlich witzig verhalten haben. Hier kommt jedoch nie ein Gefühl dafür auf, dass sich die Welt oder die vier Protagonistinnen wirklich in Gefahr befinden.
Kate McKinnon hat als Holtzmann die traurige Aufgabe, in beinahe jedem Moment vollkommen unpassenden Slapstick zur Schau zu stellen. Sei es ihr erstes Zusammentreffen mit einem Geist, bei dem sie eine Rolle Chips hervorholt und anfängt, laut zu kauen, oder dass sie sich auf der Suche nach einem weiteren verkleidet, um ihre Mitstreiterinnen zu erschrecken. Es sind Szenen wie diese, die den Ghostbusters-Film aus 2016 wie eine Parodie, einen in die Länge gezogenen Sketch erscheinen lassen. Ähnlich sieht es bei Leslie Jones aus, über deren Figur man gleich wenig erfährt und die in den meisten Szenen, die auch in den Trailern schon zu sehen waren, so gestelzt einen absehbaren Gag vortragen muss, dass man sich für die talentierte Komödiantin fremdschämen möchte. Würde jeder normale Mensch die Flucht ergreifen, muss sie mit weit aufgerissenen Augen einen plumpen Spruch abliefern und darf sich dann in Bewegung setzen – jedes einzelne Mal.
Melissa McCarthy und Kristen Wiig dürfen zumindest einige wenige Momente mit so etwas wie Wortwitz zum besten geben, aber auch ihr Humor wirkt so erzwungen und einstudiert, Abbys Verhalten stellenweise so kindisch, als hätte man die Momente aus einer unterdurchschnittlichen Sitcom entnommen.
Der einzige, der hier etwas wiedergutmachen kann, ist Chris Hemsworth als stockdämlicher Sekretär der Geisterjägerinnen. Auch wenn seine Figur zu dumm ist, ein Telefon (kein Mobiltelefon!) zu bedienen, der Darsteller beweist sowohl einen physischen Humor, als auch ein Gefühl für Selbstironie bei seiner Darbietung als hohler Schönling, dass man zumindest ein paar Mal lachen kann.
Das ist auch der entscheidende Grund, weshalb Feigs Ghostbusters so enttäuscht: Er ist schlicht nicht witzig. Von allen Zuschauern, die meine Kinovorstellung ebenfalls besucht haben, hat eine Gruppe von drei jungen Frauen regelmäßig gekichert. Davon abgesehen gab es einen Moment, an dem ein Lacher fiel – aber auf beinahe zwei Stunden Laufzeit ist das für eine Komödie zu wenig.
Mit Szenen während und nach dem Abspann wollen die Produzenten wohl auf eine mögliche Fortsetzung hindeuten. Man kann nur hoffen, dass die Macher das Konzept wegwerfen und neu beginnen. Die erzwungenen Gastauftritte der Originalbesetzung machen deutlich, wie notdürftig das Drehbuch zusammengeschustert wurde: Mitten in der Erzählung hält der Regisseur inne, um einen Star des Originals zu zeigen, der inhaltlich nichts beiträgt. Das ist nicht nur überflüssig (und man fragt sich in der Tat, was die Macher damit bezwecken wollten) und wirkt in einem Fall – keine Spoiler – als wolle man den Darsteller größtmöglich demütigen.
Hinzu kommt eine "faule" filmische Umsetzung, bei der es interessant wird zu sehen, wie viele Anschlussfehler aufmerksame Zuseher bei Ghostbusters finden werden. Dass diese passieren ist unbestritten, aber permanent bei Perspektivwechsel zu sehen, dass Gesichtsausdrücke ganz anders sind, Haltung oder Position der Figuren sich ändern, Details wie Brillen urplötzlich verschwinden, legt die Vermutung nahe, dass hier niemand beim Dreh oder Schnitt zwei Mal hingesehen hat.
Man kann es den Verantwortlichen nicht verdenken.
Fazit:
Aus der Geschichte hätte man womöglich einen ordentlichen Film machen können und vielleicht sogar einen guten Reboot, ob notwendig oder nicht, sei dahingestellt. Dass die Besetzung komödiantisches Potential besitzt, ist unbestritten, nur bekommen sie nichts zu tun und entwickeln überhaupt rein gar keine Chemie vor der Kamera. Ab der Mitte möchte man am liebsten wegschauen, angesichts dessen, was die Darstellerinnen hier abliefern müssen. Anders herum bei Chris Hemsworth, der aber in seinen einzelnen Szenen am besten ist. Dass die Figuren sich verhalten, als wäre all das ein Sketch, eine Parodie, um die Geisterjäger durch den sprichwörtlichen Kakao zu ziehen, versetzt Paul Feigs Ghostbusters den Todesstoß. Bei einer langgegangenen Story, die unnötige Umwege nimmt und einstudiertem Humor, der nicht witzig ist, ist es bezeichnend, wenn die ersten Takte des ursprünglichen Titelsongs und die aus dem alten Film unverändert übernommenen Elemente wie der Einsatzwagen oder das Logo mehr gefallen, als irgendeine neue Idee.
Vielleicht sollte man 30 Jahre warten, ehe man sich an einer weiteren Neuinterpretation versucht. Mindestens.