Game of Thrones: Staffel 2 [2012]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 13. Februar 2022
Genre: Fantasy / Drama

Originaltitel: Game of Thrones: Season 2
Laufzeit: 547 min. (10 Episoden)
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren

Regie: Alan Taylor, Alik Sakharov, David Petrarca, David Nutter, Neil Marshall
Musik: Ramin Djawadi
Besetzung: Peter Dinklage, Lena Headey, Emilia Clarke, Kit Harington, Nikolaj Coster-Waldau, Michelle Fairley, Richard Madden, Aidan Gillen, Iain Glen, Liam Cunningham, Isaac Hempstead Wright, Sophie Turner, Maisie Williams, Alfie Allen, John Bradley, Jack Gleeson, Rory McCann, Stephen Dillane, Carice van Houten, James Cosmo, Jerome Flynn, Conleth Hill, Sibel Kekilli, Natalie Dormer, Charles Dance


Kurzinhalt:

Nur wenige Herrscher in den Sieben Königslanden erkennen Joffrey Baratheon (Jack Gleeson) als rechtmäßigen Thronfolger seines Vaters Robert an. Schon aus persönlichen Gründen führt Robb Stark (Richard Madden) mit seiner Mutter Catelyn (Michelle Fairley) an seiner Seite und einer immer größer werdenden Streitmacht einen Feldzug gegen Joffrey und Königsmund. Doch dabei muss er auch lernen, dass ein Krieg mehr mit Politik als mit schierer Kampfesstärke gemein hat. Am Hof des jungen Königs spinnen dessen Mutter Cersei (Lena Headey) und Onkel Tyrion (Peter Dinklage) weiter ihre Intrigen, in denen sie Dritte bereitwillig ihren Zielen opfern. Mit Sorge vernimmt Tyrion, dass Roberts Bruder Stannis (Stephen Dillane), mit Unterstützung der Roten Priesterin (Carice van Houten), selbst Anspruch auf den Eisernen Thron erhebt und mit einer zahlenmäßig weit überlegenen Armee auf dem Seeweg nach Königsmund ist. Auch Theon Graufreud (Alfie Allen), der nach vielen Jahren bei den Starks auf Winterfell wieder zu seinem Vater zurückgekehrt ist, um ihn für Robbs Kampf zu gewinnen, beginnt einen eigenen Eroberungszug mit verheerenden Folgen. Und während sich Jon Schnee (Kit Harington) jenseits der Großen Mauer neuen und uralten Gefahren gegenübersieht, sucht die Mutter der Drachen, Daenerys Targaryen (Emilia Clarke), in der Handelsstadt Qarth Unterstützung für ihre Rückkehr nach Westeros, um den Thron zurückzuerobern …


Kritik:
In der zweiten Staffel der Verfilmung der Fantasy-Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer [seit 1996] von George R. R. Martin öffnen die Verantwortlichen den bislang eng gehaltenen Blick auf einen Machtkampf, der ursprünglich nur drei Adelshäuser zu umfassen schien, um dessen Auswirkungen auch auf weit entfernte Gebiete und Königreiche jener mystischen und facettenreichen Welt zu beleuchten. Damit schmückt Game of Thrones: Staffel 2 das ohnehin vielschichtige Universum geradezu unfassbar detailreich aus, doch geraten die ursprünglich zentralen Charaktere so beinahe zu Randfiguren und die große Hintergrundgeschichte tritt trotz zahlreicher Machtrangeleien schließlich großteils auf der Stelle.

Das zeigt sich unter anderem auch daran, dass viele der Charaktere, deren Platz sich innerhalb der Geschichte merklich verschoben hat, auch wenn mit ihnen nicht wenig geschehen ist, am Ende der zehn Episoden wieder an dem gleichen Punkt angekommen sind, an dem sie zuvor waren. Man nehme die auf sich gestellte Arya Stark, oder ihren Bruder Robb, der weiterhin gegen den unrechtmäßigen Herrscher von Königsmund in den Krieg zieht. Auch Jon Snow, der als Figur spürbar reift und merklich interessanter wird, scheint nicht ansatzweise an seiner Bestimmung angelangt oder ihr einen großen Schritt näher zu sein. Stattdessen beschäftigt sich die Geschichte in großem Umfang mit dem bei der Familie Stark aufgewachsenen Theon Graufreud, der nach Rückkehr zu seinem Vater einen Feldzug gegen diejenigen Menschen führt, bei denen er seine Jugend verbrachte. Zuzusehen, wie sehr er sich durch seine Handlungen selbst in eine Position manövriert, aus der er nicht mehr herauskommt und gegen seine innere Haltung handelt, ist zwar auf erschreckende Weise faszinierend, doch würde man sich gleichzeitig wünschen, man würde mehr Zeit mit denjenigen Charakteren verbringen, die er aus ihrer Heimat vertrieben hat. Die Geschichte von Game of Thrones wendet sich im zweiten Jahr zu einem gewissen Grad von der ursprünglich im Zentrum stehenden Familie Stark ab und rückt stattdessen die rivalisierende Familie Lannister in den Mittelpunkt. Joffrey hat als König großen Einfluss, am Hof in Königsmund spinnen sowohl dessen Mutter Cersei als auch sein Onkel Tyrion ihre Intrigen, während sich in fernen Ländern Widerstand gegen den neuen König regt, so dass sich zahlreiche Herrscher der Sieben Königslande aufmachen, den Eisernen Thron für sich zu erobern.

Das klingt insoweit spannender, als es tatsächlich ist, da die unterschiedlichen Strömungen kaum oder gar nicht überhaupt zum offenen Konflikt mit Königsmund antreten, sondern sich in kleineren Kämpfen mit anderen Herrschern beschäftigen. Unter den Anwärtern auf den Thron ist Robert Baratheons Bruder Stannis, der von der Roten Priesterin Melisandre gelenkt wird, die ihm einen Sieg verheißt, woraufhin er tausende Männer in eine strategisch chancenlose Schlacht führt. Aber auch Stannis’ Bruder wird vorgestellt, ebenso wie Theons Vater, der die Situation nutzt, um seine Macht zu vergrößern. Robb gelingt es nicht einmal, bis Königsmund vorzudringen und auch Daenerys Targaryen sucht weiterhin eine Möglichkeit, nach Westeros überzusetzen. Game of Thrones: Staffel 2 eröffnet so viele neue Schauplätze, dass es umso mehr überrascht, wie viel besser es den Verantwortlichen gelingt, eine Übersicht über ihre sich immer weiter verzweigende Geschichte zu wahren. War dies noch ein großer Vorwurf der ersten Staffel, scheinen die Drehbuchautorinnen und -autoren mehr Kontrolle über die Erzählweise gewonnen zu haben. Doch in Anbetracht der gleichbleibenden Laufzeit der einzelnen Episoden bedeutet dies, dass den Verantwortlichen weniger Zeit in den einzelnen Storyabschnitten bleibt. So kommt es, dass beispielsweise beim Staffelfinale mehr als ein halbes Dutzend Erzählstränge in Bewegung gehalten werden, von denen schließlich kaum einer in nennenswertem Maße voran kommt. Zugleich endet die Staffel mit einem Cliffhanger, der die Einleitung der ersten Staffel wieder aufgreift, doch ohne entsprechend Hintergrundinformationen zu liefern, was dies für die übrige, große Geschichte bedeutet, wohnt man dem nur bei und weiß das Gezeigte kaum einzuordnen – wenigstens, sofern man nicht die Romanvorlage gelesen hat.

Es ist also nicht, dass Game of Thrones: Staffel 2 keine interessante Geschichte zu erzählen hat. Ganz im Gegenteil. Die Geschichte ist vielmehr so interessant und so weitreichend, dass man sich wünschen würde, die Verantwortlichen dürften sich bei einzelnen Abschnitten mehr Zeit nehmen, um den gesamten Erzählbogen und die Entwicklung der einzelnen Figuren weiter vorantreiben zu können. Ob es daher die weiseste Idee ist, in beinahe allen Episoden die allermeisten der immer zahlreicher werdenden Storystränge fortzuentwickeln, anstatt sich pro Folge auf wenige, z. B. höchstens drei, zu konzentrieren, sollte man wenigstens überlegen. In der jetzigen Form kommen viele Figuren immer nur kleine Schritte, oder überhaupt keine, vorwärts, während bei einer anderen Struktur das Publikum wenigstens das Gefühl bekommen würde, es würde sich schneller etwas entwickeln, wenn man mehr Zeit mit den Charakteren verbringen würde.

Die sind nach wie vor von einer tollen Besetzung zum Leben erweckt, zu der neben den bekannten Darstellerinnen und Darstellern der ersten Staffel zahlreiche neue Gesichter hinzukommen. Darunter Liam Cunningham als rechte Hand von Stannis Baratheon oder Stephen Dillane als eben jener. Carice van Houten ist als Rote Priesterin so undurchschaubar wie Natalie Dormer als die um ihr eigenes Überleben bemühte Tochter der einflussreichen Familie Tyrell. Ein Highlight sind auch die Momente mit dem von Charles Dance verkörperten Familienoberhaupt der Lannisters oder die pointierten Dialoge des von Conleth Hill as Varys. Dass die Verantwortlichen auch Figuren wie Tyrions Vertraute Shae, gespielt von Sibel Kekilli, nicht aus den Augen verlieren, ist ihnen hoch anzurechnen. Vor allem durchleben Charaktere wie Sansa oder Arya Stark merklich eine Entwicklung, bei der auch interessant ist zu sehen, wie die Jungdarstellerinnen an ihren Herausforderungen wachsen. Peter Dinklage agiert wie gehabt preiswürdig, wie auch Lena Headey, und dank er konstanten Weiterentwicklung ihrer Figur ist Emilia Clarke eine der einprägsamsten Akteurinnen der Geschichte. Inwieweit sämtliche Nebenhandlungen hier tatsächlich notwendig sind, wird sich in den folgenden Jahren erweisen müssen. Unbestritten ist es jedoch nicht der Mangel an facettenreichen Figuren, den man hier kritisieren kann, sondern vielmehr, dass man sich bedeutend mehr Zeit mit ihnen wünschen würde. Ob es den Verantwortlichen gelingt, sich auf weniger Schauplätze und Figuren zu konzentrieren, oder ob diese Vielzahl erforderlich ist, um zu einer großen Konfrontation zusammen zu finden, die sich schemenhaft am Horizont abzeichnet, aber nicht wirklich greifbar ist, lässt sich noch nicht sagen. Interessant genug, die Geschichte weiterverfolgen zu wollen, ist das allemal.


Fazit:
Haben viele Serienformate unter dem Problem zu leiden, dass bei einer fest vorgegebenen Anzahl an Episoden die Geschichte oftmals auf diese Anzahl gestreckt und in die Länge gezogen scheint, ist bei Game of Thrones: Staffel 2 das genaue Gegenteil der Fall. Die Autorinnen und Autoren beziehen so viele neue Figuren mit ein, stellen andere Länder und Gebräuche, Magie und uralte Mystik vor, dass dies allein die einzelnen Folgen vollends ausfüllen könnte. Gleichzeitig scheinen aber Kernelemente des ersten Jahres hier vollkommen in Vergessenheit zu geraten. Die oft gehörte Warnung „Der Winter naht“, erklingt hier gefühlt überhaupt nicht, nur damit das Staffelfinale erneut eine Brücke zum Beginn der Serie schlägt und – vermutlich – eine Verbindung zur dritten Staffel. Doch solche Momente, die überraschen sollten, verhallen, wenn das Publikum nicht mit der Vorlage vertraut ist und damit die Bilder nicht einzuordnen weiß. Mit den vielen verschiedenen Storysträngen bei denen auch selten deutlich wird, wie viel Zeit verstreicht, ehe die Geschichte zu ihnen zurückfindet, scheint auch die Struktur der Erzählung nicht unbedingt die günstigste, die einzelne Charaktere nur in kleinen Etappen voranbringt. Es fällt schlichtweg schwer, sich zu erinnern, wo man sie in welcher Situation zuletzt gesehen hat. Handwerklich ist dies ein bedeutender Schritt nach vorn von der ersten Staffel aus gesehen. Kamera und Schnitt bleiben durchweg auf einem hohen Niveau, die Trickeffekte sind kaum zu bemerken und die schiere Größe, die mit den vielen Außenaufnahmen und Menschenmassen hier erreicht wird, nimmt bereits epische Ausmaße an. Die Story ist dem auch mühelos gewachsen. Man würde sich nur wünschen, die Staffel hätte mehr Zeit, sie auszuloten, anstatt nach nur 10 Episoden erneut so schnell vorbei zu sein, dass die Figuren kaum an einer Weggabelung angekommen scheinen.