Futurama: Die Ära des Tentakels [2008]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. Juli 2008
Genre: Animation / Science Fiction / Komödie

Originaltitel: Futurama: The Beast with a Billion Backs
Laufzeit: 85 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Peter Avanzino
Musik: Christopher Tyng
Originalstimmen: Billy West, Katey Sagal, John Di Maggio, Tress MacNeille, Maurice LaMarche, Phil LaMarr, Lauren Tom, David Herman, Dan Castellaneta, David Cross, Stephen Hawking, Brittany Murphy


Kurzinhalt:
Bedrohlich klafft der Riss im Universum über der Erde – den das "Planet Express"-Team verursacht hat. So schickt sich Professor Farnsworth (Billy West) an, mit seinem ewigen Konkurrenten Professor Wernstrom (David Herman) das Phänomen zu untersuchen. Doch ein erster Versuch Benders (John Di Maggio), in das andere Universum vorzudringen scheitert – nur lebende Materie kann hindurch.
Doch bevor die Wissenschaftler eine weitere Expedition starten können, beschließt Präsident Nixon (Billy West), militärisch gegen den Riss vorzugehen und sendet Zapp Brannigan (Billy West) und seine Crew aus. Bei dem Versuch kommt es jedoch zu einem Unfall mit fatalen Folgen für Kif Kroker (Maurice LaMarche). Fry, enttäuscht von seiner letzten Liebe Colleen (Brittany Murphy), nutzt die Gelegenheit, und fliegt selbst durch den Riss.
Später kehrt er auf die Erde zurück, als Teil des riesigen Tentakelwesens Yivo (David Cross). Das möchte nur das Beste für alle Menschen, nur um das zu erreichen müssen sie alle mit seinen Tentakeln verbunden und ihres freien Willens beraubt werden. Nur Leela (Katey Sagal) scheint sich erfolgreich dagegen wehren zu können. Und Bender, der aber mit seiner neu entdeckten "Liga der Roboter" so sehr beschäftigt ist, dass ihn die Zukunft der 'Fleischsäcke' nicht wirklich interessiert …


Kritik:
Der Erfolg von Futurama: Bender's Big Score [2007], dem ersten Abenteuer der "Planet Express"-Crew in Spielfilmlänge, hat auch die Macher selbst überrascht. Insofern stand einem termingerechten Fertigstellen der übrigen Teile kaum etwas im Weg. Mit Futurama: Die Ära des Tentakels wollen die Macher an den Erfolg des ersten DVD-Films anknüpfen und gleichzeitig ihr Versprechen einlösen, mehr vom schrägen Humor der Serie einfließen zu lassen.
Herausgekommen ist eine Science Fiction-Geschichte mit vielen Anspielungen auf das Genre, vielen bösartigen Kommentaren und Seitehieben, aber einer Geschichte, die zusammengewürfelt und in die Länge gezogen erscheint. Einen vielschichtigen Zusammenhalt wie bei Bender's Big Score sucht man vergebens, dafür gibt es in der ersten Hälfte viel zu lachen. Ehe der zweiten etwas die Luft auszugehen scheint.

Das Skript nutzt dabei einen Aufhänger aus dem vorangegangenen Film, um die Geschichte inhaltlich wenigstens lose mit der vorhergehenden zu verknüpfen. Was sich daraus allerdings entwickelt, hat mit den letzten Abenteuern von Fry und Co. nichts zu tun. Stattdessen mäandriert die Geschichte zu Beginn zwischen vielen Stories hin und her, sei es nun Amys und Kifs Vermählung, oder aber Benders Aufnahme in eine geheim gehaltene Roboter-Liga. Die Hauptstory bleibt allerdings bei Fry, der sich zwar aufs neue verliebt, aber auch aufs neue enttäuscht wird, und mit seiner Entscheidung, in das neue Universum vorzudringen, eine Kettenreaktion auslöst, die den Titel überhaupt erst rechtfertigt.
Wie gehabt ist die Geschichte arg konstruiert, bietet aber viele Möglichkeiten für überdrehte Witze, satirischen Humor (einmal mehr in Bezug auf Nixons Kopf), hochkarätige Gastauftritte (Stephen Hawking), und absurde Entwicklungen. Dagegen wäre auch gar nichts einzuwenden, würde es das Skript schaffen, dem ganzen einen größeren Zusammenhalt zu verleihen und die Verbindung zwischen den Nebenhandlungen nicht nur lose anzubringen. Doch stellenweise springt die Erzählung innerhalb einer Sequenz hin und her, ohne dass dies einen tatsächlichen Sinn verfolgen würde, oder gar dramaturgisch sinnvoll wäre. Die Auflösung kommt schließlich nicht nur zu schnell, sondern auch wenig überzeugend. Insgesamt macht die zweite Hälfte mit dem sprechenden Tentakelwesen Yivo weniger Sinn und auch weniger Spaß als die ersten 40 Minuten.

An den Sprechern liegt dies eigentlich nicht, insbesondere Billy West, der eine ganze Armada an Figuren spricht, gibt sich alle Mühe, den Charakteren unterschiedliche Tonlagen zu verleihen – dass er unter anderem Nixon selbst, Dr. Zoidberg oder auch Zapp Brannigan verkörpert, hört man nicht heraus.
Auch Katey Sagal, die leider nicht so stark gefordert war, macht ihre Sache gut. Ebenso Lauren Tom, die stärker eingebunden wurde.
John Di Maggio, der unter anderem Publikumsliebling Bender die Stimme leiht, macht einmal mehr eine gute Figur, ebenso wie Tress MacNeille, Phil LaMarr und Maurice LaMarche.
Als Gastsprecher sind einmal mehr David Herman und Dan Castellaneta (Homer in Die Simpsons [seit 1989]) vertreten, ergänzt durch den weltbekannten Physiker Stephen Hawking, der ebenfalls schon mehrmals in der Serie vertreten war. Neu dabei ist Brittany Murphy, bekannt aus Filmen wie Sin City [2005] oder 8 Mile [2002], die als Sprecherin bei King of the Hill [seit 1997] regelmäßig vertreten ist. Auch sie leisten gute Arbeit und erwecken die Figuren zum Leben.

Handwerklich gibt es an Die Ära des Tentakels nichts zu bemängeln, ungewöhnliche Landschaften gibt es ebenso zu sehen wie Weltraumkämpfe. Wer achtsam den Hintergrund beobachtet sieht viele Anleihen und Hommagen ans Genre, wie beispielsweise das "Asimov Fest", oder den Originaltitel selbst, The Beast with a Billion Backs. Entlehnt ist dies Shakespeares Umschreibung für Sex, welches er als "Biest mit zwei Rücken" bezeichnete – angesichts dessen, was Yivo mit seinen Opfern darstellt also durchaus passend.
Detailreich, mit nahtlos eingefügte 3D-Animationen versehen und aufwändig animiert, wirkt der neueste Futurama-Film zweifelsohne aufwändiger als die Serie, reiht sich aber was die Inszenierung angeht mühelos in die bisherigen Produktionen ein.
Auch die Musik von Komponist Christopher Tyng steht dem in nichts nach.

Was am Schluss bleibt ist ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits überzeugen die Figuren und die Zeichnungen ohne Schwierigkeiten, und auch die Story selbst scheint abgehoben und skurril genug für ein Futurama-Abenteuer, doch enttäuscht das Skript mit einer schwachen zweiten Hälfte, und Handlungssträngen, die nur lose miteinander verknüpft sind. So wird der Humor leider nicht ganz über die eineinhalb Stunden auf hohem Niveau gehalten, und auch was die Spannung angeht lässt Die Ära des Tentakels zu wünschen übrig.
Das macht den Film nicht wirklich schlecht, sondern nach dem durchdachten Auftakt der vierteiligen Spielfilmreihe weniger überzeugend konzipiert. Aber vielleicht gelingt es den Machern noch, diesen Eindruck beim nächsten Mal wieder wett zu machen.


Fazit:
Es erinnert ein bisschen an einen Besuch bei alten Freunden, wenn man nach einem halben Jahr den nächsten Futurama Spielfilm zu sehen bekommt. Mit Die Ära des Tentakels knüpfen die Macher zunächst direkt an den Vorgänger Bender's Big Score an. Zumindest inhaltlich. Aber auch wenn es hier insbesondere in der ersten Hälfte gelingt, einen Gag nach dem anderen unterzubringen, mit bösartigem Humor die Zuschauer an die besten Momente der Serie zu erinnern, man wird das Gefühl nicht los, dass dem Film insgesamt die Aufteilung in vier Episoden mehr schadet als hilft.
Immerhin soll diese jüngste "Staffel" so später im Fernsehen gezeigt werden. Aber während beim ersten Spielfilm die Geschichte trotz verwirrender Einlagen komplex ausgefallen war, wirkt die Geschichte hier eher platt, Nebenhandlungen als Lückenfüller und die zweite Hälfte der 85 Minuten unnötig lang. Das alles ist immer noch unterhaltsam, aber weder so innovativ wie bislang, noch so packend. Und vielleicht wäre es auch an der Zeit, eine Geschichte nicht zum großen Teil um Bender zu erzählen. Vielleicht können die Macher ja mit dem nächsten Film überraschen, der soll Ende des Jahres erscheinen.