Flatliners [2017]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 30. November 2017
Genre: Drama / Horror / Science FictionOriginaltitel: Flatliners
Laufzeit: 110 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2017
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Niels Arden Oplev
Musik: Nathan Barr
Darsteller: Ellen Page, Diego Luna, Nina Dobrev, James Norton, Kiersey Clemons, Kiefer Sutherland, Madison Brydges, Jacob Soley, Anna Arden, Miguel Anthony, Jenny Raven, Beau Mirchoff
Kurzinhalt:
Die Medizinstudenten Ray (Diego Luna), Jamie (James Norton), Marlo (Nina Dobrev) und Sophia (Kiersey Clemons) glauben zuerst, es handle sich um einen Scherz, als ihre Kommilitonin Courtney (Ellen Page) sie bittet, ihren Herzschlag zu stoppen, damit sie selbst erleben kann, was geschieht, wenn man stirbt. Aber nicht nur, dass Courtneys Experiment gelingt und sie sogar aufzeichnen können, welche Reaktionen im Gehirn im Zeitpunkt des Todes ablaufen, Courtney ist nach ihrer Wiederbelebung nicht mehr dieselbe. Sie scheint fokussierter, leistungsfähiger. Es dauert nicht lange, ehe ihre Freunde ebenfalls diesen Trip erleben wollen. Doch wie sie feststellen müssen, kehren die Dämonen ihrer Vergangenheit mit ihnen aus dem Jenseits zurück …
Kritik:
Selbst als ich die dritte Einleitung für meine Kritik zu Niels Arden Oplevs Flatliners geschrieben hatte, las sich diese immer noch eher wie eine Entschuldigung als eine Erklärung. Eine Entschuldigung dafür, dass ich das Remake von Joel Schumachers Neo-Noir-Sci-Fi-Horror-Thriller aus dem Jahr 1990 nicht als so grauenvoll empfinde, wie viele andere Kritiker. Dabei gibt es an dem nur mäßig spannenden und oft absehbaren Horror-Film vieles zu kritisieren. Aber es sind überwiegend Punkte, die ihn zur Mittelmäßigkeit verdammen, und nicht in Gefilde abstürzen lassen, aus denen es keine Wiederkehr gibt.
Die Story bleibt dabei dieselbe wie als Kiefer Sutherland, Julia Roberts, Kevin Bacon und Oliver Platt im Original in die Rollen von Medizinstudenten schlüpften. Um herauszufinden, was geschieht, wenn man stirbt, lassen sie sich von ihren Kollegen "töten". Ohne Herzschlag besuchen sie für eine Minute das Leben nach dem Tod. Angeführt wird die Clique hier von Ellen Page, die im Prolog ein traumatisches Erlebnis zugeschrieben bekommt, das im Laufe des Films verständlicherweise aufgearbeitet wird. Über ihre vier Kollegen erfährt man kaum etwas, außer dass sie alle offensichtlich wohlhabenden Familien entspringen, wenn sie an einem Elitekrankenhaus Dienst verrichten und allesamt in geräumigen Apartments wohnen können. Einzig die von Page gespielte Courtney stellt so etwas wie einen vollständigen Charakter dar. Allerdings verrät das Drehbuch nichts über sie, was sie tatsächlich sympathisch erscheinen lässt. Sie wird wie ihre vier Mitstreiter und Mitstreiterinnen auf diesen einen Fehler reduziert, den sie begangen hat und der sie nach der Rückkehr in die Welt der Lebenden in Visionen verfolgt.
Denn auch wenn im Tod grundsätzlich alles friedlich erscheint, es gibt dort eine dunkle Seite, die von den Studenten mit zurück gebracht wird. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn selbst die Namen der Figuren nach der Hälfte des Films immer noch nicht bekannt sind. So wenig Eindruck hinterlassen sie. Selbst Ray, der sich als einziger dem Trip ins Jenseits verweigert, ist als Charakter nicht greifbar. Wir erfahren nichts über seine Vergangenheit, seine Ziele, oder was ihn auszeichnet. Es ist, als bestünde er nur aus den Minuten, die er vor der Kamera zu sehen ist.
Das macht es umso schwieriger, durch das mitgerissen zu werden, was den Figuren geschieht. Zumal die unheimlichen Momente zwar durchaus ein gruseliges Flair entwickeln, aber im Ablauf allesamt vorhersehbar sind.
So spult Flatliners die bekannte Story nach bewährtem Muster ab, ohne in irgendeiner Weise neues Terrain zu betreten. Dazu gehört es auch, dass sich die angehenden Wissenschaftler nicht immer logisch verhalten, ihre Halluzinationen beispielsweise erst dann miteinander besprechen, wenn es beinahe schon zu spät ist und auch nicht zusammen bleiben, um ihren Visionen zu begegnen. So muss sich eine jede Figur (allein) ihrem dunkelsten Geheimnis stellen, was sich inhaltlich öfter wiederholt, als es nötig wäre. Dass Nebenfiguren wie der bekannte Gaststar, der bereits in den ersten Minuten auftaucht, nichts zur Auflösung beitragen, ist überaus bedauerlich.
Eine wirkliche Überraschung – und das nicht im positiven Sinn – sind die Trickeffekte, die immer dann zum Tragen kommen, wenn die Charakter ihre Visionen erleben oder sich im Jenseits befinden. Diese sind nämlich auf eine so erschreckende Art und Weise offensichtlich, dass man das Gefühl nicht los wird, man würde eine Videoproduktion ansehen. Zu dem Gefühl trägt auch die Optik insgesamt bei, die durch die verwendete Digitalkamera mit einem stets sichtbaren Nachzieheffekt in den Nachtaufnahmen an einen Found-Footage-Horror-Film erinnert. Selbst Nathan Barrs synthetische Musik, die eingangs noch ominös und unheimlich klingt, wandelt sich im Verlauf in ein sogar störendes Beiwerk, das mehr vom Geschehen ablenkt, als es unterstützt.
Dass die jungen Darsteller allesamt talentiert sind, ist unbestritten und belegen auch ihre zahlreichen Preise bis hin zu der für den Oscar nominierten Ellen Page. Nur gibt ihnen das Drehbuch keine Charaktere, die sie mit Leben füllen dürfen. Im Ergebnis ist Flatliners schon deshalb wenig innovativ, da die Story selbst dieselbe bleibt. Durch seine Machart und das kaum einfallsreiche Skript wächst Niels Arden Oplevs Film nie über Mittelmaß hinaus, fällt dafür allerdings nur selten darunter. Dass die Geschichte 15 Minuten länger ausgedehnt wird, als ohnehin notwendig, macht es zum Schluss hin auch nicht besser.
Fazit:
Insbesondere zu Beginn scheint es noch, als wäre das Remake darum bemüht, die bekannte Grundidee mit modernen Ansätzen ins neue Jahrtausend zu holen. So wollen die Medizinstudenten mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Technik bildlich festhalten, was im Gehirn geschieht, wenn man stirbt. Doch diese Ansätze verfliegen schnell, wenn sie nach der Rückkehr aus dem Jenseits lange absehbaren, unheimlichen Situationen ausgesetzt sind, die genau so ablaufen, wie man vermuten würde. Niels Arden Oplevs gelingt es nicht, das Original zu erreichen, geschweige denn, darüber hinauszuwachsen. Dabei sind die gewollt spannenden Momente stimmungsvoll aufgebaut, nur nicht überraschend. Flatliners ist mit jungen Talenten gut besetzt, gibt ihnen jedoch keine Aufgabe. So ist der Film schließlich so unspektakulär, dass darunter nicht nur die Darsteller leiden. Die oft billig erscheinende Machart trägt einen erheblichen Teil dazu bei. Wer hier spätabends einschält, wird sich nicht ärgern, bis zum Schluss zuzusehen. Beim zweiten Mal wird man aber eher umschalten.