Fight Club [1999]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 21. September 2002
Genre: Thriller / DramaOriginaltitel: Fight Club
Laufzeit: 139 min.
Produktionsland: USA / Deutschland
Produktionsjahr: 1999
FSK-Freigabe: nicht unter 18 Jahren
Regie: David Fincher
Musik: The Dust Brothers (John King, Michael Simpson), Tom Waits
Darsteller: Edward Norton, Brad Pitt, Helena Bonham Carter, Meat Loaf, Zach Grenier
Kurzinhalt:
Die namenlose Hauptperson des Films (Edward Norton) arbeitet bei einer Versicherungsfirma und könnte mit seinem Leben eigentlich zufrieden sein – er hat Geld, ein gut eingerichtetes Apartment und einen guten Ruf. Doch seit er an Schlaflosigkeit leidet, ist die Welt für ihn nicht mehr dieselbe. Auf den Rat seines Arztes besucht er eine Selbsthilfegruppe und tatsächlich, als er den Leiden der Menschen zuhört und sich danach alle kollektiv ausweinen, kann er seinen Gefühlen freien Lauf lassen – und anschließend wieder ruhig schlafen. Er wird geradezu süchtig nach den verschiedensten Gruppen. Doch eines Tages entdeckt er, dass er nicht der einzige Besucher dieser Gruppen ist: Marla Singer (Helena Bonham Carter) macht es ihm gleich und sie wird sein Leben entscheidend beeinflussen.
Auf einer Geschäftsreise lernt der Erzähler Tyler Durden (Brad Pitt) kennen, einen Vertreter für Seifen. Als der Erzähler den Fremden um Hilfe bittet – sein Apartment ist abgebrannt, als er verreist war – verstehen sich die beiden ganz gut. Tyler überredet ihn, sich mit ihm auf freundschaftliche Art und Weise zu prügeln, um das Eis zu brechen. Nach anfänglichem Zögern erkennt der Erzähler, wie gut ihm diese Prügeleien tun. Wenig später schließen sich den beiden auch weitere Leute an; Tyler und der Erzähler gründen den "Fight Club", in dem sich Männer nach gewissen Regeln ohne Folgen prügeln können.
Doch das ist nicht das Ende von Tylers Vision – und langsam aber sicher gleitet dem Erzähler die Kontrolle über Tylers Handlungen aus der Hand.
Kritik:
Die FSK hat hier zu Lande keinen guten Ruf – und das oftmals berechtigt, wenn man sich die lächerlichen Freigaben von manchen Filmen ansieht. Fight Club ist überaus berechtigt ab 18 Jahren freigegeben, jede andere Entscheidung wäre blanker Wahnsinn gewesen – doch der Behörde, die dieselbe Aufgabe in den USA übernimmt, ergeht es nicht anders. Die MPAA, The Motion Picture Association of America, ist ein ähnliches Kommitte wie in Deutschland und hat ebenso unverständliche Freigaben hervorgebracht.
Dass es in den USA allgemein andere Einstufungen (ab 0, für Kinder mit Begleitung, ab 13, ab 17, ab 21) gibt als in Deutschland (ab 0, ab 6, ab 12, ab 16, nicht unter 18 Jahren), ist bekannt, dass die MPAA bei den meisten Filmen auch eine Begründung zur Einstufung mitliefert, wissen nicht viele.
Die Begründung für Fight Club liest sich folgendermaßen: "Freigegeben ab 17 Jahren wegen verstörender und anschaulicher Darstellung von gewalttätigem anti-sozialem Verhalten, Sexualität und Sprache".
Ansich kann man dagegen nicht viel einwenden – die Verhaltensweisen, die die Beteiligten in dem Film an den Tag legen, sind alles andere als normal.
Und doch ist es ein sehr hintersinniger und komplexer Film, dessen eigentliche Grundaussage offensichtlich von den wenigsten Kritikern und Zuschauern verstanden wurde.
Für mich zählt Fight Club zu einem der besten Filme überhaupt und sicherlich den besten der 1990er Jahre. Was Regisseur David Fincher mit der Romanadaption erschuf ist ein brutales und eindringliches Drama, das von der Realität gar nicht so weit entfernt ist – die Mediensatire gar nicht mitgerechnet. Sich dem Bann dieses Filmes zu entziehen ist wirklich sehr schwer.
Ich bin eigentlich kein Fan von Filmen, in denen ständig aus dem Off erzählt wird; allzu oft wird dieses Stilmittel verwendet, um dem Zuschauer Kunst oder Anspruch vorzugaukeln (siehe The Opposite of Sex [1998]) – in Fight Club ist es ein notwendiges Mittel, um dem Zuseher die Gedanken und den Gemütszustand der Hauptperson nahezubringen. Und eben in diesen Kommentaren vermittelt das Drehbuch so viele Informationen, dass man damit bereits einen weiteren Film drehen könnte.
Der Romanautor Chuck Palahniuk, der die Vorlage für diesen Film lieferte, fand das Ende des Films tatsächlich besser, als das in seinem Roman – als Zuseher kann ich nur sagen, dass gerade das Ende dem Film einen Abschluss gibt, der einem im Gedächtnis haften bleibt.
Pitt und Norton haben bei den Dreharbeiten entdeckt, dass sie beide eine fast schon unnatürliche Abneigung gegen den damals neuen VW New Beetle hatten, daraufhin wurde eine Szene eingebaut, in der sie auf einen einprügeln dürfen. Insgesamt harmonieren die beiden vor der Kamera, als hätten sie schon duzende Male miteinander gedreht; sie wirken wie ein eingespielten Team und ich hätte nichts dagegen, sie wieder gemeinsam vor der Kamera zu sehen.
Das Drehbuch zu Fight Club ist in sich stimmig, weist keine Löcher auf und bringt das Geschehen perfekt zum Ausdruck. Die Charaktere sind alle sehr gut herausgearbeitet und auch ihre Hanldungsweisen erscheinen natürlich. Der Szenenaufbau wirkt durchdacht und die Wendungen in der Story sind absolut perfekt vorbereitet.
Gäbe es mehr solche Vorlagen, würden viele Blockbuster-Filme heute auch noch halten, was sie versprechen.
Leider war Fincher mit dem Projekt kein Erfolg vergönnt, in den USA spielte es knapp die Hälfte seiner Produktionskosten ein. Vermutlich, weil der Film eben diesen verschwenderischen American Way of Life vorführt und die Absurdität der zugeknöpften Konsumgesellschaft an den Pranger gestellt wird. Den aufgeschlossenen Zuschauer sollte das aber nicht davor abschrecken, den Film anzusehen.
Gerade die Atmosphäre, unterstützt durch die brutalen und hart inszenierten Kämpfe, die hervorragenden Darsteller und die spannende und perfekte Inszenierung, machen den Reiz dieses Films aus.
Die Darsteller sind hervorragend gewählt und gehen in ihren komplexen Rollen vollends auf. Allen voran Edward Norton und Brad Pitt. Sie hätten beide den Oscar verdient gehabt; sie spielen sich gegenseitig zu Höchstleistungen auf und beweisen, dass sie zu den besten ihrer Generation gehören.
Auch die Nebendarsteller sind mit Spitzenakteuren besetzt, die alle zum Zug kommen.
Bereits bei seinem Spielfilmdebut Alien3 [1992] führte Fincher die Kamera auf ungewöhnliche und erstaunliche Art und Weise – mit langen Kamerafahrten, ungewöhnlichen Einstellungen und einem hervorragenden Gespür für Schnitt, Tempo und Szenenaufbau, wartet er auch hier auf und verleiht Fight Club seinen ganz persönlichen Stil.
Die Musik der Dust Brothers ist auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich, passt jedoch perfekt in die Szenen und unterstützt den Film auf eine Art und Weise, wie es keine andere Musik gekonnt hätte. Auch ihnen kann man nur gratulieren.
Für mich übertrifft der Regisseur hier sogar seinen meisterhaften Thriller Sieben [1995], und Fight Club zu übertreffen oder auch nur zu erreichen wird sehr, sehr schwer werden.
Der Film ist alles andere als einfach zu verdauen und mit Sicherheit nicht für Jugendliche geeignet – schon auf Grund der satirischen Darstellung von Gesellschaft und Moral nicht. Erwachsene mit starken Nerven sollten sich dieses Meisterwerk aber nicht entgehen lassen. Zimperlich darf man allerdings nicht sein, ebenso wenig wie unaufmerksam. Sobald der Abspann des Films beginnt, hat man als Zuschauer sogar das Bedürfnis, sich den Film gleich noch einmal anzusehen, nur um nun auf das zu achten, was man beim ersten Mal vielleicht nicht bewusst wahrgenommen hat.
Von Kritikern unterschätzt, von den prüden Amerikanern verschmäht – Fight Club ist ein Film, der genau dort ins Mark trifft, wo andere Satiren nicht einmal zu kratzen wagen.
Fazit:
In diesem grandiosen und auch leicht verstörenden Film zeigt Regisseur David Fincher, dass er einer der besten Regisseure unserer Zeit ist – seine Schauspielführung ist exzellent, Kamera und Schnitt wirken wie bei ihm typisch durchdacht und absolut makellos. Dank der Atmosphäre und der sicher umstrittenen Thematik ist diese Satire eine der treffendsten und nachdenklich stimmendsten, die es bisher gab.
Einer der besten Filme – nicht nur der 1990er.