Dinosaurier erobern die Welt [2001]

Wertung: 1.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. Mai 2002
Genre: Dokumentation / Animation

Originaltitel: When Dinosaurs Roamed America
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Pierre de Lespinois
Musik: Christopher Franke
Darsteller: Coelophysis, Desmatosuchus, Rutiodon, Canchisaurus


Inhalt:
Die BBC-Dokumentationen waren nicht nur inhaltlich, sondern auch was die Einschaltquoten angeht ein voller Erfolg. Diese amerikanische Discovery-Sendung thematisiert ebenfalls das Leben der Dinosaurier, von 220 Millionen Jahren vor unserer Zeit, bis 65 Millionen Jahre vor unserer Zeit. Dabei beschränken sich die Macher jedoch ausschließlich auf die USA und ihre "einheimischen" Tiere.


Kritik:
Oh – mein – Gott. 5,5 Millionen Dollar verschlang die Herstellung dieses "Films" und Millionen amerikanische Zuschauer verfolgten die Geschehnisse von ihren heimischen Fernsehern aus. Zudem wurde die Sendung 2001 produziert, also vor gar nicht allzu langer Zeit.

Und dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass dieser Film seinen Ursprung bei einem Studio-Boss nahm, der sich nach langem Herumsitzen dachte "Hey, die BBC hat eine Menge Geld mit den Dino-Dokus gemacht, und Geld ist immerhin Geld, oder? Also machen wir auch eine. Und machen natürlich auch Geld."

Eben das taten sie auch, und sie haben alle Zutaten zusammengewürfelt, die die meisten Amerikaner im Fernsehen sehen wollen: Sex, Gewalt und eine (für Angehörige anderer Nationalitäten) unverschämte Portion Patriotismus. Als ich mir diese quälend lange 90-Minuten-"Dokumentation" angeschaut habe (und es eine Doku zu nennen, ist ansich eine Beleidigung gegenüber allen richtigen Dokumentationen), kam mir wieder zu Bewußtsein, wie gut die BBC-Sendungen Dinosaurier – Im Reich der Giganten [1999], Die Geschichte von Big Al [2000] und Die Erben der Saurier – Im Reich der Urzeit [2001] waren. Sicherlich war auch dort der wissenschaftliche Aspekt nicht der wichtigste, immerhin sollten die Sendungen unterhalten und einem tolle Bilder einer längst ausgestorbenen Spezies zeigen, aber wenigstens haben sie dem Zuschauer etwas Besonderes geboten: Sie brachten die Dinosaurier ins Wohnzimmer, haben sie manchmal sogar ein Leben lang begleitet und ein Gefühl dafür entstehen lassen, wie das Leben damals ausgesehen haben und auch verlaufen sein mag.

Dinosaurier erobern die Welt kümmert sich nicht um wissenschaftliche Inhalte, oder Ausdrücke, es belastet sich gar nicht damit, zu erklären wieso die Dinge so waren, wie sie waren. Alles was zählt ist, dass die Dinosaurier nur in Amerika lebten, dass sie dort schon immer waren und auch heute noch immer sein würden, wäre ihnen nicht der böse, böse Meteor in den Weg geraten. Es gab auch keine Dinosaurier außerhalb Amerika, einfach, weil die restliche Welt gar nicht existierte außerhalb Amerika – richtig? Nein!!!
Wie im wirklichen Leben dreht sich bei dieser Dokumentation alles nur um die USA, als würde sich die ganze Welt seit Hunderten Millionen Jahren nur um Amerika drehen, und eben diese Arroganz macht diese Sendung so unerträglich.

Hätte das amerikanische Publikum nicht gewußt, wo "Spanien" vor 65 Millionen Jahren war (oder heute ist), oder irgendein anderes Land der Welt?

Ach ja, "wir wollten eine Sendung machen, die zeigt, welche Dinosaurier damals in den USA lebten". Zwar war der Nord-Amerikanische Kontinent damals noch gar nicht an dem Platz, an dem er heute ist – aber das vergessen wir einfach.

Wer sich an diesen patriotischen Dinosauriern erfreuen kann (und mir ist das wirklich nicht einfach gefallen) und wer Spaß daran hat, zweitklassige, um nicht zu sagen, schlechte Spezialeffekte zu sehen, der wird mit dieser völlig missratenen Populärdokumentation seinen Spaß haben.
Die Animationen der Tiere waren dermaßen schlecht und unglaubwürdig, vor allem aber offensichtlich per Computer (CGI) erstellt, dass mir meine Augen schmerzten.
Die Größenverhältnisse stimmten zudem oft nicht und zu sehen, wie sich Triceratopse auf dem Boden liegend auf den Rücken rollen, als wollten sie am Bauch gekrault werden ... bitte aufhören!

Die Dinos sahen aus, als wären sie all am PC entstanden, und genau so war es auch: viel zu glatte Oberflächen, unerträglich schlechte Animationen und möchtegern "neue" Soundeffekte, die sich dermaßen künstlich und elektrisch anhören, dass ich bezweifle irgendein Lebewesen aus der Zeit hätte es ohne Synthesizer hinbekommen.

Was die BBC-Dokumentationen so gut und einzigartig machte, war, dass sie tatsächlich, wo es möglich war, viele Puppen und mechansiche Effekte verwendeten (besonders bei den Nahaufnahmen), ebenso wie beim Hollywood-Blockbuster Jurassic Park [1993].
Hier wurden alle Tiere am Computer erstellt, und man sieht es, man sieht es in jeder Szene. Und um ehrlich zu sein, es sieht nicht nur schlecht aus, sondern schlicht und ergreifend peinlich.

Als wäre das nicht genug, wird es noch von einem wissenschaftlich-coolen Kommentar überboten, der davon spricht, wie sich die "Dinosaurer gegenseitig scharf machen und wie sie einander sexy finden". Um Himmels Willen, sogar die Sesamstraße hätte passendere Bemerkungen zu den Dinos liefern können.

Was übrig bleibt ist der Eindruck, dass irgendjemand in irgendeinem Büro zu sich sagte, dass die BBC nicht die einzigen sein könnten, die mit einer Dinosaurier-Dokumentation Geld verdienten. Und da es Geld einbringt wird es auch gemacht.
Das Ganze garniert man mit dem, was das durchschnittliche amerikanische Publikum möchte (sogar Patriotismus und Gesten wie wir-stehen-zusammen-gegen-die-bösen-Jungs unter den Dinosauriern) und, "tada" - fertig sind wir. Fünf Millionen Dollar in den Sand gesetzt. Oh nein, nicht in Sand, immerhin hatte es einen durchschlagenden Erfolg in den USA und die meisten Leute, die es gesehen haben, fanden es auch noch gut!

Wissenschaftlicher Inhalt: 2 %, Spezialeffekte: 0 % (die erste BBC-Sendung entstand 1999 und sieht immer noch besser aus als alles, was ich in "Dinosaurier erobern die Welt" gesehen habe), Unterhaltungswert: -100 %.


Fazit:
Wenn man sich anschaut, dass diese Sendung so hohe Wertungen bekommen hat (sowohl von Kritikern, als auch von Zuschauern), dann muss man sich nicht wundern, wieso die BBC-Dokumentationen in den USA einen eigenen Sprecher bekommen (unabhängig von dem originalen britischen Sprecher), obwohl es eigentlich dieselbe Sprache ist. Wieso? Weil die meisten amerikanischen Zuschauer eine gute Dinosaurier-Dokumentation nicht erkennen würden, wenn sie von ihr gefressen würden, aber sie jubeln bei allem, dass sie wie eine amerikanische Sendung anfühlt und anhört. Vor allem aber, wenn "Made in USA" darunter steht.
Mein Rat: lieber die drei BBC-Dokumentationen nochmals anschauen, denn Dinosaurier erobern die Welt ist Müll in Rot-Weiß-Blau mit weißen Sternen.