Die Welt in den Farben der Nacht – Staffel 2 [2021]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 30. August 2022
Genre: Dokumentation

Originaltitel: Earth At Night In Color (Season 2)
Laufzeit: 167 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Simon Muriel, Joe Stevens, Tom Payne, Joe Stevens, Justin Anderson
Musik: Christian Lundberg
Erzähler: Tom Hiddleston (Englische Fassung), Peter Lontzek (Deutsche Fassung)


Hintergrund:

Mit modernster Kameratechnik, darunter Rest- und Schwachlichtkameras sowie Linsen der Astrofotografie, verfolgt die Dokumentationsreihe das nächtliche Leben von Tieren rund um den Globus, das hier zum ersten Mal taghell und in Farbe gezeigt wird. Von einer afrikanischen Elefantenfamilie („Im Land der Elefanten“) auf der Suche Wasser, einem jungen Puma in den Bergen Patagoniens, der allein überleben muss („Die Berge der Pumas“), Kängurus, die in der Dunkelheit von hungrigen Dingos gejagt werden („Im Tal der Kängurus“), den unterschiedlichsten Bewohnern auf und im „Korallenriff“, bis hin zu Robbenbabys, die sich an der Skelettküste Namibias nachts nicht nur Schakalen und Hyänen erwehren müssen („Die Küste der Robben“), und einer Eisbärenmutter, die ihre Jungen durch eine der längsten und kältesten Nächte des Planeten führen muss („Winter der Eisbären“).


Kritik:
Auch in der zweiten Staffel der Dokumentationsreihe Die Welt in den Farben der Nacht bleiben die Verantwortlichen ihrer Erzählweise treu, gewähren in sechs knappen Episoden von jeweils weniger als einer halben Stunde nie gesehene Eindrücke des nächtlichen Verhaltens von Tieren rund um den Planeten. Gleichzeitig liefern sie einen Eindruck in den Aufwand, der hinter der Produktion lag und wie die Aufnahmen überhaupt zustande kamen. Dabei ist die Balance besser gelungen, als in der ersten Staffel und auch das Augenmerk der jeweiligen Erzählung scheint fokussierter. Das Gezeigte ist so faszinierend, dass man sich wünscht, es gäbe eine weitere Staffel.

Wie gehabt, begaben sich für die nie zuvor gesehenen Aufnahmen in Die Welt in den Farben der Nacht – Staffel 2 verschiedene Kameracrews auf sechs Kontinenten, von Afrika bis in die Arktis, in teils entlegene Winkel und mühten sich, in einem kurzen Zeitfenster von nur sechs Tagen im Monat, das volle Mondlicht mir der speziellen Kameratechnik zu nutzen. Diese fing sowohl sichtbares wie Infrarotlicht ein, wurde anschließend aufwändig restauriert und aufbereitet, um die vorgestellten Bilder zu erzeugen. Das Ergebnis sind Aufnahmen, bei denen man teilweise nur an den funkelnden Sternen am blauen Himmel erkennen kann, dass sie nicht bei Tag, sondern bei Nacht entstanden sind.

Vor diesem Hintergrund wird die Suche einer afrikanischen Elefantenfamilie erzählt, die viele Kilometer auf der Suche nach Wasser zurücklegt und die Jüngsten der Herde gegen Angreifer aus der Dunkelheit verteidigen muss. In Australien müssen sich Kängurus gegen ein Rudel Dingos in der Nacht wehren und auch die Eindrücke eines Korallenriffs bei Nacht sind unbeschreiblich. Faszinierend sind auch die Bilder der Skelettküste Namibias, wo sich Robbenjunge gegen Schakale und Hyänen behaupten müssen. Unbestritten, werden auch in Die Welt in den Farben der Nacht die einzelnen Geschichten vermenschlicht dargestellt, so dass in der Regel die Sympathie des Publikums auf Seiten der Beute- und nicht der Jagdtiere liegt. Doch scheinen die Verantwortlichen selbst von der Qualität der nie zuvor gemachten Aufnahmen fasziniert, so dass diese im Vergleich zur Persönlichkeit der einzelnen Geschöpfe im Vordergrund stehen.

Begleitet werden die Episoden erneut durch einen Kommentar, der im Original durch Tom Hiddleston, in der deutschen Sprachfassung durch Peter Lontzek gesprochen wird. Obwohl erneut mehrmals in der halben Stunde betont wird, dass die Aufnahmen ohne die moderne Kameratechnik nicht möglich gewesen wären, wirkt dies in Die Welt in den Farben der Nacht – Staffel 2 nicht so aufgesetzt wie zuletzt. Auch die Einblicke in die Entstehungsgeschichte blicken weniger stark auf den technischen Aspekt, als auf den Aufwand, der betrieben wurde, um die unvergleichlichen Bilder einzufangen. All das ergibt ein deutlich abgerundeteres Bild als in der ersten Staffel und vor allem „Im Tal der Kängurus“, aber auch „Korallenriff“ und „Die Küste der Robben“ faszinieren durch die Einzigartigkeit der Geschichten, die hier erzählt werden.

So gelungen und eindrucksvoll die Präsentation, die Nachteile dieser speziellen Schwachlichtkameras sind dennoch zu sehen, mit deutlich unschärferen Eindrücken bei Nacht, weniger klar definierten Details und einer gefühlt reduzierten Tiefenschärfe. All dies verstärkt in der Bewegung. Doch es gelingt hier dennoch besser als zuvor, die Welt dieser Tiere einzufangen und sie in den Mittelpunkt zu rücken. Auch weist der Erzähler auf die Auswirkungen hin, die die klimatischen Veränderungen für die Tiere bedeuten und wie zerbrechlich die Balance, in der sich die Ökosysteme unserer Welt befinden. Das gerät zwar nie so mahnend, wie beispielsweise bei den Dokumentationen von Sir David Attenborough, was vielleicht auch dafür sorgt, dass Die Welt in den Farben der Nacht einem größeren Publikum offen bleibt, das die Eindrücke mit einer positiveren Note wahrnehmen möchte. Aber es ist spürbar, dass den Verantwortlichen auch dieser Aspekt wichtig ist und ihnen auf weiteren Entdeckungen in die Nacht zu folgen, klingt mehr als nur viel versprechend.


Fazit:
In gewisser Weise macht es den Eindruck, als hätten die Verantwortlichen hinter Die Welt in den Farben der Nacht die erste Staffel Zeit gebraucht, ihren Rhythmus zu finden. An ihrem grundsätzlichen Konzept, in den knapp 30 Minuten je Episode nicht nur die jeweiligen Tiere und ihre Geschichte vorzustellen, sondern auch einen Einblick in die Entstehung der Aufnahmen zu gewähren, halten sie fest. Doch anstatt auf die technischen Aspekte Wert zu legen, wecken die Regisseure in Staffel 2 ein Verständnis dafür, wie aufwändig die Aufnahmen waren, die sich mit mehreren Teams gleichzeitig über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren erstreckten. Lohn der Mühe sind nicht nur unvorstellbare Bilder, sondern auch festgehaltene Verhaltensweisen von Tieren, die so nie zuvor dokumentiert wurden. Inhaltlich ist dies dabei weniger umfangreich, als in anderen Dokumentationsreihen, dafür aber auch kurzweiliger und leicht zugänglich. Die Aufnahmen selbst versetzen immer wieder in Staunen und lassen vergessen, dass diese nicht am helllichten Tag gemacht wurden. Aber auch die eingefangenen Eindrücke dieser Tiere sind so faszinierend wie teilweise ehrgebietend. Ohne das Publikum zu belasten, weckt die Reihe so ein Verständnis dafür, was wir drohen zu verlieren, wenn wir den Lebensraum dieser Geschöpfe nicht schützen, die unsere Welt nicht nur bereichern, sondern lebenswert machen.