Die Wahlkämpferin [2015]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 25. Juli 2016
Genre: Drama / UnterhaltungOriginaltitel: Our Brand Is Crisis
Laufzeit: 107 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: David Gordon Green
Musik: David Wingo
Darsteller: Sandra Bullock, Billy Bob Thornton, Anthony Mackie, Joaquim de Almeida, Ann Dowd, Scoot McNairy, Zoe Kazan, Dominic Flores, Reynaldo Pacheco, Louis Arcella, Octavio Gómez Berríos, Luis Chávez
Kurzinhalt:
Wenige Monate vor der Wahl wird die amerikanische Wahlkampfstrategin Jane Bodine (Sandra Bullock) angeheuert, um den bolivianischen Kandidaten Castillo (Joaquim de Almeida) zum Sieg zu führen. Der war zwar bereits Präsident, ist jedoch gerade deshalb äußerst unbeliebt. Zusammen mit dessen Wahlkampfteam um Ben (Anthony Mackie), Nell (Ann Dowd) und Buckley (Scoot McNairy) versucht Jane, den Kandidaten in einem besseren Licht dastehen zu lassen. Mit Skrupel wird sie hier nicht weit kommen. Zumal Castillos erfolgreichster Widersacher den Strategen Pat Candy (Billy Bob Thornton) im Team hat, gegen den Jane schon einige Wahlkämpfe verloren hat ...
Kritik:
Die Drehbuchvorlage zu David Gordon Greens Die Wahlkämpferin ist nur ein oder zwei Überarbeitungen davon entfernt, sehr gut zu sein. Dass diese nicht stattgefunden haben ist umso bedauerlicher, da die fiktive Docudramedy (falls es so etwas gibt) mit einer tollen Besetzung aufwartet, der man wünscht, dass ihr Talent auch genutzt würde. Doch obwohl sich Hauptdarstellerin Sandra Bullock, die gleichzeitig als ausführende Produzentin auftritt, alle Mühe gibt, ihre Figur versteht man bis zum Schluss nicht.
Was die Story selbst angeht, klingt diese schon deshalb vertraut, da sie auf der Dokumentation Our Brand Is Crisis [2005] basiert und nur das aussagt, was die meisten erwachsenen Zuseher ohnehin bereits wissen: Bei politischen Wahlkämpfen werden wie bei der Werbung Produkte verkauft, deren Wahrheitsgehalt im besten Fall fragwürdig ist. Dreh- und Angelpunkt ist hier die Wahlkampfstrategin Jane, die sich nach ihren letzten Verlusten zurückgezogen hat und abgeschieden ihre Tage mit Töpfern zubringt, um etwas Produktives zu tun. Sie wird engagiert, um den Wahlkampf des bolivianischen Präsidentschaftskandidaten Castillo auf Erfolgskurs zu bringen. Der war vor 15 Jahren bereits Präsident und ist beim Volk äußerst unbeliebt.
Eingebettet ist die Handlung in eine Rahmengeschichte, in der Jane interviewt wird, auch wenn das für die Erzählung nicht wirklich von Interesse ist. Regisseur Green stellt Jane in einer Art Collage kurz vor und tut gut daran, weil man aus den Verhaltensweisen der meist zurückhaltend agierenden Frau, die gelegentlich aufblüht und unter Alkoholeinfluss alle Hemmungen (im übertragenen Sinn) fallen lässt, nicht schlau wird. Selbst dann nicht, wenn von ihrer Erkrankung die Rede ist. Die Wahlkämpferin schildert aus Janes Sicht, wie sie Castillo wahrnimmt, seine Stärken erkennt und diese als runderneuertes Image zu verkaufen weiß. In diesen Momenten blüht sie auf, während andere, wie der gescheiterte Dreh eines Werbevideos zwar amüsant sind, aber vollkommen unwichtig.
Dass im Wahlkampf mit schmutzigen Tricks gekämpft wird, ist weder neu, noch sonderlich originell dargebracht und wäre es nicht um den Strategen Pat Candy von Castillos Widersacher, mit dem Jane eine alte Rechnung zu begleichen hat, dann gäbe es hier gar nichts Neues zu entdecken. Der ist von Billy Bob Thornton schmierig und berechnend gespielt, so dass Bullocks Jane nicht vollkommen unsympathisch erscheint, viel zugänglicher macht es ihre Figur jedoch nicht. Vor allem ist er am Ende an sich der "ehrlichere" von beiden.
Hier ist auch das größte Problem von David Gordon Greens Film: Er stellt eine Hauptfigur vor, die nichts anderes erlebt, als schon unzählige Male zuvor, nur dass sie diesmal geläutert wird. Weshalb genau, macht Die Wahlkämpferin nicht deutlich und auch was sie danach tut, wird in der Rahmenstory nicht klar. Zusammen mit einem Zwischenfall aus Pats und Janes Vergangenheit hat man so das Gefühl, als würden die interessantesten Geschichten in ihrem Leben nicht erzählt.
Mal bissig, mal lustig, mäandriert die Erzählung arg unentschlossen, wobei das Thema selbst bitter ernst ist. Doch dem nimmt sich der Film nicht wirklich an.
Blendet man aus, dass nicht nur Hollywood schon unzählige Male auf tatsächliche oder erfundene Wahlkämpfe geblickt hat, um die dahinterstehenden Kandidaten zu entblättern, kann man sich hier gut unterhalten lassen. Nur steckt sowohl in den Figuren, wie auch der Geschichte deutlich mehr Potential. Daraus weiß der Film nichts zu machen. Leider.
Fazit:
Einige Dialoge sind überaus gelungen, aber zu selten so rasiermesserscharf wie beispielsweise bei The Ides of March - Tage des Verrats [2011], wobei George Clooney hier auch als Produzent agiert. Statt Sandra Bullocks engagierte Darbietung vollständig einzufangen, werden markante Szenen wie wenn sie vor Castillo zum ersten Mal aufblüht, durch ständige Schnitte zerstört. Dafür beweist Filmemacher David Gordon Green eine gute Hand bei Nebendarstellern wie Reynaldo Pacheco als Eddie, der alle Hoffnung in seinen Kandidaten setzt, um sein Heimatland in eine bessere Zukunft zu führen. Diese Momente und Beteiligten verdienen ein Drehbuch, das nicht jedes Mal aufhört, kurz bevor es am Ziel der jeweiligen Szene angekommen ist. Das heißt nicht, dass die Aussagen nicht treffend wären und sie sind mehr amüsant als zynisch dargebracht, nur klingen sie hier ebenso geskriptet und absehbar wie Castillos Wahlkampf.