Die Frau des Zeitreisenden [2009]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 18. April 2021
Genre: Drama / Liebesfilm / FantasyOriginaltitel: The Time Traveler’s Wife
Laufzeit: 107 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2009
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Robert Schwentke
Musik: Mychael Danna
Besetzung: Rachel McAdams, Eric Bana, Arliss Howard, Ron Livingston, Stephen Tobolowsky, Michelle Nolden, Jane McLean, Hailey McCann, Tatum McCann, Brooklynn Proulx
Kurzinhalt:
Seit er ein kleiner Junge ist, reist Henry DeTamble (Eric Bana) durch die Zeit. Immer wieder zieht es ihn zu bestimmten Orten an bestimmten Zeiten. Wann es geschieht, kann er ebenso wenig beeinflussen, wie wohin er reist oder wie lange er dort bleibt. Er kann bei seinen Sprüngen nichts mitnehmen, auch seine Kleidung nicht. Wenn er in der anderen Zeit ankommt, ist er stets nackt. Als erwachsener Mann springt er in die Vergangenheit zurück und trifft auf ein sechs Jahre altes Mädchen. Immer wieder besucht er sie über die Jahre und sie verliebt sich in den Fremden, der sich vor ihren Augen in Luft auflöst. Als die erwachsene Clare (Rachel McAdams) Henry in einer Bibliothek trifft, haben sich ihre Lebenslinien endlich wirklich getroffen. Doch so glücklich sie miteinander sind, Henrys Zeitsprünge sind mehr als nur eine Belastung für ihre Beziehung. Ohne die Macht, den Lauf der Dinge ändern zu können, ist er zum Zuschauer seines eigenen und von Clares Schicksals verdammt …
Kritik:
Entgegen des Titels, beschäftigt sich das Liebesdrama Die Frau des Zeitreisenden weniger mit der Titelfigur, als mit der Figur des im Titel genannten Zeitreisenden. Der springt unkontrolliert durch die Zeit, an Orte, zu denen er eine Verbindung hat, und trifft dabei auf die Liebe seines Lebens Clare. Was klingt wie eine Liebesgeschichte mit einem ungewohnten Kniff, ist ein sympathisch gespielter, erstklassig gefilmter und behutsam umgesetzter Film, dessen Geschichte es ebenso an Zugkraft wie an einer greifbaren Aussage mangelt.
Seine erste unfreiwillige Zeitreise unternimmt Henry DeTamble im Alter von nur sechs Jahren, als das Auto mit ihm und seiner Mutter darin in einen schrecklichen Unfall verwickelt wird. Seither, so erzählt er später, zogen ihn seine Zeitsprünge immer wieder dorthin zurück, so dass er viele Male den Tod seiner Mutter mitansehen musste, nicht in der Lage, das Unglück zu verhindern. Andere Sprünge führen ihn zu Clare in unterschiedlichen Zeiten. Zuerst, als sie ein kleines Mädchen ist, dann später in ihrem Leben und irgendwann überschneiden sich ihre Zeitlinien. Die Frau des Zeitreisenden erzählt gewissermaßen ihrer beider Geschichte, auch wenn der Titel vermuten lässt, dass die Erlebnisse aus ihrer Sicht geschildert würden. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Audrey Niffenegger aus dem Jahr 2003, steht die komplizierte Liebesgeschichte im Zentrum, bei der Henry immer wieder, teils für Wochen oder in den ungünstigsten Momenten, aus der Zeit springt, so dass Clare auf sich gestellt bleibt. Doch wie frei ist ihre Liebe zu einem Mann, der sie bereits vor 20 Jahren zum ersten Mal besucht hat und seither immer wieder? Wenn sie ihn später in einer Bibliothek trifft, ist sie ihr ganzes Leben lang in ihn verliebt, geprägt von einem Besucher, der einst deutlich älter war als sie selbst und der sie begleitet, seit sie sich erinnern kann.
Filmemacher Robert Schwentke (Flightplan - Ohne jede Spur [2005], Der Hauptmann [2017]) legt viel Wert auf diesen Ansatz der Story, lässt bei der Melodramatik jedoch außer Acht, dass es viele Fragen gibt, die der Filme nie stellt, geschweige denn beantwortet. So bleibt es bis zum Schluss ein Rätsel, welchen Gesetzmäßigkeiten Henrys Zeitreisen unterworfen sind. Er kann nicht kontrollieren, wann er springt, oder wohin er springt, doch ihm dorthin zu folgen, wohin er springt, ist ohne Zeitangabe entsprechend schwierig. Teilweise folgt Die Frau des Zeitreisenden ihm nach dem Sprung in eine andere Zeit, manchmal bleibt die Geschichte bei Clare und zeigt kurz darauf einen Henry aus einer anderen Zeit, der bei ihr gelandet ist, ohne dass man das tatsächlich zeitlich einordnen könnte. Mit einem Nebensatz wird abgetan, dass er das Geschehene nicht ändern könne (wohl aber im Lotto gewinnen), doch selbst wenn er eine Tragödie sieht, die ihn selbst betrifft, und genau weiß, an welchem Tag dies geschieht, trifft er keine Vorbereitungen. Es ist nicht, als wäre Henry jemand, der nach über 30 Jahren mit seinem Zustand weiß, wie er mit den sich ständig ändernden Situationen umzugehen hat, sondern als würde er sich nur so verhalten, damit die Geschichte sich in den vorhergesehenen Bahnen entwickeln kann.
Hinzu kommt, dass sich der Film viel Zeit nimmt, Henrys außergewöhnlichen Zustand zu erklären, zumal dieser nicht nur Auswirkungen auf ihn hat. Nun könnte man mehrere Erklärungen für die Zeitreisen finden. Wenn es keinen technischen Grund gibt, könnte es Schicksal sein, oder gar keine Erklärung gegeben werden. Wofür sich bereits die Romanvorlage entscheidet, ist ein genetischer Defekt – das Chrono-Gen. Wer hier bereits ungläubig mit den Augen rollt, sollte warten, wie oft dieses Thema aufgegriffen wird und mit Stephen Tobolowsky als Dr. Kendrick sogar eine Figur eingeführt wird, die sich aktiv mit der Forschung daran beschäftigt. Es ist ein weiteres Element bei Die Frau des Zeitreisenden, das es nur schwieriger macht, sich auf die Erzählung einzulassen.
Dabei weiß Robert Schwentkes Liebesdrama in anderen Belangen durchaus zu gefallen. Die stets einnehmende Rachel McAdams und Eric Bana sind eine gelungene Besetzung. Nicht nur, dass sie eine spürbare Chemie zueinander entwickeln, sie lassen eine deutlich größere, charakterliche Tiefe ihrer Filmfiguren in Anbetracht der außergewöhnlichen Umstände erkennen, als die Dialoge ihnen entlocken können. Auch handwerklich ist Die Frau des Zeitreisenden tadellos und dank der hervorragenden Kameraarbeit von Florian Ballhaus sehenswert inszeniert. Sitzen Clare und Henry auf einer Parkbank, nachdem sie zum ersten Mal wirklich zueinander gefunden haben, erscheint der Hintergrund wie in einem Aquarell verblendet – es ist eine malerische Einstellung und nicht die einzige dergleichen. Doch gelingt es den Machern nicht, all dies in eine Erzählung einzubetten, die das Publikum mitnimmt oder auch nur ein Gefühl dafür erzeugt, wann sich die Figuren wo befinden. Blickt man auf ihre gemeinsame Zeit zurück, bleibt schließlich die Frage, „wozu das alles?“.
Eine Antwort darauf gibt es nicht.
Fazit:
Die vollkommen absurde Ausgangslage muss man schlichtweg akzeptieren. Das fällt leichter, als man vermuten mag, immerhin gibt es genügend unterhaltsame Geschichten, die keinen Sinn ergeben. Was es jedoch schwierig macht ist der Umstand, dass die Macher hier wiederholt auf die Gründe für die Zeitreise eingehen, ohne dass sie ein Regelwerk liefern, nach welcher Gesetzmäßigkeit Henry in welche Zeit reist. Der sympathischen Besetzung gelingt es, dies über weite Strecken vergessen zu machen, wenn Henry erneut nackt in einer anderen Zeit auftaucht oder er Bekanntschaft mit einem kleinen Mädchen macht, das später einmal seine Frau werden wird. Ob er damit seinem Schicksal folgt, oder seines und ihres überhaupt erst erschafft, ist eines der vielen Themen, die Robert Schwentke hier berührt. Doch die einzelnen Kernthemen werden allesamt nur gestreift, keines wirklich ausgelotet. Sei es eine Beziehung, bei der eine Person ständig abwesend ist, oder das unstete Leben eines Zeitreisenden, der an sich jeden Moment in allen Zeitlinien auskosten sollte, weil er nie weiß, wie lange sie dauern werden. So plätschert die Liebesgeschichte, in romantischen Bildern eingefangen, bei Die Frau des Zeitreisenden lange Zeit vor sich hin und überrascht am Ende der Reise der Figuren damit, dass es keine Botschaft gibt, die das Publikum für sich mitnehmen sollte. Anstatt eine Metapher zu erzählen, erzählen die Macher ein Liebesdrama, dessen Storykniff ein reiner Selbstzweck ist. Da ist es letztlich schade um die Zeit.