Die Abenteuer von Kina & Yuk [2023]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 4. Dezember 2024
Genre: Unterhaltung

Originaltitel: Kina et Yuk, renards de la banquise
Laufzeit: 85 min.
Produktionsland: Frankreich / Kanada / Italien
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Guillaume Maidatchevsky
Musik: Julien Jaouen
Besetzung: Kina, Yuk, Virginie Efira (Stimme), Sarah-Jeanne Labrosse (Stimme), Veronique Boileau, Trinity Vittrekwa, Joe Bishop


Kurzinhalt:

Polarfüchse bleiben ein Leben lang zusammen. So auch die Polarfüchsin Kina und -fuchs Yuk, die im Norden Kanadas kurz davor stehen, eine Familie zu gründen. Die steigenden Temperaturen sorgen dafür, dass sie immer weniger Nahrung finden, weshalb Yuk stets größere Gebiete absucht, um für Kina Fressen zu jagen. So kommt es, dass er auf einer Eisscholle strandet, die vom Festland davontreibt. Kina hält noch tagelang Ausschau nach ihrem Partner, doch dann muss sie, auch weil ihr andere Tiere den Bau streitig machen, notgedrungen aufbrechen, um für sich und ihren kommenden Nachwuchs ein neues Zuhause zu finden. Getrennt voneinander sehen sich Kina und Yuk ungeahnten Gefahren gegenüber, müssen unbekanntes Terrain erkunden. Yuk setzt unterdessen alles daran, Kina wiederzufinden, ehe ihr Nachwuchs das Licht der Welt erblickt …


Kritik:
Guillaume Maidatchevskys Erzählung von zwei Polarfüchsen, die hoch oben im Norden Kanadas große Abenteuer erleben, unmittelbar, bevor sich ihre Familie vergrößert, ist keine Dokumentation. Ebenso wenig vermittelt der Film große Botschaften oder Themen, die sich dem Publikum in unterschiedlichen Phasen des Lebens erschließen. Dafür ist Die Abenteuer von Kina & Yuk ein Film für die Seele, ein Abenteuer und ein in vielen Situationen bezauberndes, fiktives Porträt, das einem allein bereits auf Grund der putzigen Tiere ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Ihre Geschichte, begleitet von einer Erzählerin, beginnt damit, dass es das Polarfuchspärchen Kina und Yuk immer schwerer hat, Nahrung zu finden. Dabei ist das Angebot reichlich, die Zahl derjenigen, die mit ihnen um ihr Essen streiten, aber auch. Da die weiße Füchsin Kina schwanger ist, wagt der schwarze Yuk sich stets weiter vor, auf der Suche nach Nahrung. So weit, bis er nach einem schrecklichen Knacken im Eis auf einer Scholle davongetrieben wird. Auf sich allein gestellt, sieht sich Kina unter anderem Konkurrenten wie dem Rotfuchs gegenüber, der ihr die Höhle, in der sie lebt, streitig macht. So zieht sie notgedrungen aus, einen neuen Unterschlupf und auch Yuk zu finden. Beide Füchse müssen unbekanntes Gebiet erkunden, neue Freundschaften schließen und sich gegen bislang unbekannte Feinde zur Wehr setzen, in der Hoffnung, sich selbst wieder und ein neues Zuhause zu finden, ehe der Nachwuchs zur Welt kommt.

Bereits an der Inhaltsbeschreibung wird deutlich, wie sehr Regisseur Maidatchevsky seine plüschigen Protagonisten vermenschlicht. Zusammen mit der erzählten Begleitung, die zusätzlich einen Einblick in das Gefühlsleben von Yuk und Kina vermittelt, die ihrerseits hoffen und bangen, sich Sorgen machen und Freude strahlend miteinander spielen, vermittelt Die Abenteuer von Kina & Yuk das Gefühl, eine wirkliche Geschichte mit allen emotionalen Höhen und Tiefen zu erzählen. Die ist, wie die Verantwortlichen selbst zu Beginn in einer Einblendung herausstellen, „frei erfunden nach wahren Begebenheiten“. Das sehr junge Zielpublikum wird dies kaum stören und auch die älteren Zuseherinnen und Zuseher werden, wenn nicht beim Anblick der beiden Füchse im Zentrum, dann bei denen von Schneehühnern, Eisbären oder Hermelinen in der schneebedeckten, rauen Landschaft dahinschmelzen. Die Geschichte stellt die Heimat von Yuk und Kina vor, die sich merklich verändert. Die immer wärmeren Jahreszeiten zwingen die Tiere dazu, größere Strecken auf der Nahrungssuche zurück zu legen, und sorgen gleichzeitig dafür, dass sich nicht heimische Tierarten wie der Rotfuchs dort ausbreiten und den Polarfüchsen die Futtersuche erschweren. Diese Veränderungen werden dargestellt, ohne mit erhobenem Zeigefinger einen Appell an das Publikum zu richten oder Verständnis dafür zu wecken, dass sich die Tiere stets weiter gen Süden richten und damit den menschlichen Siedlungen immer näher kommen.

Das ist insofern eine verpasste Chance, da es Kina selbst ebenfalls dorthin führt. Auf der Suche nach einem neuen Zuhause, in dem sie ihren Nachwuchs zur Welt bringen kann, folgt sie Menschen in eine Stadt (die kanadische Kleinstadt Dawson City am Yukon River wird als „Jack City“ vorgestellt), in die ihr sogar Wölfe nachgehen, auf die sie zuvor getroffen war. Das Wolfsrudel mit dem schwarzen Wolf als Anführer wird als der „Bösewicht“ der Geschichte aufgebaut, doch einen wirklichen Abschluss für die Rivalität gibt es nicht. Dafür folgt Die Abenteuer von Kina & Yuk nach Kinas Erlebnissen, die eine ungewöhnliche Freundschaft schließt, auch Yuks Weg, der sich – wieder an Land gekommen – aufmacht, Kina zu finden und ihrer Spur nachgeht. Es ist ein schönes Bild für die zuvor getroffene Aussage, dass Polarfüchse sehr monogam sind und ein Leben lang zusammenbleiben.

Diese Feststellungen sind ebenso herzerwärmend, wie die Aufnahmen der Füchse drollig oder die Landschaft insgesamt betörend schön. Die Abenteuer von Kina & Yuk lebt von seinen ruhigen Bildern, die einen merklich aus dem Alltag herausnehmen und ganz, ganz weit weg an die Seite der Tiere im Zentrum der Erzählung versetzen. Die mag den Titel gebenden Polarfüchsen Gefühlsregungen zuschreiben, die lediglich hineininterpretiert sind, doch das macht es nicht weniger unterhaltsam, ihnen folgen zu wollen. Schade ist allenfalls, dass Filmemacher Guillaume Maidatchevsky seinem Publikum keine greifbare Aussage mit an die Hand gibt, nichts, was man über die Tiere und ihre Lebensumstände tatsächlich mitnehmen könnte. Oder für den eigenen Alltag, um ihr Leben zu verbessern. Auch wirkt die Geschichte merklich um Antagonisten bemüht, ohne diesen Konflikt am Ende aufzulösen. Sieht man jedoch darüber hinweg, ist dies ein schön eingefangenes Abenteuer, fernab des hektischen Alltags.


Fazit:
Wie so oft, wenn Tiere die Hauptrollen übernehmen, fragt man sich, wie Regisseur Guillaume Maidatchevsky viele der immens putzigen Aufnahmen gelungen sind. Zumindest in manchen Momenten kann er allerdings nicht verbergen, dass dies eben keine dokumentarische Erzählung, sondern ein Abenteuer nach Drehbuch ist, dessen Dramaturgie nicht nur durch gelungene Schnittarbeit entsteht, sondern bei dem die Polarfüchse dank Trickeffekt an die richtige Stelle in die entsprechende Situation gebracht werden. Auch werden sämtlichen Tieren viele menschliche Attribute zugeschrieben, bis hin zum Verlangen nach Rache. Insofern erscheint auch das geskriptete Drama der Erzählung teilweise dick aufgetragen. Ein wenig lehrreich ist es hinsichtlich der Tier- und Pflanzenwelt in der Arktis und dem sich stets verändernden Packeis aber doch. Vor allem ist Die Abenteuer von Kina & Yuk ein dank der zahlreichen, zauberhaften Eindrücke und der Art der Erzählung ungemein entschleunigendes Filmerlebnis, in dessen wunderschönen Naturaufnahmen man sich merklich verlieren möchte. Ruhig erzählt, ist dies einfach schön anzusehen und ein empfehlenswerter Unterhaltungsfilm, nicht nur für ein sehr junges Publikum. Selbst wenn dieses von der Geschichte vermutlich am ehesten mitgenommen wird.