Der Omega-Mann [1971]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 12. Oktober 2014
Genre: Science Fiction / Horror / ThrillerOriginaltitel: The Omega Man
Laufzeit: 98 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1971
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Boris Sagal
Musik: Ron Grainer
Darsteller: Charlton Heston, Anthony Zerbe, Rosalind Cash, Paul Koslo, Eric Laneuville, Lincoln Kilpatrick, Jill Giraldi, Anna Aries, Brian Tochi
Kurzinhalt:
Die Straßen, durch die Neville (Charlton Heston) fährt, sind verlassen – die gesamte Menschheit ist einem Krankheitserreger zum Opfer gefallen, doch er ist immun. Diejenigen, die an der Seuche noch nicht gestorben sind, sind lichtempfindlich, aggressiv und werden von ihrem Anführer Matthias (Anthony Zerbe) organisiert. Er predigt, dass es ihre Aufgabe ist, Neville, der für all die Technik und Dekadenz der vermeintlich menschlichen Überlegenheit steht, den Prozess zu machen und ihn zu opfern.
Doch tagsüber macht Neville Jagd auf sie und verschanzt sich jede Nacht in seinem hell erleuchteten, abgeriegelten Haus. Er hat die Hoffnung schon aufgegeben, als er Lisa (Rosalind Cash) begegnet, die noch nicht krank ist. Was jedoch, wenn sie sich auch infiziert? Der Schlüssel zu einem möglichen Heilmittel, das weiß Neville, liegt in ihm. Nur weiß er nicht, ob es funktioniert – und ob er noch genügend Zeit hat …
Kritik:
Drei Jahre, nachdem Charlton Heston auf dem Planet der Affen landete, war er Der Omega-Mann – der letzte Mensch auf einer Erde, deren Bevölkerung einer verheerenden Krankheit zum Opfer gefallen ist. Die beängstigende Vision lebt von den Bildern einer verlassenen Großstadt und der mahnenden Warnung, dass das Ende der Menschheit nicht durch die Atombombe, sondern durch die kleinsten Lebewesen besiegelt werden kann. Viele Stärken stammen aus der Romanvorlage, doch entfernen sich die Macher bisweilen stark davon und ziehen ihre Umsetzung damit beinahe ins Lächerliche.
Aus heutiger Sicht fällt es dabei schwer, Der Omega-Mann nicht mit I Am Legend [2007] zu vergleichen, dem stimmungsvollen Remake desselben Romans. Letzterer besticht durch eine hoffnungslose, verstörende Atmosphäre und eine beängstigende Spezies, die der Titelfigur die Nächte zur Hölle macht. Auch in Boris Sagals Dystopie ist Neville nicht allein auf der Welt. Der Krankheit, die die Menschen dahingerafft hat, sind manche zum Opfer gefallen, gehen jedoch langsam daran zu Grunde. Sie werden gewalttätig und leiden unter Wahnvorstellungen. Angeführt werden sie von Matthias, für den Neville für all das Böse steht, das den Untergang der Welt erst verursacht hat. Darum sind sie darauf aus, ihn zur Strecke zu bringen und fahren hierfür unter anderem einen Katapult auf, mit dem sie brennende Wurfgeschosse auf Nevilles Haus schießen.
Das klingt so absurd, wie es sich in dem Moment darstellt und selbst wenn Der Omega-Mann als Kultfilm gilt, wirklich gerecht wird das Gezeigte diesem Status nie. Als letzter Mensch auf Erden wirkt Charlton Heston ebenso kalt wie fehlplatziert. Was ihn überhaupt antreibt, sich alltäglich aufzumachen und das Nest von Matthias aufzuspüren, um ihn und seine Mitstreiter zu töten, wird nie erwähnt. Es ist, als wollte er sich nicht früher in sein Schicksal ergeben, ehe er dafür gesorgt hat, dass die ohnehin dem Tode geweihten vor ihm sterben. Nachts verbarrikadiert er sich in seinem Haus, betrinkt sich und ernährt sich von Konservendosen, auch wenn es sein Geheimnis bleiben wird, wo er die frische Wurst gefunden hat, die er sich eines Abends zubereitet.
Die Motivation von Matthias wird ebenfalls sehr spät erst deutlich, ebenso wie der Ursprung und die Wirkung des Krankheitserregers. Bis es soweit ist, muss man sich mit "Monstern" arrangieren, die Neville nach dem Leben trachten, leichenblass sind, keine Helligkeit vertragen aber jede Nacht mit Fackeln und Sonnenbrillen durch die Straßenziehen und wirre Reden halten, bei denen Matthias wie ein Prediger erscheint. Was die Autoren damit am Ende aussagen wollen, ist jedoch ein Rätsel. Es ist, als wollte Der Omega-Mann einerseits die Wissenschaft im Allgemeinen anprangern, die im Labor Viren erschafft, die tödlicher sind, als man sich vorstellen kann – die Technik, die den Untergang der Menschheit besiegelt. Andererseits weigern sich die fanatisch Überzeugten, die Möglichkeiten der Wissenschaft anzunehmen, so dass sie Neville, der den Schlüssel zu einem Heilmittel in sich trägt, eher töten wollen, anstatt sich helfen zu lassen.
Die nicht sehr atmosphärische Musik trägt schließlich dazu bei, dass Nevilles Überlebenskampf weit weniger melancholisch erscheint als Richard Mathesons Romanvorlage. Auch bringt Charlton Heston nie die notwendige Traurigkeit zur Geltung, die ihn in jener Welt alltäglich heimsuchen sollte. Der Omega-Mann wirkt wie ein Film aus einer Zeit, in welcher der totgeweihte Held einen sterbenden Feind noch erschießt und sei es nur, um nicht als erster ins Jenseits zu gehen. Das klingt wie ein Relikt des letzten Jahrhunderts und genau so fühlt es sich auch an.
Fazit:
Viele Einzelheiten in Der Omega-Mann sind besser, als der Film an sich. Rosalind Cashs Rolle ist voller Temperament und der Darstellerin gelingt ein selbstbewusster Auftritt neben dem vor Machismo strotzenden, schweißgebadeten Charlton Heston. Es scheint, als würde Neville in einer Welt voll faschistischer Prediger als letzter Mensch versuchen, die Würde der Schöpfung zu retten – inklusiver einer Pose, die an die Kreuzigung erinnert.
Das ist ebenso dick aufgetragen, wie seine Widersacher einfältig und unorganisiert. Weswegen sie beispielsweise Katapulte aufbauen, aber ihm nicht mit Maschinengewehren oder Granaten entgegentreten, verstehe wer will. Die verlassenen Straßen sind gespenstisch unheilvoll und die Verfolgungsjagd mit dem Motorrad gut umgesetzt. Der Rest wirkt bedeutungsschwanger, ist aber distanziert und das Aussehen und Verhalten der Infizierten eher unfreiwillig komisch.