Der Goldene Kompass [2007]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 17. August 2009
Genre: Fantasy / Action / UnterhaltungOriginaltitel: The Golden Compass
Laufzeit: 113 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Chris Weitz
Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: Nicole Kidman, Daniel Craig, Dakota Blue Richards, Ben Walker, Freddie Highmore, Ian McKellen, Eva Green, Jim Carter, Tom Courtenay, Ian McShane, Sam Elliott, Christopher Lee, Kristin Scott Thomas, Kathy Bates
Kurzinhalt:
In Lyras (Dakota Blue Richards) Welt sorgt das Magisterium für Ordnung unter den Menschen. Freidenker wie Lyras Onkel Lord Asriel (Daniel Craig), der mit seinem kühnen Theorien immer wieder der Ketzerei bezichtigt wird, werden dort nicht gern gesehen. Und doch unterstützt das Jordan College, an dem die junge Lyra ihr bisheriges Leben verbracht hat, Asriels neueste Expedition in den Norden. Währenddessen taucht die geheimnisvolle Mrs. Coulter (Nicole Kidman) am College auf und nimmt die begeisterte Lyra mit auf eine Geschäftsreise. Doch wie Lyra feststellen muss, führt Mrs. Coulter Schlimmes im Schilde und Lyra hat sogar die Vermutung, Mrs. Coulter könnte in Verbindung mit den vielen Kindesentführungen stehen, die die Menschen in Angst und Schrecken versetzen.
Auf der Flucht wird Lyra von Zigeunerfamilien aufgegriffen, die sie beschützen und mit ihr gen Norden reisen. Dort trifft sie auf den majestätischen Eisbären Iorekt Byrnison (Ian McKellen), mit dessen Hilfe sie die entführten Kinder aus einer Festung im Eis befreien will. Welche Experimente dort mit den Kindern angestellt werden, übersteigt nicht nur Lyras schlimmste Befürchtungen ...
Kritik:
Ein Fantasy-Universum zum Leben zu erwecken, ist heutzutage aus zweierlei Gründen besonders schwer. Erstens wird man seit der epischen Der Herr der Ringe-Trilogie [2001-2003] an jenem Romanumsetzung gemessen. Zweitens gilt es, nicht nur die Besonderheiten und Eigenschaften jener Welt darzustellen, sondern auch ihre Zusammenhänge zu erklären, die im speziellen Fall von Der Goldene Kompass jedoch erst in den beiden darauffolgenden Büchern aufgedeckt werden. Regisseur Chris Weitz, der Philip Pullmans Roman adaptierte und die Drehbuchvorlage lieferte, hatte also eine große Herausforderung zu bewältigen. Mit einem Budget von 180 Millionen Dollar standen ihm zumindest die finanziellen Mittel zur Verfügung, das Fantasy-Werk umzusetzen. An Schauwerten mangelt es Der Goldene Kompass insofern nicht, auch wenn viele Spezialeffekte als solche auch erkennbar sind. Insbesondere die Bauten im Jordan College, die ausgeschmückten Räumlichkeiten, die vielen Kostüme oder die fremdartigen Apparaturen, die doch in gewissem Sinne vertraut wirken, überzeugen mit einem Detailreichtum und einer Fantasie, dass man sich gerne in dem eigenartigen Universum von Lyra verliert. Auch wie die Dæmonen eingebracht wurden, jene in Tiergestalt personifizierten Seelen der Menschen, verblüfft und fasziniert zugleich. Nur je größer die Tiere hier werden, umso mehr sieht man ihnen leider an, dass sie nicht echt sind. So leider auch bei Iorek Byrnison und den anderen, riesigen, gepanzerten Eisbären, denen Lyra auf ihrem Weg begegnet.
Anders, das muss man den Produzenten jedoch zugute halten, wären die majestätischen Tiere auch nicht zu realisieren gewesen und insbesondere jüngere Zuschauer werden sich nicht daran stören. Was viel mehr zu schaffen macht, ist die unstrukturierte Erzählweise, mit der Der Goldene Kompass die Zuschauer in der ersten Hälfte von einem Schauplatz zum nächsten hetzt, kurz neue Figuren vorstellt und dann wieder weiter prescht, ohne dabei wirklich eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. So wird nur am Rande klar, weswegen Lyra überhaupt als einziges Kind am College leben darf und dort unterrichtet wird und auch wer die Kinderdiebe sind, wird neben kindlichen Spielen nur kurz eingestreut. Die Episode Lyras bei Mrs. Coulter nimmt von einem Moment auf den anderen einen ganz anderen Unterton an, mit dem wohl gerade jüngere Zuseher ihre Schwierigkeiten haben dürften und erst, wenn Lyra im Norden auf Iorek trifft, beruhigt sich das Tempo in einem Maße, dass man der Geschichte auch inhaltlich zusammenhängend folgen kann.
Hier scheint Regisseur Chris Weitz, für den dies nach Komödien wie About a Boy oder: Der Tag der toten Ente [2002] das erste finanziell große Projekt war, sichtlich überfordert. So schnell sich Actionmomente wie Lyras Flucht aus Mrs. Coulters Haus auch aufbauen, so schnell sind sie auch wieder vorbei und leider auch so geschnitten, dass einem Überleitungen von einem Moment zum anderen fehlen. So schön damit auch die Bilder und Perspektiven gelungen sind, so zerfahren wirkt leider die Szenenkomposition selbst. Da hilft es auch nicht, dass sich der Regisseur gewünscht hatte, eine 30 Minuten längere Fassung für den Heimvideomarkt zu veröffentlichen. Als Zuschauer darauf vertröstet zu werden, hinterlässt einen faden Beigeschmack und man fragt sich doch, weswegen das Studio ein solch groß angelegtes Werk mit allen Mitteln auf eine Laufzeit zusammenkürzen ließ, die der Erzählung selbst nur schadet. So hätte sich die Geschichte viel mehr Zeit nehmen sollen und müssen, die fantasievolle Welt von Lyra zu erkunden, die vorzustellen und zu erklären, als alle möglichen Zusammenhänge als bekannt vorauszusetzen und Vieles für spätere Filme in Aussicht zu stellen. Diese sind nach dem schwachen Erfolg in den USA nämlich sehr fraglich, auch wenn der Film weltweit das Doppelte seiner Kosten wieder eingenommen hat.
Dabei würde man es sich wünschen, dass die Geschichte um Lyra, Lord Asriel, Iorek Byrnison, Serafina Pekkala und Lee Scoresby weitererzählt wird. Das einerseits, weil die Besetzung mit den gut gelaunten Darstellern – Dakota Blue Richards, Daniel Craig, Nicole Kidman, Eva Green und Sam Elliot – überaus gelungen ist, andererseits aber auch, weil man der naseweisen Lyra gerne bei ihrem Lernprozess und ihrer Entwicklung zusehen möchte. Denn was sie an sich am Ende der ersten Geschichte erwartet, wurde zwar gedreht, aber aus dem Film herausgenommen, um einen positiveren Abschluss zu ermöglichen.
Der Aufwand hinter Der Goldene Kompass ist dabei merklich groß mit vielen Kostümen, eindrucksvollen Bauten und Bildern, bei denen man immer wieder anhalten möchte und sie sich als Bild an die Wand hängen könnte. Nur die Zusammenstellung im Film überzeugt nicht im gleichen Maße und die Geschichte hätte umfassender und packender erzählt werden sollen, anstatt sie in weniger als zwei Stunden herunter zu hetzen.
Fazit:
Wie viel Zeit und Aufwand Regisseur Chris Weitz in sein Projekt gesteckt hat, wird schon im ersten Filmdrittel offensichtlich. Bezaubernde Bilder wie aus einer anderen und doch vertrauten Welt, unzählige Kreaturen, Bauten und eine Mythologie, die schlichtweg fasziniert, erwarten den Zuschauer. Doch um all das zu genießen, bleibt leider keine Zeit, denn die Erzählung prescht von einem Schauplatz zum nächsten, ohne schlüssig aufzuzeigen, weshalb.
Um die vielen Figuren vorzustellen, wird was dazwischen geschieht aufs Notwendigste zusammengepresst und auch die Actionszenen so schnell abgespult, dass man irgendwann resigniert nur noch beiwohnt, anstatt mitzuerleben. Der Goldene Kompass wartet mit einem fantasievollen Universum auf, das von so unterschiedlichen Figuren zum Leben erweckt wird, dass man sich als Zuseher wünscht, die Filmemacher hätten sich mehr Zeit genommen, das auch zu zeigen. So sieht man zwar das Potential, und das jüngere Publikum wird sich daran auch nicht stören, doch wäre so viel mehr möglich gewesen.