Das Nonnenrennen [2022]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 5. September 2023
Genre: KomödieOriginaltitel: Juste ciel!
Laufzeit: 87 min.
Produktionsland: Frankreich
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung
Regie: Laurent Tirard
Musik: Mathieu Lamboley
Besetzung: Valérie Bonneton, Camille Chamoux, Claire Nadeau, Sidse Babett Knudsen, Louise Malek, Guilaine Londez, Jean-Michel Lahmi, François Morel, Claire Duburcq, Fabienne Galula, Henri Guybet
Kurzinhalt:
An sich ist es als Strafarbeit für die Praktikantin Gwendoline (Louise Malek) des Ordens der Benediktinerschwestern um Oberin Véronique (Valérie Bonneton) gedacht, dass sie sich eine Möglichkeit überlegen soll, das ansässige, baufällige Altenheim bei der Renovierung zu unterstützen, da sie ansonsten nicht als Novizin aufgenommen wird. Doch mit der Idee, die Ordensschwestern für das örtliche Radrennen anzumelden, das mit einem Preisgeld von 25.000 € dotiert ist, bringt Schwester Béatrice (Guilaine Londez) die Frauen in die Bredouille. Die Oberin ist im Grunde außer sich, doch da der Abt (Jean-Michel Lahmi) von der Initiative begeistert ist und sogar einen Besuch in Rom in Aussicht stellt, sollten die Schwestern gewinnen, zu denen auch Augustine (Camille Chamoux) und die schweigende Bernadette (Claire Nadeau) zählen, müssen sie antreten. Als unvermittelt Oberin Joséphine (Sidse Babett Knudsen) eines anderen Ordens vor dem Kloster steht und offenbart, dass sie mit ihren Nonnen ebenfalls antreten will, ist Véroniques grenzenloser Ehrgeiz gepackt, zumal sie mit Joséphine eine langjährige Rivalität verbindet …
Kritik:
Laurent Tirards Komödie Das Nonnenrennen bedient überwiegend eine Art von Humor. Diejenigen, für die diese Art Humor funktioniert, können dementsprechend auf unterhaltsame eineinhalb Stunden hoffen. Alle anderen, so wie dieser Kritiker ebenfalls, so viel als „Warnung“ vorab, werden kaum eine Miene verziehen und sich fragen, weshalb man eine Geschichte um überwiegend unsympathische Figuren erzählen sollte, die nach all ihrem vorwerfbaren Handeln kaum bis gar keine Entwicklung widerfahren.
Denn, und das kann man in jedem Fall festhalten, Das Nonnenrennen handelt entgegen des Titels und der Beschreibung nicht von einem bzw. zwei Orden von Nonnen, die in einem Radrennen antreten, um ein Preisgeld für einen wohltätigen Zweck zu gewinnen. Ob man eine gläubige Überzeugung teilt, oder nicht, diejenigen, die ihr Leben einem Glauben an eine höhere Macht widmen, tun dies mit einer einhergehenden Selbstlosigkeit. Von der Barmherzigkeit, die mit dem Auftrag der Benediktinerschwestern verbunden ist, ganz zu schweigen. Doch mit einer Ausnahme agieren sämtliche der Beteiligten aus blankem Eigennutz und in der Absicht, das andere Team zu übertreffen. Nimmt man dazu Momente, in denen die Benediktinernonnen hüftschwingend oder so fest mit Rockmusik tanzen, dass ihnen die Kopfbedeckung beinahe davonfliegt, passen diese Aspekte schlicht nicht zusammen. Nun mögen auch die Darstellungen im inzwischen 30 Jahre alten Sister Act – Eine himmlische Karriere [1992] nicht vollends zutreffend gewesen sein, doch haben sich die Nonnen dort nicht gegenseitig Fallen gestellt und sogar mehrere Körperverletzungen bis hin zur Vergiftung begangen.
Doch der Reihe nach. Das Nonnenrennen beginnt in einem kleinen, abgelegenen Benediktinerkloster, in dem Oberin Véronique und ihre drei Schwestern dem Alltag nachgehen. Derzeit haben sie in der jungen Gwendoline sogar eine Praktikantin, die hofft, dort ein Zuhause gefunden zu haben, selbst wenn sie sich mit dem zurückgezogenen Leben der Ordensschwestern kaum anfreunden kann und über ihren endgültigen Verbleib noch nicht entschieden ist. Um die Oberin von ihrer Würdigkeit zu überzeugen, soll Gwendoline eine Möglichkeit finden, die Renovierung des baufälligen Altenheims im Ort zu unterstützen. Es ist gar nicht ihre Idee, doch wird der Orden für ein Radrennen angemeldet, in das die Gemeinde 25.000 € Preisgeld investiert hat, das die Nonnen dann dem Altenheim spenden wollen. Zuerst so wütend, dass sie buchstäblich einen Meter über dem Boden schwebt, kann die Oberin die Bewerbung nicht zurückziehen, da der Abt von der Idee begeistert ist und ihr sogar in Aussicht stellt, dass sie bei einem Sieg nach Rom reisen und den Papst treffen könnte, wovon die Oberin lebhafte Fantasien pflegt.
Soweit klingt die Geschichte noch harmlos, doch es gibt zwei große Probleme bei dem Vorhaben der Benediktinerschwestern, die sich nacheinander auftun. Zum einen will eine professionelle Radlergruppe an dem Rennen, das in weniger als einem Monat stattfindet, teilnehmen, so dass die Oberin einen Plan ersinnt, diese von einer Teilnahme abzuhalten. Darüber hinaus klopft wenig später die Oberin Joséphine an die Pforte des Klosters, die mit ihren vier jungen und merklich trainierten Schwestern ebenfalls an dem Rennen teilnehmen möchte, um eine Gefängniseinrichtung zu unterstützen. Prekärerweise kennen sich Véronique und Joséphine nicht nur seit Kindertagen, sie standen auch ständig in Konkurrenz zueinander, wobei Véronique bereit ist, alles zu tun, um ihre Erzfeindin dieses Mal zu besiegen. Wer nun denkt, so sollte sich doch eine Nonne nicht verhalten, trifft den Nagel auf den Kopf, doch könnte man einen solchen Ansatz der Geschichte durchaus annehmen, würde sie denn darauf hinauslaufen, dass die Ordensschwestern einen Prozess der Läuterung durchlaufen. Doch dem ist nicht so.
Stattdessen entwickelt sich die Story von Das Nonnenrennen arg albern, mit (Tag-)Traumsequenzen und überzogenen Dialogen, die jeglichen Feinschliff vermissen lassen, dafür aber die platten Pointen weit absehbar mit dem Holzammer präsentieren. Ebenso verhält es sich bei den Rückblicken, die entweder arg klischeehafte oder absurde Begründungen liefern, weshalb die Frauen zu Nonnen geworden sind. Hin und wieder sind wenige Spitzen eingestreut, die auf die Methoden der Katholischen Kirche anspielen, eine Balance findet Filmemacher Laurent Tirard dabei aber nicht. Auch aus dem Grund gestalten sich die knappen eineinhalb Stunden überaus zäh.
Fazit:
Fluchende Nonnen stoßen bei einer etwas derberen Komödie nicht auf und selbst mit tätowierten Ordensschwestern mag man sich arrangieren können. Doch die rivalisierenden Figuren der im Grunde gar nicht uncharmanten Geschichte besitzen keinen Glauben außer den an sich selbst. Sie sind auch nicht selbstlos, sondern gleichermaßen eindimensional wie oberflächlich. Vor allem sind sie mitunter schlicht boshaft, was derart überzogen erscheint, dass es zum Rest nicht passen mag. Diese Frauen könnten auch zwei Gruppen irgendeines anderen Berufsstandes sein und Das Nonnenrennen würde inhaltlich gleichermaßen funktionieren. Oder eben nicht. Selbst beim tatsächlichen Rennen, bei dem sie nicht einmal einen Helm tragen, sind sie Vorbilder und zeigen letztlich keine Reue – die wenige Einsicht kommt zu spät. Ohne Herzlichkeit oder Charme, ist der Humor teils kindisch wie vorhersehbar, die Pointen keine Überraschung. Das ist nicht nur schade, sondern fast schon ärgerlich.