Das Morgan Projekt [2016]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. September 2017
Genre: Science Fiction / Horror

Originaltitel: Morgan
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Luke Scott
Musik: Max Richter
Darsteller: Kate Mara, Anya Taylor-Joy, Rose Leslie, Michael Yare, Toby Jones, Chris Sullivan, Boyd Holbrook, Vinette Robinson, Michelle Yeoh, Brian Cox, Jennifer Jason Leigh, Paul Giamatti


Kurzinhalt:

In einem abgelegenen Forschungskomplex betreuen Dr. Lui Cheng (Michelle Yeoh) und Dr. Simon Ziegler (Toby Jones) ihr bislang vielversprechendstes Projekt: Morgan (Anya Taylor-Joy). Die augenscheinlich junge Frau ist ein Hybrid, erschaffen nach speziellen Vorgaben. Doch nach einem Zwischenfall, bei dem Morgan eine weitere Ärztin verletzt hat, soll sich die Abteilung Risikobewertung der verantwortlichen Firma einen Eindruck verschaffen. Lee Weathers (Kate Mara) begibt sich vor Ort, um Morgan kennenzulernen und das psychologische Gutachten von Dr. Shapiro (Paul Giamatti) abzuwarten. Als Morgan vollends außer Kontrolle gerät, schweben alle Mitglieder des Wissenschaftsteams in Lebensgefahr …


Kritik:
In seinem Spielfilm-Regiedebüt Das Morgan Projekt beginnt Luke Scott, Sohn von Ridley Scott, durchaus vielversprechend und schart eine beachtliche Darstellerriege für einen solchen Genrefilm um sich. Doch die Idee versumpft in ebenso vorhersehbaren wie unlogischen Windungen der Story bis hin zu einer Auflösung, die Autor Seth W. Owen mit einer Überzeugung präsentiert, als wäre sie in irgendeiner Weise überraschend. Tatsächlich ist sie so früh absehbar, dass der Weg dorthin nur umso länger erscheint.

Die Titel gebende Figur Morgan ist kein normaler Mensch. Auch wenn sie äußerlich aussieht, als wäre sie eine Teenagerin, ist sie in Wirklichkeit erst fünf Jahre alt. Sie wurde von Dr. Cheng, Dr. Ziegler und ihrem Team im Labor als hybride Lebensform erschaffen. Nach einem Zwischenfall, bei der eine Ärztin schwer verletzt wurde, soll sich die Risikobewertungsspezialistin Lee Weathers für die verantwortliche Firma vor Ort ein Bild verschaffen. Als unterkühlt auftretende, professionell und beinahe emotionslos agierende Lee ist Kate Mara eine tolle Wahl. Sie bringt neben einer mysteriösen Aura auch eine Härte in ihren Entscheidungen und ihrem Blick mit sich, die in der zweiten Filmhälfte noch mehr zur Geltung kommen. Bei einem Gespräch mit dem Psychologen Shapiro (Paul Giamatti in einer bedauernswert kurzlebigen Rolle) gerät die Situation außer Kontrolle. Doch statt das Projekt zu beenden und Morgan auszuschalten, wenden sich die verbliebenen Ärzte gegen Lee.

Dass sich Morgan jedoch auch durch sie nicht aufhalten lässt, sondern die Figuren eine nach der anderen dem unkontrollierbaren Projekt zum Opfer fallen, wird keinen Genrekenner überraschen. Bis es tatsächlich soweit ist, vergeht bei Das Morgan Projekt viel Zeit, in der zwar mehrmals ein vorangegangenes, ebenfalls gescheitertes Projekt dieser Art erwähnt wird und in der die Figuren in privaten Momenten gezeigt werden. Doch verrät das Drehbuch über die Charaktere kaum etwas. Das macht es zum einen schwierig, ihre Entscheidung nachzuvollziehen, das Projekt nicht zu beenden, als sie die Möglichkeit dazu haben. Andererseits lässt einen ihr Schicksal überraschend kalt.
Dass wie in den letzten Projekten seines Vaters Ridley Scott (Prometheus - Dunkle Zeichen [2012] und Alien: Covenant [2017]) auch in Luke Scotts Film ausgerechnet die Wissenschaftler völlig irrationale Entscheidungen treffen, die ihren eigenen Untergang besiegeln, ist regelrecht ärgerlich. Sinnieren sie im einen Moment wehmütig, welche Verluste das gescheiterte Vorgängerprojekt zu beklagen hatte, weigern sie sich wenige Minuten später, ihren aktuellen Fehlschlag auf die einzig erdenkliche Weise unschädlich zu machen.

Es ist, als würden sich die Figuren nur deswegen so abstrus verhalten, damit sie in der zweiten Filmhälfte eine nach der anderen von Morgan möglichst brutal dahingerafft werden können. Da der Ausgang einer jeden Konfrontation allerdings von vornherein bekannt ist, ist das leider auch nicht spannend. Zu einem gewissen Grad wiegt Luke Scott dies mit der handwerklichen Umsetzung wieder auf. Die Bilder sind gut ausgesucht und sehen auch entsprechend chic aus. Die ausgewaschene Farbpalette passt zum abgelegenen Setting der Geschichte und Morgans fremdartiges Aussehen durch eine unnatürliche Haut- und Lippenfarbe runden den durchaus gelungenen Look ab.
Wem dies ausreicht, der wird bei Das Morgan Projekt auf seine Kosten kommen. Einen mitreißenden Science Fiction-Thriller sollte man allerdings nicht erwarten.


Fazit:
Dass das Drehbuch aus der Idee nicht mehr zu machen weiß, als weniger namhaft produzierte B- und C-Filme desselben Genres, die üblicherweise direkt für den Heimvideomarkt veröffentlicht werden, ist bedauerlich. Die Ausgangslage hätte Grundstein für einen stimmungsvollen und packenden Thriller sein können. Ansatzpunkte sind sogar vorhanden, doch sobald Morgan ihr wahres Gesicht zeigt und sich der unterkühlt stimmungsvolle Film dem üblichen Ableben der einzelnen Figuren zuwendet, bleibt die Geschichte ebenso auf der Strecke wie die Spannung. Es ist ein Schnitt, der bei Das Morgan Projekt ebenso vorhersehbar ist, wie jeder einzelne Twist. Den vermeintlich größten kündigt Regisseur Luke Scott mit einer überdeutlichen Einstellung, in der Morgan und Lee gleichzeitig zu sehen sind, zu offensichtlich an. Der Rest ist solide gefilmt und insbesondere von Kate Mara treffend verkörpert, aber auch auf Grund der absurden Verhaltensweisen der Figuren enttäuschend. Dass die Filmemacher der Meinung sind, sie könnten dies ihrem Publikum tatsächlich verkaufen, ist regelrecht ärgerlich.