Crazy, Stupid, Love. [2011]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 06. November 2012
Genre: Komödie / Liebesfilm / Unterhaltung

Originaltitel: Crazy, Stupid, Love.
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2011
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Glenn Ficarra, John Requa
Musik: Christophe Beck, Nick Urata
Darsteller: Steve Carell, Ryan Gosling, Julianne Moore, Emma Stone, Analeigh Tipton, Jonah Bobo, Joey King, Marisa Tomei, Beth Littleford, John Carroll Lynch, Kevin Bacon, Janine Barris, Josh Groban


Kurzinhalt:
Bei einem Abendessen offenbart Emily (Julianne Moore) ihrem Mann Cal (Steve Carell), dass sie die Scheidung möchte. Auf dem Weg nach Hause nennt sie ihm auch ungefragt den Grund: Sie hat eine Affäre mit ihrem Kollegen David Lindhagen (Kevin Bacon). Also zieht Cal aus und lässt Emily und die beiden gemeinsamen Kinder Robbie (Jonah Bobo) und Molly (Joey King) bei ihr. Darunter leidet auch die Babysitterin Jessica (Analeigh Tipton), die heimlich in Cal verknallt ist. Als Cal zum wiederholten Mal in einer Bar allen Gästen, die es hören wollen, oder auch nicht, von seinem Schicksal erzählt, spricht ihn der anwesende Aufreißer Jacob (Ryan Gosling) an und macht ihm ein Angebot. Er wird Cal neu einkleiden und ihm beibringen, wie er Frauen um den Finger wickelt.
Cal steigt darauf ein und eifert schon wenig später seinem Mentor nach. Wirklich glücklich ist er mit der neu gewonnenen Freiheit trotzdem nicht und auch wenn es scheint, als wäre Emily aufgefallen, dass Cal das neue Outfit und das neue Selbstbewusstsein gut bekommen, eine gemeinsame Zukunft sehen beide nicht für sich. Da hilft es Cal auch nicht, dass sich Jacob Hals über Kopf in die Anwältin Hannah (Emma Stone) verliebt hat ...


Kritik:
Die Geschichte von Crazy, Stupid, Love. hört sich so vertraut an, dass man kaum glauben mag, wie gekonnt und unauffällig das Drehbuch die bekannten Klischees umschifft. Dabei muss Cal Weaver, ein gehörnter Ehemann, an einem Punkt feststellen, dass er genau das geworden ist: Ein Klischee. Nachdem seine Ehefrau Emily ihm gesteht, dass sie eine Affäre hat(te), steht für Cal fest, dass er ausziehen muss. Er schreit nicht, er flucht nicht – das Schlimmste, was er macht ist, während der Fahrt aus dem Auto zu springen. Überhaupt können wir uns nicht vorstellen, dass er jemals geschrien oder geflucht hätte oder gar seine Hand gegen seine Frau oder die Kinder erhoben. Cal scheint rundum nett. Und vermutlich wurde ihm genau das zum Verhängnis.

Nachdem Cal nächtelang versucht, sein Leid in Alkohol zu ertränken, wird der Aufreißer Jacob auf ihn aufmerksam. Sei es aus Mitleid oder damit Cal aufhört, die übrigen Gäste der Bar mit seinem Schicksal zu belästigen, bietet ihm Jacob eine Stilberatung an, gegen die er sich ohnehin nicht wehren kann. Außerdem bringt ihm Jacob die Tricks bei, mit denen er die Frauen reihenweise um den Finger wickelt. Cal mag kein einfacher Fall sein, aber ein hoffnungsloser ist er auch nicht und schon bald ist er soweit, die Frauenwelt zu erobern.
Dass er im Herzen immer noch in Emily verliebt ist, ist Teil eines solchen Liebesfilms, aber Crazy, Stupid, Love. handelt nicht davon, wie Cal seine zukünftige Ex-Frau, die sich bereits Seiten aus dem Ratgeber "Scheidung für Dummies" kopiert, zurückzugewinnen versucht. Als ihn sein Sohn darauf anspricht, für den Cal immer noch ein Held und Vorbild ist, meint er nur, er habe sich weiterentwickelt. Die neue Kleidung, das selbstsichere Auftreten wirken dabei eher, als würde sich Cal auf etwas rückbesinnen, was ihn früher ausgemacht hat.

Gleichzeitig ist Emily keine teuflische Ehebrecherin und sogar ihre Affäre in Form von David Lindhagen nicht das personifizierte Böse, dessen Ziel es wäre, eine Familie auseinanderzureißen. Crazy, Stupid, Love. macht viele kleine Beobachtungen, wie Menschen, die jahrelang zusammen gelebt haben, miteinander umgehen. Welche Vorteile die Kenntnis des anderen haben kann (beispielsweise schleicht sich Cal nachts in den Garten, um sich um den Rasen und die Pflanzen zu kümmern, weil er fürchtet, dass Emily dies sonst David auftragen würde) wird ebenso herausgearbeitet, wie man in jener Vertrautheit Gefahr läuft, den anderen nicht jeden Tag für sich begeistern zu wollen. Wir sehen, wie Cal und Emily mit dieser Situation umgehen lernen und wie Cal, der darauf aus ist, sein altes Ich einzumotten, zu eben jenem Klischee wird, das er nie sein wollte.
Auch bei Jacob stehen viele Veränderungen an. Waren für ihn Frauen bislang immer ein Zeitvertreib, verliebt er sich aufrichtig in die junge Anwältin Hannah. Hier gäbe es ebenso viele Klischees, in die das Drehbuch tapsen könnte, doch dank der Darbietung von Ryan Gosling und Emma Stone entwickelt auch dieser Aspekt der Geschichte erstaunlich viel Charme. Dass der Babysitter von Emily und Cal Hals über Kopf in Cal verliebt ist, wobei sein Sohn Robbie in die Babysitterin verknallt ist, macht die Situation nur noch verzwickter.

Den Regisseuren Glenn Ficarra und John Requa gelingt mit Crazy, Stupid, Love. eine herzerwärmende, charmante und gleichzeitig erfrischende Liebeskomödie, die sowohl von einem einfallsreichen Drehbuch lebt, wie von ihrer tollen Besetzung. Angeführt von einem überraschend vielschichtigen Steve Carell, der Cals Suche nach seinem alten/neuen Ich erstklassig und nicht übertrieben zur Geltung bringt, über eine charismatische Julianne Moore, finden sich auch in kleineren Rollen viele bemerkenswerte Darsteller wie Marisa Tomei, Kevin Bacon oder John Carroll Lynch. Von Analeigh Tipton und Jonah Bobo ganz zu schweigen.
Statt auf überdrehte und zotige Comedy-Einlagen, verlässt sich der Film auf Zufälle und Charaktere, die aus dem Leben gegriffen sein könnten. Das ist ebenso unterhaltsam anzuschauen, wie trotz manch peinlicher Momente angenehm geerdet. Dabei muss man nicht verliebt sein, um Crazy, Stupid, Love. schätzen zu können. Aber es schadet nicht, um sich in manchen Situationen wiederzuentdecken. Sei es bei den eingespielten Abläufen zwischen den Menschen, oder wenn man entdeckt, dass zu viel Routine auch hinderlich sein kann.


Fazit:
Wir wünschen es Cal, dass er das Herz von Emily zurückerobert. Aber das scheint keinem von beiden im ersten Moment das Wichtigste zu sein. Vielmehr sind sie auf der Suche nach den Personen, die sie waren, als sie sich ineinander verliebten. Und hierfür müssen sie sich zuerst wieder ändern können. Crazy, Stupid, Love. nimmt eine vertraut klingende Geschichte und erzählt sie greifbarer als viele andere Komödien. Dass es den Machern gelingt, sowohl die Klischees gekonnt zu umfahren, als auch einige Überraschungen mit einzustreuen, sollte man ihnen hoch anrechnen.
Zum Leben erweckt durch eine erstklassige Besetzung, entwickelt die romantische Komödie erstaunlich viel Charme und bleibt dank der verschiedenen Beziehungen, die sich anbahnen – oder auch nicht – stets interessant. Auch wenn man über die Figuren nicht allzu viel erfährt, sie sind nicht nur sympathisch, sondern wachsen dem Publikum in den knapp zwei Stunden merklich ans Herz. Das können nicht viele Liebesfilme von sich behaupten. Und bei vielen ausgewiesenen Komödien kann man nicht annähernd so viel lachen.