Body Snatchers – Angriff der Körperfresser [1993]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 28. November 2015
Genre: Science Fiction / Horror / ThrillerOriginaltitel: Body Snatchers
Laufzeit: 87 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1993
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Abel Ferrara
Musik: Joe Delia
Darsteller: Gabrielle Anwar, Terry Kinney, Reilly Murphy, Meg Tilly, Billy Wirth, Christine Elise, R. Lee Ermey, Kathleen Doyle, Forest Whitaker
Kurzinhalt:
Mit dem Auftrag, die Auswirkungen von Chemikalien, die in militärischen Einrichtungen verwendet werden, auf die Umwelt zu untersuchen, reist Steve Malone (Terry Kinney) mit seiner Familie zu einer Militärbasis in Alabama. Dort angekommen, fühlt sich zuerst sein Sohn Andy (Reilly Murphy) in der Schule nicht wohl. Er hat das Gefühl, als würde er ausgegrenzt. Auch Steves Tochter Marti (Gabrielle Anwar) hat es schwer, Anschluss zu finden. Wenig später behauptet Andy, dass seine Mutter Carol (Meg Tilly), die vor ihm steht, nicht seine Mutter sei und als Steve und Marti erkennen, dass in der Basis etwas vor sich geht, könnte es zu spät sein – nicht nur für sie ...
Kritik:
Body Snatchers – Angriff der Körperfresser ist ein Film, der nicht einmal halb so gut ist wie seine Ausgangsidee. Das ist schon deshalb tragisch, da die Grundlagen so faszinierend und gelungen sind, dass man sich 40 Jahre nach Erscheinen des Romans Die Körperfresser kommen [1955] von Jack Finney eine der Vorlage entsprechende Umsetzung gewünscht hätte. Regisseur Abel Ferrara bleibt in vielerlei Hinsicht in den Anfängen hier stecken und man hat insbesondere am Ende das Gefühl, als wollte er seinen Film absichtlich in die zweite Liga degradieren.
Die Geschichte ist dabei heute so aktuell und erzählenswert wie damals, als sie zum ersten Mal erschien, auch wenn Body Snatchers das Geschehen aus einer Kleinstadt in eine Militärbasis verlegt. Dort macht der Wissenschaftler Steve Malone von der Umweltbehörde mit seiner Familie einen Zwischenstopp. Er will das Wasser rund um die Basis untersuchen und ist zusammen mit seiner Frau, Tochter und Sohn in der Basis untergebracht. Schon bald bemerken die Kinder, dass dort etwas nicht stimmt und auch Steve wird von Major Collins angesprochen, ob Chemikalien, die dort gelagert werden, die Psyche der Menschen beeinflussen können.
Sieht man kurz darauf, dass sich Menschen ganz anders verhalten, als man es bei ihrem ersten Erscheinen zu sehen bekam, sich Rituale eingespielt haben, bei denen immer mehr Menschen mitmachen, ohne sich verbal verständigen zu müssen, dann kann man die Angst von Steves kleinem Sohn Andy durchaus verstehen, dass die Basis voller Doppelgänger sei.
Leider verspielt Ferrara hier die Möglichkeit, das ganze Geschehen einzig aus der Sicht der neu zugezogenen Familie zu schildern, so dass man als Zuseher mehr Informationen bekommt als die Hauptfiguren. Im Zentrum der Erzählung steht die noch nicht volljährige Marti, die in dem Soldaten Tim zumindest einen Bezugspunkt beim Stützpunkt findet.
Ein Merkmal der Veränderung ist die Tatsache, dass die Menschen keine Gefühle mehr zeigen. Dass ausgerechnet Billy Wirth als Tim von vornherein kaum eine Ausstrahlung besitzt und so gut wie keine Regung zeigt, macht es nicht einfacher, ihn mit Marti als Hauptfiguren zu akzeptieren. Body Snatchers ist wie schon erwähnt ein Film, der sein Potential nicht zu nutzen vermag. Das wird bereits beim Vorspann deutlich, der an B-Film-Ikonen der 1950er-Jahre erinnert. Das mag noch beabsichtigt sein, schauen aber später Figuren, die sich im Gespräch befinden, abwechselnd frontal in die Kamera, wirkt das schlicht plump. Über das Ende mit der tiefen Stimme aus dem Off sollte man lieber gar kein Wort verlieren.
Dabei sind die eigentlichen Themen des Films so zeitlos und sehenswert, dass es immer noch beeindruckt, wie nahtlos sie in die Science Fiction-Geschichte verwoben wurden: Die Gleichschaltung der verwandelten Figuren, die keine Individualität dulden, konnte sogar schon 1950 ebenso als Kritik am Kommunismus empfunden werden, wie das Zeigen der Verwandelten auf die übrigen Menschen und die Jagd auf dieselben als Spiegelbild der Hetzjagd auf Kommunisten während der Joseph McCarthy-Ära. In der heutigen Zeit der sozialen Medien und Shitstorms, in denen trotz unendlicher Möglichkeiten der freien Entfaltung die Lawine der Gegenstimmung unmittelbar folgt, haben diese Aussagen der Toleranz und des Andersseins immer noch Bestand. Man würde sich wünschen, dass Body Snatchers – Angriff der Körperfresser mehr daraus macht.
Fazit:
Viele Perspektiven sind überaus gelungen und spielen gekonnt mit Licht und Schatten, Andeutungen dessen, was sich im Hintergrund abspielt und was der große Plan hinter dem "Angriff" ist. Dennoch erinnert Body Snatchers – Angriff der Körperfresser sowohl bei Kleidung und Frisuren, als auch bei der Ausleuchtung und der Gestaltung der Szenen oft an Videoproduktionen der 80er-Jahre oder bewusst an die vorigen Filmumsetzungen des Stoffes Die Dämonischen [1956] bzw. Die Körperfresser kommen [1978].
So gut die Absichten dahinter sein mögen, die Geschichte nimmt erst spät Fahrt auf und die bedrückende Stimmung geht in dem actionbetonten letzten Drittel beinahe unter. Die letzten Minuten machen außerdem vieles hiervon wieder zunichte. Der zugrundeliegende Stoff hat das Potential zu einem sozialkritischen Science Fiction-Klassiker – Body Snatchers kratzt hier aber nur an der Oberfläche.