Blood Ties [2013]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 07. Februar 2015
Genre: Drama / Krimi

Originaltitel: Blood Ties
Laufzeit: 128 min.
Produktionsland: Frankreich / USA
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Guillaume Canet
Musik: Yodelice (Maxim Nucci)
Darsteller: Clive Owen, Billy Crudup, Marion Cotillard, Mila Kunis, Zoe Saldana, Matthias Schoenaerts, James Caan, Noah Emmerich, Lili Taylor, Domenick Lombardozzi, John Ventimiglia


Kurzinhalt:

Brooklyn im Jahr 1974. Nach neun Jahren wird Chris Pierzynski (Clive Owen) aus der Haft entlassen. Sein Bruder Frank (Billy Crudup), selbst Polizist, besorgt ihm einen Job in einem Autohaus. Dort trifft Chris auf Natalie (Mila Kunis) und wenig später sind beide ein Paar. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Chris wieder in die Welt aus Verbrechen hineinziehen, die ihn ins Gefängnis gebracht hat. Nur so glaubt er, für Natalie und auch seine Ex-Frau Monica (Marion Cotillard) samt der beiden Kinder sorgen zu können.
Währenddessen gewinnt Frank die Frau zurück, mit der er vor Jahren bereits zusammen war. Vanessas (Zoe Saldana) Mann Scarfo (Matthias Schoenaerts) hat er dabei selbst ins Gefängnis gebracht. Franks Leben gerät jedoch aus den Fugen, als er Chris auf frischer Tat ertappt. So muss er sich entscheiden, was ihm wichtiger ist: Die Familie oder das Gesetz ...


Kritik:
Für das hochkarätig besetzte Blood Ties begibt sich Guillaume Canet als Regisseur hinter die Kamera. Wenige Jahre zuvor spielte er in Rivals [2008], der französischen Adaption des Romans der Autoren Bruno und Michel Papet, eine der Hauptrollen. Und doch ist die amerikanisierte Interpretation des Stoffes so frustrierend. Trotz aller Möglichkeiten, einer engagierten Schauspielriege und einer preiswürdigen Ausstattung, reißt das Drama nie mit. Hauptsächlich, da die Entscheidungen der Figuren bis zum Schluss ein Rätsel bleiben.

Der Film erzählt die vertraut klingende Geschichte von zwei Brüdern, die auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes stehen. Während Frank als Polizist im New York des Jahres 1974 für Recht und Ordnung sorgt, verbrachte der ältere Chris die letzten neun Jahre im Gefängnis. Nun ist er wieder draußen und möchte sich nichts zu schulden kommen lassen. Wie es bei diesen Geschichten meistens ist, wird dem ehemaligen Sträfling der Einstieg ins ehrliche Leben schwer gemacht und die Versuchung ist groß, wieder in alte Bahnen zu geraten. So nimmt er irgendwann einen Auftrag an, "um wieder auf die Beine zu kommen". Der Auftrag besteht darin, dass er drei Männer und einen Jugendlichen erschießt.

Wie Chris hoffen kann, sich mit einem Kapitalverbrechen eine Zukunft für sich und seine Freundin Natalie aufzubauen, verschweigt Blood Ties ebenso, wie was gleichzeitig in der von Zoe Saldana ergreifend gespielten Vanessa vor sich geht. Sie war früher mit Chris' Bruder Frank zusammen, der jedoch auf Grund ihrer Hautfarbe nicht zu ihr stehen konnte oder wollte. Inzwischen haben sie und ihre kleine Tochter mit dem ehemaligen Kriminellen Scarfo ein Zuhause aufgebaut, ehe Frank und seine Kollegen hineinstürmen, um Scarfo festzunehmen. Außer einer nicht registrierten Waffe ist diesem nichts nachzuweisen, wandert dafür dennoch sechs Monate ins Gefängnis. In der Zeit entdeckt Frank seine Gefühle für Vanessa wieder, die anschließend Scarfo – der immer für sie gesorgt hat und gut zu ihr und ihrer Tochter war – für den Mann verlässt, der sie früher im Stich gelassen hat. Nur weshalb?

Außer vielen gesungenen Liedern aus jener Zeit, gibt es bei Blood Ties kaum Musik zu hören. Stattdessen konzentriert sich Canet auf seine Besetzung, die hier durchgehend gefordert wird. Clive Owen gibt den verschlossenen, taffen Chris routiniert und glänzt in der einen Szene, in der das Drehbuch einen Blick hinter die Fassade wirft. Als geprellter Ehemann, der sich in der Wut verliert, wirkt Matthias Schoenaerts beinahe beängstigend und in seinen wenigen Auftritten prägt James Caan gewohnt das Geschehen.
Als Chris' Ex-Frau Monica gewinnt Marion Cotillard der Rolle der drogenabhängigen Mutter mehr Facetten ab, als sie aussprechen darf. Weswegen die Französin in einer in Brooklyn spielenden, französisch produzierten Adaption eines französischen Stoffes jedoch eine Italienerin spielen muss, verstehe wer will.

Billy Crudup leidet wie seine Kollegen darunter, dass die Handlungen seiner Figur keinen großen Sinn ergeben. Angefangen mit Franks Besessenheit von Vanessa, bis hin zum erwarteten Aufeinandertreffen mit seinem Bruder in seiner Funktion als Polizist. Auch wenn Franks Reaktion, während er die Waffe auf den flüchtenden Chris gerichtet hat, verständlich ist, statt innerlich mit sich zu ringen, ob er seinen Bruder festnehmen soll, der vor seinen Augen kaltblütig mehrere Menschen erschossen hat, erträgt dies Frank schweigend und mit reglosem Gesichtsausdruck. Er lässt wie alle Charaktere die Zuschauer außen vor. Auf diese Weise kann man aber auch nicht mit ihnen mitfühlen.


Fazit:
Seine Aussage trägt der Film bereits im Titel vor sich her. Nur weswegen Blut dicker als Wasser ist, daran scheint Regisseur Guillaume Canet nicht interessiert. Er erzählt sein Geschwister-Crime-Drama bewusst langsam, was auch an der mangelnden musikalischen Begleitung liegt. Die kommt erst beim Finale zum Zug und das durchaus gelungen – bis ein ungelenker Schnitt den Höhepunkt zunichte macht.
Von allen Beteiligten hervorragend gespielt, glänzt Blood Ties daneben sowohl mit einer fantastischen Ausstattung und einer gelungenen Farbgebung, die selbst in den Farben des Himmels und der Wiesen die 1970er-Jahre spürbar wiedererweckt. Die altbekannte Story kommt dagegen ohne Überraschungen aus und reißt nie mit. Zum einen, da sie zu träge umgesetzt wird, vor allem jedoch, da die Verhaltensweisen der Figuren nie erklärt werden oder gar stimmig erscheinen. Schade drum.