Banditen! [2001]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. Oktober 2004
Genre: Komödie / Unterhaltung

Originaltitel: Bandits
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Barry Levinson
Musik: Christopher Young
Darsteller: Bruce Willis, Billy Bob Thornton, Cate Blanchett, Troy Garity, Brian F. O'Byrne, Stacey Travis, Bobby Slayton


Kurzinhalt:
Den beiden Insassen Joe (Bruce Willis) und Terry (Billy Bob Thornton) wird das Leben in der Strafvollzugsanstalt zu eintönig, und so beschließt Joe kurzerhand, aus dem tristen Alltag auszubrechen. Mit seiner Unverfrorenheit gelingt ihm das auch, und nachdem er mit viel Charme und Einfallsreichtum die erste Bank ausgenommen hat, legt sich das ungleiche Duo Pläne für die Zukunft bereit. Joe möchte einen Nachtclub in Mexiko eröffnen, und der Hypochonder Terry soll darin als Küchenmeister tätig werden. Dafür brauchen die beiden aber Geld und so ersinnt Terry eine neue Strategie für Banküberfälle.
Am Abend vor dem Raub kidnappen sie die Filialleiter und räumen so gemütlich im Morgengrauen das Geld aus dem Tresor. Als "Overnight-Banditen" bekannt, sammeln sie so Geld an, das Joe allerdings in rasendem Tempo wieder verprasst. Zusammen mit ihrem Fluchtwagenfahrer Harvey (Troy Garity) geht auch alles gut, bis sie auf die neurotische Kate (Cate Blanchett) treffen, die sich den dreien anschließt, offiziell aber für entführt gehalten wird. Sie stürzt die beiden Bankräuber nicht nur in ein Chaos der Gefühle, sondern auch bei ganz weltlichen Dingen ...


Kritik:
Bisweilen müssen sich die Hollywood-Studios fragen, wieso man es den Zuschauern nie Recht machen kann. 80 Millionen Dollar steckten sie in Banditen!, und bekamen in den USA gerade einmal die Hälfte wieder zurück. Mit Bruce Willis, Billy Bob Thornton und Cate Blanchett hatte man drei Top-Stars unter Vertrag und auch Regisseur Barry Levinson (Enthüllung [1994], Sphere – Die Macht aus dem All [1998]) hatte mit Sleepers [1996] und Wag the Dog - Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt [1997] sowohl künstlerische, als auch finanzielle Hits. Bei einem derartigen Dreamteam konnte ansich nicht viel schief gehen. Außer vielleicht, dass Drehbuchautor Harley Peyton ein Drehbuch grob angelehnt an Elmore Leonards Roman desselben Titels verfasste – zu dem Buch hielt damals übrigens Bruce Willis selbst die Filmrechte, doch dachten die Produzenten, dass die Romanvorlage nicht genügend Potential bot.
Aber nicht nur das Skript legt dem soliden Unterhaltungsfilm Steine in den Weg, auch die Umsetzung und die seltsam anmutende Musikauswahl wollen nicht recht zur leichtfüßigen Komödie passen.

Größtes Manko ist und bleibt aber die Vorlage, die zwar mit einer interessanten Ausgangsidee aufwartet, sich dann aber in einer nicht enden wollenden Reihe von skurrilen Situationen wiederholt, ohne je Spannung aufkommen zu lassen. Auch die Dreiecksbeziehung hätte man sich bei weitem feuriger oder zumindest konfliktgeladener vorgestellt, doch gerade Cate Blanchett wirkt hier aufgesetzt und unnötig. Weswegen die Story prinzipiell in einer verschachtelten Rückblenden-Serie erzählt werden muss, verstehe zudem wer möchte, mit einer geradlinigen Erzählweise hätte man dasselbe Ergebnis erzeugen können.
Der Knackpunkt von Peytons Drehbuch ist das Fehlen einer klaren Struktur, so ist zum einen nicht klar, weswegen Terry Joes verschwenderische Launen überhaupt toleriert, und auch ihre Absichten mit einem Nachtclub scheinen doch arg weit hergeholt. Hinzu kommt noch die vollkommen unerklärliche Begeisterung der zu werdenden Bankangestellten-Geiseln, die den "Overnight-Banditen" auch noch dankbar sind und "viel Glück" wünschen. Wenn sich schon die Nebencharaktere atypisch verhalten, verwundert das wechsel- und launenhafte Getue von Kate Wheeler jedoch nicht weiter. Zudem entwickelt sich keiner der Charaktere im Laufe der Geschichte wirklich weiter, vielmehr werden ihre Taten glorifiziert, als heldenhaft dargestellt und nie weiter darauf eingegangen, weswegen Joe und Terry ursprünglich im Gefängnis saßen.
So oberflächlich die Story ist, so platt sind auch die Figuren, die auf den ersten Blick zwar durchaus facettenreich erscheinen, aber nie über ihre Ausgangslage hinauswachsen. Die beste Figur ist dabei noch Terry Collins, der als Hypochonder immerhin für einige Lacher sorgt. Doch abgesehen von einigen witzigen Szenen hat der Film leider nicht viel zu bieten, man bekommt weder einen einzigen Überfall in voller Länge zu sehen, noch wird die Beziehung zwischen den drei Hauptfiguren vertieft. Stattdessen reihen sich Verfolgungsjagden und skurrile Szenen so lange aneinander, bis der Film eindeutig 20 Minuten zu lang geraten ist, ohne dass es aber eine durchgehende Dramaturgie gegeben hätte. Zudem fehlt ein richtiger Bösewicht (was in dem Fall wohl am ehesten ein Polizist wäre, der er sich zur Aufgabe gemacht hätte, die Bankräuber zu stellen). So scheitern die Banditen weder an einem Widersacher, noch an der durch sie selbst eingebrockten verzwickten Lage. Grundsätzlich, und das ist es, was den Film so langatmig macht, scheitern sie gar nicht, sie müssen nie improvisieren, oder sich aus einer bedrohlichen Situation befreien, vielmehr gehen alle ihre Pläne auf, ohne dass sie je daneben liegen würden. Ob das Skript nun eher ein Krimi, oder eine Komödie sein möchte, bleibt bis zum Schluss offen – es funktioniert aber weder als das eine, noch als das andere.

Was die vordergründige Scharade hingegen erträglich macht ist die Riege der Darsteller, die angefangen von Bruce Willis (mit Haaren) über Cate Blanchett und Billy Bob Thornton bis hin zu bekannten und weniger bekannten, aber allzeit routinierten Nebendarstellern reicht.
Von den drei Hauptdarstellern sticht besonders Thornton heraus, von dem es heißt, er habe hier nur sich selbst gespielt. Terrys Macken und gespielte Anfälle bringt der Schauspieler jedenfalls ebenso gut zur Geltung, wie sein schüchternes, introvertiertes und bisweilen hemmungslos arrogantes Wesen. Dank einiger pointierter Dialoge gibt es an seiner Leistung nichts zu bemängeln.
Bei Bruce Willis hingegen fällt die Entscheidung nicht so leicht; einerseits scheint ihm die Rolle wirklich Spaß gemacht zu haben, und seine Darstellung des zwielichtigen, leicht aggressiven Ex-Sträflings kann durchaus gefallen, aber alles in allem wirkt er zu kontrolliert und auf einen Gesichtsausdruck festgelegt. Ein mimisches Feuerwerk ist bei ihm leider nicht zu erwarten – einzig in den letzten Minuten während des letzten Banküberfalls geht er etwas aus sich heraus; das heißt nicht, dass sein Portrait von Joe Blake in den vorherigen 110 Minuten schlecht geraten wäre, im Gegenteil, nur gibt ihm die Rolle leider nicht die Möglichkeit und auch nicht die Notwendigkeit, sich darstellerisch ins Zeug zu legen.
Wer Cate Blanchett bislang nur aus Rollen wie der Elbenkönigin in Der Herr der Ringe [2001-2003] oder aber The Gift - Die dunkle Gabe [2000] kennt, der wird von ihrer extrovertierten Art hier wirklich überrascht sein, und als gelangweilte, vernachlässigte, neurotische Hausfrau kann sie wirklich überzeugen. Ihre schauspielerischen Fähigkeiten sind in Banditen! auch gar nicht das Problem, sondern vielmehr die Tatsache, dass ihr Charakter vollkommen überflüssig ist. Da helfen weder großäugige Blicke, noch ihr unvorstellbar blasser Teint, um über diese einfache Feststellung hinweg zu helfen.
Als Nebendarsteller erfüllt Troy Garity zwar solide seinen Zweck, aber auch bei ihm wird man das Gefühl nicht los, dass er gern mehr gezeigt hätte, der Film ihn dahingehend aber eingeschränkt hat.
So versammeln sich hier drei Top-Akteure vor der Kamera, ohne dass einer von ihnen sein volles Potential entfalten könnte – und auch wenn die Chemie zwischen Willis und Thornton von Beginn an stimmt, keiner von beiden kann mit Kate Blanchett so richtig warm werden.

Inszenatorisch verwundern hier bei Barry Levinson vor allem die bisweilen sehr seltsam eingesetzten, digitalen Kameras, die gerade in Actionszenen zum Einsatz kommen und gänzlich überflüssig wirken. Ansonsten gibt sich Banditen! in routinierten, wenn auch nicht umwerfenden Bildern, verwöhnt den Zuschauer hier und da (beispielsweise am Strand) mit einigen netten Eindrücken, könnte aber ansonsten zweifelsohne aus der Feder eines anderen Regisseurs stammen.
Grund zur Beanstandung lässt wie schon erwähnt die gewählte Erzählform in Rückblenden auf mehreren Ebenen, die verkrampft einen künstlerischen Anspruch suggeriert, wo keiner vorhanden ist. Ansonsten ist der Film aber sauber, wenn auch nicht berauschend umgesetzt.

Allerdings sticht die Musik heraus, die abgesehen von zahlreichen modernen Klassikern wie U2s "Beautiful Day" auch mit der instrumentalen Musik von Christopher Young aufwarten kann. Der vielseitige Komponist schuf hier allerdings eine sehr düstere Atmosphäre mit sphärischen, schweren Klängen, tiefen Bässen und schnellen Beats, die mit der eher leichten Unterhaltung nicht so recht harmonieren will. So haftet den Melodien grundsätzlich etwas Melancholisches und Unheilschwangeres an, das nur durch die gelungenen, wenn auch aufdringlich eingespielten Pop-Songs aufgewogen wird.
So machen auch Youngs Kompositionen einen eher zwiespältigen Eindruck, erinnern bisweilen schon an Elliot Goldenthals Musik zum knallharten Thriller-Drama Heat [1995], ohne aber je dessen Klasse oder hypnotisierende Wirkung zu erreichen.

Was am Ende bleibt ist ein viel zu langer, inhaltlich unausgegorener und vor allem mäßig spannender Gauner-Krimi, der als Komödie ebenso wenig zu bieten hat, wie als richtiger Unterhaltungsfilm. Fans von Bruce Willis werden sich an Komödien wie Der Tod steht ihr gut [1992] oder Krimis wie der unterschätzte Tödliche Gedanken [1991] erinnern, in denen der Mime um Längen mehr zu tun hatte und auch besser spielte; Billy Bob Thornton hat hingegen sowohl in Mit aller Macht [1998], als auch in Ein einfacher Plan [1998] gezeigt, dass er sehr gut spielen kann – bei Banditen! muss sich keiner von beiden wirklich anstrengen, und sie scheinen auch ein Problem damit zu haben, mit Kate Blanchett umzugehen, die hier durch die Kulissen tapst auf der Suche nach einem Sinn ihrer Beteiligung.
Letztendlich kapitulieren sie alle aber vor einem Drehbuch, das weder genügend Esprit, noch Krimi bietet, um in seinem Genre zu bestehen. Wohin hier 80 Millionen Dollar geflossen sein sollen, verstehe wer will, angesichts des enttäuschenden Endergebnisses, das zwar leidlich unterhält, aber nie über das Mittelmaß hinauswächst, braucht man sich über die fehlenden Kinozuschauer nicht beklagen. Ist man während des Ansehens von Banditen! noch mehr oder weniger unterhalten, stellen sich schon wenige Stunden nach dem "Genuss" des Films die üblichen Symptome von Junk-Food ein: man kann sich zwar erinnern, dass man halbwegs satt geworden ist, aber wirklich geschmeckt hat es nicht, und überteuert war es obendrein.


Fazit:
Billy Bob Thornton macht eine gute Figur, angesichts der schwachen Rolle auch eine Leistung seinerseits; Willis und Blanchett haben weniger Glück und müssen sich mit einfallslosen Charakteren zufrieden geben. Zwar hatten alle drei wohl gleich viel Spaß beim Dreh, in den Film ließ sich das aber leider nicht retten. Der ist mäßig mitreißend, mittelmäßig umgesetzt und von der Substanz her auf Sparflamme geköchelt.
Bei einem Regisseur wie Barry Levinson und Beteiligten wie den oben genannten, hätte man zumindest eine unterhaltsame 08/15-Komödie erwartet. Aber auch hier geht man als Zuschauer leer aus – unverständlicherweise.
Wirklich gut ist hingegen der poppige Soundtrack, der zwar zu laut eingespielt ist, aber mit wirklich Hits aufwartet. Auch einige der witzigen Sprüche und Szenen können durchaus gefallen. Unterm Strich hätte man von Banditen! aber deutlich mehr erwartet.