Bad Boys for Life [2020]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Januar 2020
Genre: Action / Komödie / Thriller

Originaltitel: Bad Boys for Life
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Adil El Arbi, Bilall Fallah
Musik: Lorne Balfe
Besetzung: Will Smith, Martin Lawrence, Paola Núñez, Vanessa Hudgens, Alexander Ludwig, Charles Melton, Joe Pantoliano, Kate del Castillo, Jacob Scipio, Theresa Randle


Kurzinhalt:

Als Polizist Marcus Burnett (Martin Lawrence) Großvater wird, steht für ihn nach mehr als zwei Jahrzehnten im Dienst fest, dass er sich zurückziehen will. Sehr zum Missfallen seines Partners Mike Lowrey (Will Smith). Als Mike ins Visier von Armando (Jacob Scipio) und dessen skrupelloser Mutter Isabel (Kate del Castillo) gerät, kann er dank Polizei-Captain Howard (Joe Pantoliano) zwar auf die Hilfe der neuen Sondereinheit zählen, die von Lowreys früherer Freundin Rita (Paola Núñez) geleitet wird. Je dichter er jedoch dem immer noch unbekannten Killer kommt, der zahlreiche Ermittler in Miami ermordet, umso mehr steht für Mike fest, dass dies ein persönlicher Rachefeldzug sein muss. Also bittet er seinen früheren Weggefährten Marcus um Hilfe – ein letztes Mal …


Kritik:
Bad Boys for Life führt seinem Publikum auf unerwartet greifbare Weise vor Augen, wie viel Zeit seit dem ersten Film vor nunmehr 25 Jahren vergangen ist. Wer die Actionkomödie Bad Boys – Harte Jungs [1995] damals als junge Erwachsene bzw. junger Erwachsener auf der großen Leinwand gesehen hat, könnte die späte Fortsetzung nun mit den eigenen Kindern im gleichen Alter wie man selbst damals ansehen. Wo ist die Zeit nur geblieben. Den Filmemachern Adil El Arbi und Bilall Fallah gelingt dabei die vielleicht enttäuschendste, viel versprechende Kinoüberraschung der jüngsten Vergangenheit.

Viel versprechend, da die Macher nicht nur spürbar darum bemüht sind, inhaltliche und visuelle Verbindungen zu den vorigen Filmen herzustellen. Für Filmkenner mag es nur eine Kleinigkeit sein, aber dass als Produktionsfirma nicht allein Jerry Bruckheimer Films aufgelistet wird, sondern erneut der Name des verstorbenen Produzenten Don Simpson zu lesen ist, lässt aufhorchen. Bereits beim kurzweiligen Vorspann (dessen Inhalt man sich nicht vor Augen führen sollte, wenn man sieht, wie leichtfertig zwei Polizisten mit Hilfe ihrer Kollegen hier Menschenleben gefährden, um einen privaten Termin wahrzunehmen) überrascht Komponist Lorne Balfe durch die gelungene Einspielung des bekannten Themas und auch die Wortkabbeleien der beiden Protagonisten, den in Miami tätigen Polizisten Mike Lowrey und Marcus Burnett, erinnern gelungen an frühere Zeiten. Die beiden Partner sind nunmehr seit einem Vierteljahrhundert gemeinsam im Einsatz, Marcus inzwischen sogar Großvater, Mike nach wie vor ungebunden. Doch der Fall, den sich die Autoren hier überlegen, entwickelt eine ungeahnt persönliche Note, führt in die Vergangenheit und am Ende bis nach Mexikostadt.

Sieht man die vielen bekannten Figuren, angefangen vom Polizei-Captain, der erneut von Joe Pantoliano – mit einigen erstklassigen Auftritten – gespielt wird, oder auch Marcus’ Tochter Megan, die wie in Bad Boys II [2003] von Bianca Bethune verkörpert wird, bis hin zu Figuren wie ihrem Freund Reggie, dann ist es, als wollte Bad Boys for Life spürbar für Zusammenhalt sorgen. Da zahlt sich durchaus aus, dass die Widersacher, mit denen es die Helden hier zu tun bekommen, erstaunlich stark geschrieben sind. Nach einem blutrünstigen Ausbruch aus einem mexikanischen Gefängnis, der schon früh zeigt, dass sich auch dieser Film an ein erwachsenes Publikum richtet, gerät Mike ins Visier einer rachsüchtigen Witwe und ihres Sohnes. Gleichzeitig will sein Partner nun endgültig seine Marke an den Nagel hängen und zu allem Überfluss sieht sich Mike mit modernen Ermittlungsmethoden einer neu gegründeten Sondereinheit gegenüber, bei der es scheint, seine Herangehensweise stamme aus einem vergangenen Zeitalter.

Es klingt also, als würde Bad Boys for Life überraschend viel bieten und tatsächlich gibt es hier viel Positives zu entdecken. Das erste Drittel des Films ist sowohl inhaltlich als auch in Hinblick auf die handwerkliche Umsetzung nicht nur gelungen, sondern überraschend stark. Die Aussprache zwischen Marcus und Mike bei Megans Hochzeit, bei der Mike ihn nochmals bittet, ihm zu helfen, zählt zu den besten Momenten aller drei Filme. Doch es ist ein Niveau, das die Filmemacher leider nicht zu halten vermögen. Dies liegt nicht an den neuen Figuren, im Gegenteil. Das AMMO-Einsatzteam, das mit Hightech den Schurken zu Leibe rückt, ist toll zusammengestellt und man könnte sich durchaus vorstellen, damit eine eigene Geschichte zu erzählen. Auch sind die ernsten Momente allesamt sehr gut herausgearbeitet. So gut, dass bei den heiteren umso mehr auffällt, wie sie oftmals angestrengt um die Lacher des Publikums kämpfen, anstatt es mit Leichtigkeit zu erobern. Beispielsweise gibt es eine Szene in einem Flugzeug, bei der Martin Lawrence so hervorragend in die Rolle von Marcus Burnett eintaucht, man durch mehrere seiner Sprüche herzhaft lachen muss, dass es umso mehr schmerzt, wenn sich die Szene länger zieht, als sie sollte und die Macher verkrampft versuchen, einen Schlussgag zu finden, anstatt den Moment auf einer ernsten Note enden zu lassen. Weswegen sie sich nicht einfach auf die Chemie der beiden Hauptfiguren und ihre Wortgefechte verlassen, ist ein Rätsel. So wird Marcus hier gleich mit mehreren persönlichkeitsverändernden Handlungsentscheidungen bedacht: Nicht nur, dass er aus Glaubensüberzeugung heraus keine Gewalt mehr einsetzen will (was gleich mehrfach für lustige Momente sorgen soll), u.a. weigert er sich auch beständig, seine Brille aufzusetzen, was tollpatschige Szenen garantieren soll. Nur ist all das so absehbar und lässt so sehr den unvorhersehbaren Esprit vermissen, dass es bemühter erscheint, als man den Figuren wünscht.

Für einen heutigen Action-Thriller beweisen die Macher insofern Mut, da die Situationen nicht vollkommen überzogen sind, sondern Bad Boys for Life beinahe alltägliche Action präsentiert. Das ist kein Kritikpunkt und auch hier gibt es Vieles, was überzeugt. Der Beginn des Finales in einem verlassenen Hotel in Mexiko, zum Beispiel, der toll eingefangen ist – ehe sich das Ende mit einem Twist „über dem Abgrund“ zu lange zieht. Oder auch die Verfolgungsjagd mit den Motorrädern bei Nacht, die mit guten Ideen aufwartet und solide inszeniert ist, aber ohne Highlights beim Aufbau auskommt. Die Digitalkamera sorgt hier überdies für einen so seltsam unfilmischen Look, dass man sich sehnsüchtig die überlegene Kameratechnik von Gemini Man [2019] wünschen würde.
Zu alledem kommt hinzu, dass die Geschichte im Mittelteil spürbar ziellos umhermäandriert und auch einige unnötige Abschiede zu viel mit sich bringt, die in der Story nicht hätten sein müssen. Mindestens 15 Minuten hätte man hier herausnehmen können, ohne dass es dem Film geschadet, sondern im Gegenteil, die Erzählung spürbar gestrafft hätte.

Sieht man aber die Leichtfüßigkeit, mit der viele andere gemeinsame Szenen zwischen Lowrey und Burnett funktionieren, wie diese beiden Figuren auf der Leinwand harmonieren können, dann klingt der Verweis auf eine Fortsetzung, der beim Abspann eingestreut wird, nicht wie eine Drohung, sondern wäre durchaus zu begrüßen. Und wer hätte das nach dem enttäuschenden Bad Boys II noch gedacht.


Fazit:
Bad Boys for Life ist kein schlechter Film. Er ist nur bei weitem nicht so gut gelungen, wie man erhoffen würde und wie er in manchen Momenten durchscheinen lässt, was ihn insgesamt vielleicht noch enttäuschender macht. Die lange Zeit seit dem ersten oder auch dem zweiten Teil merkt man den Figuren überraschend wenig an. Schlägt die Geschichte ernste Töne an, sind die allesamt sehenswert und überzeugend. Die lustigen Situationen jedoch treffen nur selten den Nagel auf den Kopf. Trotz eines guten Bösewichts und vieler Figuren wandert die Story im zweiten Drittel zu weit vom Kurs, so dass auch die vielen Anleihen an die vorigen Filme nicht mehr hinwegtrösten können. Gute Ansätze lassen eine kreative Hand im Hintergrund vermissen, sich auf diese Stärken zu konzentrieren und was nicht erforderlich ist, herauszunehmen. Sieht man sich die zweite Fortsetzung allerdings tatsächlich mit den eigenen Kindern an, ohne dass die das charismatische Duo damals zum ersten Mal auf der Leinwand erlebt haben, dann könnten sie sich fragen, was hieran so besonders sein soll. Am Ende ist das zwar in vielen Momenten gelungener und meist unterhaltsamer, als die Wertung vermuten lässt, doch ganz übersehen kann man die Schwächen bedauerlicherweise nicht. Wenn nichts anderes, beweist Bad Boys for Life, dass man mit diesen Figuren immer noch Spaß haben kann. Das sollte man nicht nur angesichts der letzten erfolglosen Versuche, bekannte Filmreihen wiederzubeleben, durchaus honorieren.