Annabelle 3 [2019]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 1. Juli 2019
Genre: Horror / Fantasy

Originaltitel: Annabelle Comes Home
Laufzeit: 106 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Gary Dauberman
Musik: Joseph Bishara
Darsteller: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Mckenna Grace, Madison Iseman, Katie Sarife, Michael Cimino, Samara Lee, Michael Patrick McGill, Steve Coulter


Kurzinhalt:

Es ist das Jahr 1971. Unter großen Mühen und Einsatz ihres Lebens gelingt es den beiden Dämonologen Lorraine (Vera Farmiga) und Ed Warren (Patrick Wilson), die Puppe Annabelle, die ein Leuchtfeuer für böse Geister darstellt, wegzusperren. Kurz vor dem elften Geburtstag ihrer Tochter Judy (Mckenna Grace) müssen sie zu einem Auftrag aufbrechen, weshalb Babysitterin Mary Ellen (Madison Iseman) auf Judy aufpassen soll. Ohne eingeladen zu sein, gesellt sich deren Freundin Daniela (Katie Sarife) dazu. Sie hat davon gehört, was die Warrens beruflich tun und will in dem Haus einen Nachweis für die Welt des Übernatürlichen finden. Es gelingt ihr sogar, Zugang zum Artefakte-Raum der Warrens zu erhalten. Dort befreit sie Annabelle in der Hoffnung, Antworten auf ihre drängendsten Fragen zu erhalten. Doch die Macht, die sie entfesselt, bringt sie alle in Lebensgefahr …


Kritik:
Als ich kürzlich Jerry Goldsmiths unvergleichlichen Score zum Klassiker Poltergeist [1982] anhörte, musste ich mich daran erinnern, wie mich der Film beim ersten Ansehen das Fürchten lehrte. Die Bedrohung für diese Familie war greifbar, ihr Verhalten zu jeder Zeit nachvollziehbar. Beim zweiten Anschauen fiel mir der leichtfüßige Humor auf, der vor allem das erste Filmdrittel prägt. Beim dritten Ansehen entdeckte ich die mystischen Zusammenhänge, die angesprochen oder nur angedeutet werden, jedoch bei den ersten beiden Malen auf Grund der anderen Eindrücke untergegangen waren. Mit seiner Musik trägt Goldsmith zu all diesen Facetten unvorstellbar bei. Er kreierte eine leichte Melodie, die geradezu verspielt klingt, düstere Themen, die die Bedrohung unterstreichen und ein mystisches Element, das all das verbindet. Die Musik war Bestandteil des Horrors, aber trotz zweier lauter Momente nie der Grund, weshalb man sich erschreckte. Weshalb sollte sie auch?
Doch genau darin liegt der große Unterschied zu Gary Daubermans Regiedebüt Annabelle 3. Hier sind die Geräusche und die irrsinnig laut eingespielte Musik der einzige Grund, weshalb sich das Publikum fürchten sollte. Aber auch wenn das so effektiv funktioniert, wie wenn man dem Gegenüber während des Gesprächs unvermittelt ins Gesicht brüllt und diese/r daraufhin zusammenzuckt, als Horrorfilm ist das auf Dauer schlichtweg eintönig.

Annabelle 3 ist der inzwischen dritte Teil dieser Spin-Off-Reihe und der nunmehr siebte Film des Conjuring-Horrorfilm-Universums. Dieses begann vor erst sechs Jahren mit Conjuring - Die Heimsuchung [2013] und brachte (bisher) neben einer Fortsetzung die Annabelle-Filme, The Nun [2018] und Lloronas Fluch [2019] hervor. Dabei basieren die Spin-Offs auf Artefakten, die zuvor bei der eigentlichen Filmreihe vorgestellt wurden. Man kann davon ausgehen, dass Dauberman, der diesen sowie die vorhergehenden Annabelle-Filme und The Nun geschrieben hat, hier viele neue Artefakte untergebracht hat, die in künftigen Prequels und Fortsetzungen aufgegriffen werden.
Zeitlich ist dieser Film während dem ursprünglichen Conjuring-Teil angesiedelt, was vielleicht auch erklärt, weswegen die gezeigten Geschehnisse überhaupt keinerlei Auswirkungen auf die Figuren haben.

Die Geschichte beginnt damit, dass die Dämonologen Ed und Lorraine Warren die Puppe Annabelle sicher verwahren wollen. Durch sie finden böse Dämonen Zugang zu den Menschen. Vera Farmiga und Patrick Wilson schlüpfen erneut in die Rolle des auf wahren Personen basierenden Ehepaars Warren. Doch sie bieten lediglich die Rahmenhandlung. Die Hauptfiguren sind ihre Tochter Judy, Babysitterin Mary Ellen sowie deren Freundin Daniela. Ausgerechnet zu Judys Geburtstag müssen die Warrens verreisen und bitten Mary Ellen, auf Judy aufzupassen. Judy, die die Begabung ihrer Mutter geerbt hat und übernatürliche Dinge sehen und spüren kann, wird von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern auf Grund dessen, was ihre Eltern beruflich tun, gemieden. Mary Ellen ist zwar darum bemüht, sie aufzubauen, doch ganz gelingt ihr das nicht. Daniela lädt sich gewissermaßen selbst ins Haus ein, davon besessen (kein Wortwitz beabsichtigt), mit übernatürlichen Kräften in Kontakt zu treten. Was Danielas Antrieb ist, sei hier nicht verraten, es soll ausreichen zu sagen, dass ihre Motivation zumindest Teil ihrer Geschichte ist. Es kommt jedoch, wie es kommen muss, und ein Jahr, nachdem Lorraine verkündete, dass das Böse in Annabelle hinter einem Glaskasten eingedämmt wäre, lässt Daniela sie frei.

Im Verlauf des Abends und der kommenden Nacht werden die drei in dem Haus von zahlreichen bösen Geistern und Dämonen heimgesucht, die … was genau von ihnen wollen? Weshalb diese Wesen die Welt der Lebenden terrorisieren wird genauso wenig erklärt, wie was sie tatsächlich im Stande sind zu tun. Können sie ihren Opfern tatsächlich körperlich schaden, oder lediglich von anderen Besitz ergreifen und Dritten durch die Besessenen Schaden zufügen? Annabelle 3 legt, gerade angesichts von Figuren, die mit der paranormalen Welt bislang nichts zu tun hatten, keine Regeln fest und bemüht sich auch nicht, ein durchgängiges Verhalten zu etablieren.
Stattdessen präsentiert Filmemacher Dauberman immer, wenn irgendetwas übernatürliches geschieht, ein unaufhörliches, basslastiges Brummen, das dem Publikum spätestens, wenn es aussetzt verrät, dass gleich etwas geschehen wird. Erkundet Daniela den Artefakte-Raum der Warrens in epischer Breite, dann ist es, als sollten nur weitere Dinge vorgestellt werden, aus denen sich neue Spin-Offs erzählen lassen.

Obwohl Annabelle 3 ordentlich gefilmt und gut ausgestattet ist, die Beschränkung der Erzählung auf das Haus der Warrens über den Zeitraum einer Nacht bedeutet, dass die Szenen schummrig und meist düster ausgeleuchtet sind. Auch damit verrät Gary Dauberman die allermeisten seiner Erschreckmomente, die nach der ersten Stunde des Films, wenn die Geschichte merklich anzieht, bedeutend zahlreicher werden, sich aber immer nach demselben Szenenaufbau gestalten. Eine Figur glaubt, etwas zu sehen, dreht sich um, doch dort ist nichts. Nach einem zweiten Moment ist immer noch nichts zu sehen. Erst beim oder nach dem dritten Mal setzt dann die Schrecksituation ein, die ohne Ausnahme von einem ohrenbetäubend laut eingespielten Geräusch und Musikeinsatz begleitet wird.

Den Darstellerinnen kann man keinen Vorwurf machen. Die talentierte Jungschauspielerin Mckenna Grace verkörpert ihre Rolle tadellos und auch Madison Iseman sowie Katie Sarife geben sich sichtlich Mühe, die Angst ihrer Figuren greifbar zu machen. Aber wenn das Skript diesen Charakteren kaum etwas zu tun gibt bzw. sie nicht einmal ausarbeitet, dann reicht dies bedauerlicherweise nicht aus.


Fazit:
Nach wie vor fordere ich Filmemacher von Horror-Filmen heraus, ein Werk ohne Musik und laute Geräusche zu inszenieren. Dies hat früher funktioniert und es gibt keinen Grund, weshalb man sich heute immer auf den billigsten aller Schock-Effekte zurückziehen sollte. An der handwerklichen Inszenierung gibt es nichts zu bemängeln, auch wenn die computergenerierten Trickeffekte sehr offensichtlich sind. Es ist das Drehbuch, das die Figuren spärlich definiert, keine bleibenden Wirkungen für sie am Ende aufzeigt und damit dieses Film-Universum gar nicht prägt. Stattdessen wird versucht, das Publikum auf die immer gleiche Weise zu erschrecken. Wem es ausreicht, ein ums andere Mal durch ein ohrenbetäubend lautes Geräusch aus dem Sitz gerissen zu werden, wer keinen weiteren Anspruch an einen Horror-Film stellt, der ist bei Annabelle 3 gut aufgehoben. Alle anderen werden Gary Daubermans Regiedebüt gerade deshalb ermüdend finden. Angesichts des niedrigen Budgets wird die Gewinnspanne vermutlich groß genug sein, um weitere Teile dieses Film-Universums zu drehen. Ein größerer Überraschungsmoment wäre es, die Macher würden sich endlich eine neue Routine einfallen lassen.