Akte X: Der Film (Erweiterte Filmfassung) [1998]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. Juli 2010
Genre: Science Fiction / Thriller

Originaltitel: The X Files
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1998
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Rob Bowman
Musik: Mark Snow
Darsteller: David Duchovny, Gillian Anderson, John Neville, William B. Davis, Martin Landau, Mitch Pileggi, Jeffrey DeMunn, Blythe Danner, Terry O'Quinn, Armin Müller-Stahl, Lucas Black, Dean Haglund, Bruce Harwood, Tom Braidwood


Kurzinhalt:
Die X-Akten, der Lebensinhalt des FBI-Agenten Fox Mulder (David Duchovny), wurden geschlossen. Er und seine Partnerin Dana Scully (Gillian Anderson) wurden anderen Aufgaben zugeteilt. Nach einer eingegangenen Bombendrohung werden sie bei der Durchsuchung eines Regierungsgebäudes in Dallas, Texas eingesetzt. Mulder sucht zusammen mit Scully jedoch im falschen Gebäude – und wird fündig. Nichtsdestoweniger geschieht eine Katastrophe und trotz der Beteuerungen der Feuerwehr, das Gebäude sei geräumt, sterben mehrere Menschen. Mulder steht mit dem Rücken zur Wand. Doch wie ihm der Arzt Alvin Kurtzweil (Martin Landau) erzählt, der behauptet mit Mulders Vater zusammen gearbeitet zu haben, waren die bei der Explosion umgekommenen Menschen bereits tot. Der Verdacht liegt nahe, es handle sich um eine Vertuschungsaktion.
Bei der nachfolgenden Untersuchung entdeckt Mulder neue Einzelheiten zu einer kaum vorstellbaren Regierungsverschwörung. Doch damit macht er nicht nur sich selbst zum Ziel. Eine Gruppe derjenigen Männer, die hinter der Verschwörung stehen, darunter der Raucher (William B. Davis), der Mann mit den gepflegten Händen (John Neville) und Conrad Strughold (Armin Müller-Stahl) sieht nur eine Möglichkeit, Mulder zum Schweigen zu bringen. Man muss ihm das nehmen, was ihm am meisten bedeutet ...


Kritik:
Sieht man sich einen Film wie Akte X an, dann muss man akzeptieren, dass es Hauptfigur Fox Mulder gelingt, in einem Raum voller Getränkeautomaten genau denjenigen zu erwischen, in dem eine Bombe eingebaut ist – und das, obwohl die Bombenleger die Drohung für das Nachbargebäude ausgesprochen hatten. Auch gelingt es Mulder, seine Partnerin in einem riesigen Komplex ausfindig zu machen, obwohl er nicht einmal weiß, wo er suchen muss. Fans der überaus erfolgreichen Mysteryserie Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI [1993-2002] haben sich mit diesen Zufällen schon längst abgefunden. Die Geschichte beginnt in grauer Vorzeit vor 35.000 Jahren und zeigt Etwas, das man wie den Rest der verzwickten Geschichte erst bei mehrmaligem Ansehen richtig versteht. Nach fünf Jahren, in denen die Serie von Erfinder Chris Carter TV-Geschichte schrieb, genießt es Regisseur Rob Bowman sichtlich, den Zwängen des Fernsehformats entfliehen zu können. Große Aufnahmen, die das Kinoformat bis an die Grenzen ausnutzen, reihen sich an fliegende Szenenwechsel, die selbst nach 12 Jahren noch originell wirken. Die Produzenten der Serie geben sich sichtlich Mühe unter Beweis zu stellen, um wie viel lebendiger die Geschichten auf der großen Leinwand erzählt werden können. Aus heutiger Sicht mag es wie ein Bittgesuch von Carter wirken, der nach den fünf Jahren die Serie beenden und mit einer Reihe von Kinofilmen weiterführen wollte. Doch der Druck des produzierenden Studios Fox war zu groß und Carter sollte den Film als Brücke zwischen den Staffeln fünf und sechs konzipieren. Dadurch erklärt sich auch, weshalb Akte X: Der Film mehr Fragen aufstellt wie beantwortet. Was in den vier Jahren nach dem Kinofilm aus den Ansätzen entstand war jedoch alles andere als ernüchternd. Angesichts des Potentials ist dies umso tragischer.

Die X-Akten sind geschlossen, Mulder und Scully den gewöhnlichen Aufgaben des FBI zugeteilt und nach einer verheerenden Bombenexplosion in Dallas wird Mulder, dessen Schwester von Außerirdischen entführt wurde, als Sündenbock ins Rampenlicht gestellt. Wer als Zuschauer der Serie mit der Erwartung in den Film geht, die düsteren Aussichten würden gelüftet, der wird eines besseren belehrt. Vielmehr verdunkeln sich die Wolken am Horizont der Protagonisten noch und spätestens, wenn Agent Scully ins Koma fällt und Fox Mulder angeschossen wird, wollen auch eingeschworene Zuschauer das Handtuch werfen. Bis es soweit ist, erfährt man jedoch, was es mit der Bedrohung durch Außerirdische tatsächlich auf sich hat und auch, was mit den Urmenschen vor 35.000 Jahren geschehen ist. Inwiefern dies mit den Knochenfunden bei der Explosion in Dallas zusammenhängt, und weswegen der FBI-Agent Michaud – mysteriös verkörpert von einem charismatischen Terry O'Quinn – sich stillschweigend vor die tickende Bombe setzte, erschließt sich erst beim wiederholten Ansehen. Von den vielen Andeutungen lebt Akte X: Der Film, und genau aus diesem Grund hat die Geschichte in der Zeit nichts von ihrer Faszination verloren. Das erste Drittel des Films ist rasant und scheint verwirrend, ergibt jedoch im Nachhinein durchweg Sinn, ebenso die Gesprächsfetzen der Hintermänner, die man immer wieder zu hören bekommt. Darsteller wie Martin Landau und Armin Müller-Stahl veredeln die gelungene Besetzung, die von der Chemie zwischen David Duchovny und Gillian Anderson lebt. Schade, dass die bekannten Mimen in späteren Episoden nicht mehr auftauchen. Auftritte wie diejenigen der einsamen Schützen, oder auch von Assistant Director Skinner bereichern die Geschichte für Fans, doch die Grundgeschichte selbst richtet sich dank der erklärten Hintergründe auch an Neueinsteiger. Regisseur Rob Bowman vollzieht den Sprung vom Fernsehen auf die Leinwand mit einfallsreichen Perspektiven, flüssigen Übergängen und einer größeren Inszenierung fließend, beinahe, als wäre Akte X schon immer dafür konzipiert worden. Auch die temporeichen Momente gelingen gut und reißen dank der sympathischen Figuren mit. Die Unvorhersehbarkeit der Story ist letztlich für die spannende Erzählung verantwortlich und das einzige, was man sich als Zuschauer, ob Fan oder nicht, wünschen würde, sind mehr Antworten, auch wenn zumindest die erweiterte Filmfassung einige bereithält. Akte X: Der Film legt den Grundstein für eine Science Fiction-Verschwörungs-Story, in welcher der größte Feind für die Helden die Zeit ist. Dass genügend Potential für weitere Filme bestanden hätte, zeigen die Macher hier sehr eindrucksvoll. Nach der Befreiung aus dem TV-Format, konnte die Serie bei der Rückkehr auf den kleinen Bildschirm nur verlieren.


Fazit:
Ursprünglich wollte Chris Carter den Film losgelöst von der Mythologie der Serie gestalten – das Studio entschied anders. Dadurch war der Serienerfinder aber genötigt, Antworten auf die seit fünf Jahren köchelnden Fragen der Zuschauer zu finden. Dies gelingt ihm aber nur, indem er mindestens ebenso viele neue Fragen aufwirft. Dass Akte X: Der Film nicht als Abschluss der Serie geplant war, merkt man der Erzählung früh an. Doch scheinen die Macher die Möglichkeiten der großen Leinwand schnell zu nutzen. Eine bestechende Optik wird durch viele Schauplätze, große Bauten und tolle Masken ergänzt.
Leider sterben auch hier vielversprechende Charaktere einen zu frühen Filmtod und Vieles ergibt erst beim wiederholten Anschauen Sinn. Regisseur Rob Bowman gelingt ein spannender Science Fiction-Thriller, der ein würdiger Abschluss der Serie gewesen wäre, mit dem man in einer Kinoadaption auch gerechnet hätte. In den nachfolgenden vier Jahren bot ihn die Serie leider auch nicht.