"Star Trek: »Countdown«" [2009]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. April 2009
Autoren: Mike Johnson, Tim Jones (Story von Roberto Orci und Alex Kurtzman)
Zeichner: David Messina

Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: Star Trek: »Countdown«
Originalsprache:
Englisch
Gelesen in:
Englisch
Ausgabe: Comicband
Länge: 104 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 2009
Erstveröffentlichung in Deutschland: 2009
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 978-1-60010-420-6


Kurzinhalt:
Nicht nur auf Romulus stößt der Botschafter Spock auf taube Ohren, als er vor einer drohenden Supernova des Hobus-Stern warnt, die alle bisher dagewesenen Naturereignisse in den Schatten stellen wird. Einzig der Captain eines romulanischen Minenschiffes, Nero, schenkt ihm Glauben.
Dem Versprechen des Senats nicht trauend und Hochverrat riskierend, schmiedet er mit Spock zusammen Pläne, wie man die Supernova aufhalten oder eindämmen könnte. Doch dafür wird "rote Materie" benötigt. Ein höchst instabiler und experimenteller Stoff, der mittels einer geheimen Technologie auf Vulkan hergestellt werden kann. Selbst mit Botschafter Picards Hilfe können Spock und Nero den vulkanischen Rat nicht davon überzeugen, die Technologie mit den Romulanern zu teilen – sie fürchten einen Missbrauch als Kriegswaffe.
So kommt es zu einer Katastrophe, die Millionen Leben fordert. Verbittert und blind vor Wut und Trauer schwört Nero Rache und macht sich mit seinem Schiff, der Narada auf, all denjenigen Leid zuzufügen, die für seines verantwortlich sind. Weder die Enterprise, noch eine Angriffsflotte der Klingonen ist ihm gewachsen. Dabei ist die Gefahr durch die Hobus-Nova noch nicht einmal gebannt. So macht sich Spock auf, den kollabierten Stern im Alleingang zu bändigen und beginnt damit ein Abenteuer und eine Reise, die ihn weiter führen wird, als er je dachte ...


Kritik:
Seit einigen Jahren bereits ist es in Hollywood zu einer gängigen Praktik geworden, große Hollywood-Produktionen nicht nur im Kino zu vermarkten, sondern auch in anderen Medien. So wird bereits im Vorfeld eine Erwartungshaltung geschürt und überhaupt ein Bewusstsein für den Film geschaffen, der dann folglich auch von Zuschauern besucht wird, die ihn ansonsten verpasst hätten. So haben es sich die Matrix-Macher nicht nehmen lassen, Lücken der Filme in einem eigenen Videospiel zu füllen. Oder aber die Vorgeschichte mittels animierter Kurzfilme zu erzählen. Auch bei The Dark Knight [2008] wurde die Hintergrundstory in einer Sammlung mit Animationsfilmen erzählt, die kurz vor Kinostart veröffentlicht wurden.
Mit Star Trek [2009] wollen die Macher das seit Jahren in der Krise befindliche Franchise neu beleben und erzählen von der ersten Begegnung der auch in der übrigen Popkultur zu Ikonen gewordenen Figuren James T. Kirk, dem spitzohrigen Vulkanier Spock und dem Arzt Leonard "Pille" McCoy. Bereits seit über einem halben Jahr fertig gestellt, wird der Science Fiction-Film jetzt in die Sommersaison im Kino geschickt, um dem Studio unmissverständlich klar zu machen, ob "Star Trek" denn noch ein Publikum findet, oder nicht. Damit dies auch entsprechend vorbereitet wird, haben sich die Autoren des Films, Roberto Orci und Alex Kurtzman dazu entschlossen, ihre Hintergrundgeschichte in Form eines Comics bereits zuvor auf die Fans loszulassen. Star Trek: »Countdown« wurde dabei in vier einzelnen Bänden veröffentlicht, ehe nun, kurz vor Kinostart, ein Sammelband mit allen Teilen veröffentlicht wurde. Im hochwertigen Comicband wurden die sehr farbenfrohen Bilder auf Hochglanzpapier gedruckt, auf dem die leuchtenden Elemente ebenso gut zur Geltung kommen, wie die dunklen Bereiche der einzelnen Panels. Was allerdings am meisten überrascht, ist die Geschichte, mit der die Autoren – die Story wurde umgesetzt von Mike Johnson und Tim Jones – ihren Neubeginn von "Star Trek" einleiten. Diese spielt nämlich nicht zur Zeit von Kirk & Co., sondern acht Jahre nach den Ereignissen von Star Trek: Nemesis [2002]. Captain Picard ist zum Botschafter auf Vulkan berufen worden, die Enterprise-E wird von einem alten, tot geglaubten Bekannten geleitet und auch sonst finden sich allerlei bekannte Figuren im Comic, dessen Ursprung darin zu suchen ist, dass sich Fans vehement dafür ausgesprochen hatten, dass die Fackel von der neuen Generation wieder an die alte zurück übergeben wird.

Die Handlung wirkt dabei wie bei Comics üblich stark komprimiert und ungewöhnlich schnell erzählt. Im Vordergrund der Charakterisierungen stehen allerdings nicht die bekannten Personen aus "Das nächste Jahrhundert", ihre Auftritte sind eher als Bonbon für die Fans anzusehen. Vielmehr fokussiert das Comic sowohl die Motivation von Spock, der sich auf eine waghalsige Mission begibt, wie auch die des Romulaners Nero, der zum Bösewicht im neuen Film heranreift.
Es überrascht in der Tat, wie kompromisslos die Produzenten des Franchise derzeit mit Veränderungen und Entwicklungen darin umgehen. Nicht nur, dass eine jüngst veröffentlichte Romanreihe Hauptfiguren aus bekannten Serien einfach den Garaus machte, auch in Star Trek: »Countdown« wird das bekannte Universum so sehr verändert, dass es danach wohl kein Zurück mehr geben wird. Ob die Ereignisse des Comics allerdings als Teil des Canon aufzufassen sind, wird sich erst noch weisen.
Die Dialoge fallen knapp aus, reichen jedoch aus, um die Handlung voran zu treiben. Die Zeichnungen hingegen hinterlassen einen sehr uneinheitlichen Eindruck. Denn während die Raumschiffe und die Figuren in großen Aufnahmen sehr detailliert wirken und auch ihre Mimik deutlich zu erkennen ist, verschwimmen die Konturen sehr stark, sobald die Perspektive etwas anders gewählt und der Abstand größer ist. Das fällt umso mehr deswegen auf, da viele Hintergründe offensichtlich wirken, als wären sie mit Unterstützung von Computergrafiken entstanden. Seien es nun die Sternennebel, die detailliert und gestochen scharf sind, oder aber Planetenoberflächen oder Hintergründe, die so perfekt perspektivisch unscharf wirken, dass die gezeichneten Figuren wie aufgeklebt wirken. Von der Gestaltung her erinnert dies frappierend an den Animationsfilm Titan A.E. [2000], bei dem der Mix allerdings ebenso wenig überzeugen konnte. Vieles wird zwar durch die lebendige und leuchtende Farbgestaltung und die verschrobenen Perspektiven wieder wettgemacht, welche die Leser wohl auf die moderne Inszenierung des neuen Filmes vorbereiten sollen. Doch kommt man nicht umhin sich vorzustellen, wie der Comic entweder vollständig gezeichnet, oder aber vollständig am Computer retuschiert ausgesehen hätte. Und dies wäre vermutlich überzeugender gewesen.
Ansonsten sind die Figuren gut eingefangen und auch als die jeweilige, bekannte Person erkennbar. Auch die Raumschiffe und Landschaften erinnern an die bekannten Sets aus Film und Fernsehen. Die Story wirkt zwar konstruiert und verkrampft darum bemüht, viele bisherige Franchise-Elemente zu vereinen. Doch sollte man dies nicht als Kritikpunkt sehen, sondern vielmehr als Bemühen der Autoren, eine Brücke von Bekannten zum neuen Start hin zu schlagen.
Für Fans ist dies somit Pflichtlektüre und auch für diejenigen interessant, die sich sieben Jahre nach Nemesis gefragt haben, wo die bekannten Charaktere der Enterprise denn abgeblieben sind. Mehr als nur eine Geschichte, das wird hier klar, hätten sie auf jeden Fall noch zu erzählen.


Fazit:
So schön es im ersten Moment ist, wenn man bekannte Figuren, die seit über 20 Jahren im Fernsehen und auf der Kinoleinwand zu sehen waren, hier wieder zu sehen bekommt, man beobachtet die Fackelübergabe zwischen neuer und "alter" Crew doch auch mit einem weinenden Auge. Potential für Geschichten gäbe es genug, auch wenn die Autoren hier einige nur im Vorbeiflug anreißen. Augenmerk liegt auf dem Hintergrund des trauernden Bösewichts Nero, der dem jungen Kirk und seiner Crew in Star Trek sicherlich zu schaffen machen wird.
So konstruiert die Handlung wirkt, sie erscheint in »Countdown« gleichermaßen gehetzt, so dass man sich wünschen würde, die Autoren hätten mehr Seiten zur Verfügung gehabt. Die Bilder vermögen zu überzeugen, wirken aber mit dem Mix aus Zeichnung und perfekt gerendert erscheinenden Hintergründen nicht wie aus einem Guss. Dass sich die Anordnung der Panels mitunter verschiebt und man stellenweise erst ein Panel von der linken auf die rechte Seite folgen muss, ehe man eines tiefer lesen kann, verwirrt zu Anfang. Doch überzeugt für mich das »Countdown«-Comic durch eine authentisch eingefangene Atmosphäre, die sicherlich Lust auf mehr weckt. Nur frage ich mich, wie viel davon im neuen Film nochmals aufgegriffen wird? Als bekannt können die Filmemacher die Hintergrundgeschichte nicht voraussetzen. Und ohne dieses Hintergrundwissen ergeben manche Motive der Figuren sicherlich keinen oder nur wenig Sinn.
Man wird abwarten müssen, was "Star Trek" denn für die Fans noch bereithält.