Guardians of the Galaxy Vol. 3 [2023]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 29. April 2023
Genre: Action / FantasyOriginaltitel: Guardians of the Galaxy Vol. 3
Laufzeit: 147 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: James Gunn
Musik: John Murphy
Besetzung: Chris Pratt, Zoe Saldaña, Dave Bautista, Karen Gillan, Bradley Cooper (Fahri Yardım), Pom Klementieff, Vin Diesel, Sean Gunn, Chukwudi Iwuji, Will Poulter, Elizabeth Debicki, Maria Bakalova (Stimme), Sylvester Stallone
Kurzinhalt:
Nach dem schmerzlich erkauften Sieg über Thanos und der Rückkehr nach Knowhere ertränkt Guardian Peter Quill / Star-Lord (Chris Pratt) seine Trauer, während Nebula (Karen Gillan), Drax (Dave Bautista), Mantis (Pom Klementieff) und Rocket (Bradley Cooper / Fahri Yardım) mit Groot (Vin Diesel) den Alltag bewältigen. Bis Knowhere von Adam Warlock (Will Poulter) angegriffen wird, dessen Auftrag es ist, Rocket zum High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) zu bringen. Der Angriff kann zwar abgewehrt werden, doch Rocket wird lebensgefährlich verletzt. Um ihren Freund zu retten, müssen die Guardians mit Hilfe von Gamoras (Zoe Saldaña) Ravagers tief in Rockets Vergangenheit eintauchen, die er stets für sich behalten hat. Sie ahnen dabei nicht, welche Kräfte High Evolutionary aufbieten kann, um sein Ziel zu erreichen – oder wie viele Welten er bereits dafür geopfert hat …
Kritik:
Mit Guardians of the Galaxy Vol. 3 gelingt Filmemacher James Gunn genau der Film im Marvel Cinematic Universe, auf den Fans seit Avengers: Endgame [2019] gewartet haben. Nicht nur versammelt er eine bekannte Heldentruppen und sendet sie auf eine letzte Reise, er zeichnet die beliebten Figuren so, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat, bleibt ihnen dabei aber treu. Das heißt nicht, dass es keine Kritikpunkte gäbe und wie die Laufzeit vermuten lässt, ist er zu lang. Aber es gab seit Jahren keinen so unterhaltsamen Comic-Film wie diesen auf der großen Leinwand.
In Anbetracht der nicht ganz unkomplizierten Entstehungsgeschichte, bei der Regisseur Gunn zuerst seine Trilogie beenden sollte, ihm der Posten dann vom Studio aber abgenommen wurde, bevor man ihn ihm wieder übertrug, und vor allem angesichts des Umstandes, dass James Gunn das konkurrierende DC-Comic-Franchise in die Zukunft führen soll, war bereits im Vorfeld absehbar, dass Guardians of the Galaxy Vol. 3 ein Abschiedsabenteuer für diese Figuren und den mit ihnen untrennbar verbundenen, kreativen Kopf im Hintergrund bedeuten würde. Wie dieses ausfallen würde, wollte man sich in Hinblick auf die zuletzt eher durchwachsenen Filme des MCU nicht ausmalen. Doch Gunn, der einmal mehr auch das Drehbuch beisteuert, versteht seine Charaktere offenbar besser, als andere Filmschaffende, und weiß, sie weiterzuentwickeln, ohne sie zu entfremden.
Die Auswirkungen von Endgame sind immer noch sichtbar. Peter Quill alias Star-Lord, der Captain der Guardians, ertränkt seinen Verlust im Alkohol. Ohne Gamora ist nicht nur das Team unvollständig, Peter selbst ist gebrochen. Doch ist er nicht der einzige, an dem die Erinnerungen der Vergangenheit nagen. Guardians of the Galaxy Vol. 3 erzählt im Kern die Geschichte des tierischen Kopfgeldjägers Rocket und beginnt mit einem Blick zurück, wie aus dem normalen Waschbär ein sprechender, Waffenstarrender Pilot und Avenger wurde. Was klingt wie der Ausgangspunkt für einen kurzen Rückblick zu Beginn, nutzt Filmemacher Gunn dazu, Rockets Charakterentwicklung, die im letzten Soloabenteuer begann, in langen Rückblenden über den Film verteilt zu einem Abschluss zu bringen und den Sprüche klopfenden Helden um eine Tiefe zu bereichern, die man auf den ersten Blick nicht sieht. Denn als die Knowhere-Kolonie von Warlock angegriffen wird, wird Rocket schwer verletzt. Um ihm das Leben zu retten, müssen die Guardians eben Rockets Vergangenheit verstehen, aus der er bislang kaum etwas erzählt hat. Hinter dem Angriff steckt der High Evolutionary, der seit tausenden von Jahren die Evolution perfektionieren will. Auch wenn der selbst leider etwas zu kurz kommt, der High Evolutionary ist der vielleicht interessanteste Bösewicht des Franchise seit langem. Nicht auf Grund seiner Fähigkeiten oder der Grausamkeit, mit der er zu Werke geht, sondern seiner charakterlichen Entwicklung. Ist er seit Jahrtausenden darauf aus, die Evolution zu perfektionieren, zerbricht er innerlich schließlich daran, als eine seiner Schöpfungen ihn bei der Lösung eines Problems überflügelt. Was sagt es für eine gottgleiche Persönlichkeit, wenn ihrer eigenen Kreation etwas gelingt, was ihr verwehrt blieb? Diesen Aspekt schneidet das Drehbuch zwar nur an, aber er ist so erfrischend wie unerwartet.
Ging es bei den bisherigen Abenteuern stets darum, die ganze Galaxie zu bewahren, scheint die Mission nun im ersten Moment viel kleiner: Das Leben eines Freundes zu retten. Und doch macht genau dieser Punkt einen großen Unterschied darin aus, wie sich die Aufgabe der Guardians anfühlt. Die Rückblicke zu Rockets Werdegang und den Freundschaften, die er mit anderen Tieren damals geschlossen hat, sehen nicht nur fantastisch aus. Sie verdeutlichen auch nicht nur, was er in den Guardians wiedergefunden hat – sie sind das Herz und die Seele dieses Abenteuers, welches das Team wie bislang zu seltsamen Welten führt. Darunter die organische OrgoCorp-Zentrale, die zwar so witzig wie ungewohnt aussieht, abseits des Designs aber kaum einen praktischen Zweck erfüllt. Der zweite Ankerpunkt der Geschichte ist Peters Beziehung zu einer Gamora, die nicht die vergangenen Jahre mit ihm verbracht hat und die daher eine andere Person ist als die, die Peter verloren hat. Guardians of the Galaxy Vol. 3 entwickelt sie zuerst in eine unerwartete Richtung und deutet sogar an, dass sie die Bösewichtin künftiger Geschichten werden könnte. So mutig ist das Drehbuch letztlich aber leider nicht. Auch ihr Storybogen findet einen Abschluss und setzt sie wie auch Nebula, Drax, Mantis und sogar Groot gelungen in Szene. Zuzusehen, wie die Guardians-Familie zusammenhält, füreinander kämpft und einsteht, ist nicht nur herzerwärmend, es bringt eben die Qualitäten zurück, die auch die Avengers ausgezeichnet haben, und die den Filmen des Franchise seither fehlen.
Handwerklich ist dies durchweg beeindruckend und fantastisch gemacht. James Gunn bleibt dem wilden Aussehen der fremden Figuren und Welten, den Farben und der musikalischen Untermalung mit vielen Rock-Songs ebenso treu wie seinen ausgefallenen Perspektiven und vielen Zeitlupen. All das wirkt stimmig und lockert die an sich ernste Story willkommen auf. Die läuft am Ende bedauerlicherweise erneut auf ein Actionspektakel mit vielen Figuren und Parteien, gesichtslosen Horden an Widersachern und unzähligen Explosionen hinaus, das zwar visuelle Bonbons bietet, aber nicht einmal halb so mitreißend ausfällt wie Rockets eigene Geschichte, die dem Publikum beinahe das Herz bricht. Mit Warlock, dem High Evolutionary, der goldenen Hohepriesterin Ayesha, Kraglin Obfonteri und Cosmo gibt es darüber hinaus schlicht zu viele Figuren, die allesamt beschäftigt werden (wollen). Was die schieren Szenen anbelangt, gelingt das dem Drehbuch zwar, inhaltlich notwendig sind diese aber nicht immer, wobei auffällt, dass manche Figuren inhaltlich nicht vorankommen. Wollte man Guardians of the Galaxy Vol. 3 inhaltlich um 30 Minuten straffen, wäre das mit wenigen Änderungen möglich und man könnte sich dennoch die Szenen während und nach dem Abspann behalten.
Doch das sind Kritikpunkte, die den Spaß beim Zusehen am Ende kaum mindern. Guardians of the Galaxy Vol. 3 fühlt sich an wie eine letzte Achterbahnfahrt mit einer Gruppe von Außenseitern, die sich entgegen aller Erwartungen in die Herzen der Zuschauer katapultiert haben. Sie dabei zu begleiten, ist oftmals amüsant, manchmal ausgesprochen witzig und mitunter durchaus packend. Vor allem aber macht es merklich Spaß und stimmt beinahe wehmütig, dass dies wohl ihr letztes Abenteuer, wenigstens in der Konstellation bleiben wird. Es ist eines, an das man sich gern erinnern wird – und an dem sich die kommenden MCU-Filme werden messen lassen müssen.
Fazit:
Auch auf Grund der vielen, teils zu vielen Figuren, ist James Gunns dritter Guardians-Film länger, als er sein müsste und überdies mit Momenten angereichert, die nicht auf Grund ihrer inhaltlichen Notwendigkeit enthalten sind, sondern um Fans zu entzücken – und weil die Verantwortlichen es sich schlicht leisten können. Aber ebenso wie das durchweg tolle Design und die erstklassig komponierten Bilder sorgen eben diese Szenen für eine gelungene Stimmung, insbesondere bei Fans der Reihe. Guardians of the Galaxy Vol. 3 lässt dieses Team mit einem gelungenen, persönlichen Abenteuer nochmals glänzen und erzählt mit Rockets Geschichte und seinen Rückblicken die beste Story des MCU seit Endgame. Auch dank eines vielversprechenden Bösewichts, dessen Konflikt tiefer geht, als auf den ersten Blick erkennbar. Handwerklich tadellos und eindrucksvoll, ist der Abschied dieser Guardians mehr als man erhoffen konnte, selbst wenn es mit dem überlebensgroßen Finale mitunter auf den üblichen Superhelden-Pfaden wandelt. Es wird nicht einfach sein, in diese Fußstapfen zu treten. Auch nicht, wenn das Versprechen ganz am Ende des Abspanns eingelöst wird.