Der Pate 3 – Mario Puzos Der Pate, Epilog:
Der Tod von Michael Corleone [1990]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 8. Mai 2022
Genre: Drama / Krimi

Originaltitel: The Godfather: Part III (The Godfather Coda: The Death of Michael Corleone)
Laufzeit: 158 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1990
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Francis Ford Coppola
Musik: Carmine Coppola
Besetzung: Al Pacino, Diane Keaton, Talia Shire, Andy García, Sofia Coppola, Eli Wallach, Joe Mantegna, George Hamilton, Bridget Fonda, Raf Vallone, Franc D’Ambrosio, Donal Donnelly, Richard Bright, Helmut Berger, Mario Donatone, Vittorio Duse, Enzo Robutti


Kurzinhalt:

Im Jahr 1979 hat Michael „Don“ Corleone (Al Pacino), Kopf der gleichnamigen Mafia-Familie, sein Ziel beinahe erreicht, die Familie aus dem organisierten Verbrechen herauszuführen. Nach außen hin Wohltäter und Geschäftsmann, der viel Geld an Stiftungen spendet, ist er kurz davor, die Geldgeber der übrigen Mafia-Familien, die vor Jahrzehnten in Casinos investiert haben, auszuzahlen. Er selbst bietet Erzbischof Gilday (Donal Donnelly), der die Vatikanbank hochverschuldet hat, eine Summe von über einer halben Milliarde Dollar an, wenn der Vatikan ihm die Anteile an einer einflussreichen Immobilienfirma überschreibt. Aber nicht nur, dass sich im Vatikan Widerstand gegen das Vorhaben formiert, der Papst müsste die Übergabe selbst genehmigen. Michaels ehemalige Geschäftspartner wollen diese neue Verbindung für sich nutzen, während sich sein Neffe Vincent (Andy García) den Nachfolger des Corleone-Territoriums in New York, Joey Zasa (Joe Mantegna), zum Feind macht. Vincent hat große Pläne und sich außerdem in Michaels Tochter Mary (Sofia Coppola) verliebt. Da Michael weiterhin seine Ex-Frau Kay (Diane Keaton) nicht aus seinem Leben lassen kann und auch sein Sohn Anthony (Franc D’Ambrosio) nicht dem Pfad folgt, den er für ihn vorgesehen hat, ist seine Schwester Connie (Talia Shire) seine einzige Vertraute – bei deren Anblick er täglich Schuldgefühle empfindet für das Leid, das er über sie gebracht hat. Doch gerade, als sein Ausstieg aus dem organisierten Verbrechen beinahe vollzogen ist, zieht ihn ein Anschlag in jene Welt zurück …


Kritik:
Gleichwohl ebenfalls erfolgreich, und mit Nominierungen für die prestigeträchtigsten Filmpreise versehen, ist Der Pate 3 keine wirkliche Fortsetzung zu Francis Ford Coppolas Gangster-Epos. Der Regisseur selbst sieht die ersten beiden Filme als eine Einheit und Teil drei als eine Art Epilog, den er zum 30jährigen Jubiläum im Jahr 2020 neu zusammengestellt erstmals so präsentieren durfte, wie er ursprünglich gedacht war: Mario Puzos Der Pate, Epilog: Der Tod von Michael Corleone. Nach der ursprünglichen Kinoversion und dem von Coppola nach der Kinoveröffentlichung neu geschnittenen „Final Director’s Cut“, der neun Minuten länger war, ist die Epilog-Version nach Äußerung des Regisseurs nun nicht nur die endgültige Filmversion, sondern spiegelt diejenige wider, die er und Autor Mario Puzo im Sinn hatten.

Die neue Fassung präsentiert neben einem geänderten Beginn und einer anderen Endeinstellung auch die Geschehnissen dazwischen mitunter in anderer Zusammenstellung, was erklärt, weswegen manche Übergänge zwischen den Szenen nicht im Erzählfluss erscheinen, sondern mit Ab- und Aufblendungen gearbeitet wird. Hierüber sollte das Publikum hinwegsehen und sich stattdessen auf die Geschichte einlassen, die im Jahr 1979 ansetzt und wie zuvor die fiktive Familiengeschichte um Patriarch Michael Corleone mit wirklichen, historischen Ereignissen jener Zeit verknüpft. Inzwischen beinahe 60 Jahre alt, hat Michael sein ursprüngliches Zeil beinahe erreicht, die Familie aus dem organisierten Verbrechen zurück zu ziehen. Auch die Beteiligung an den Casinos nähert sich dem Ende. Seine Zukunft sieht er in der Internazionale Immobiliare, einer einflussreichen Immobiliengesellschaft, in welcher der Vatikan die größte Beteiligung hält. Da Erzbischof Gilday, verantwortlich für die Vatikanbank, Schulden in Höhe von beinahe 770 Millionen Dollar angehäuft hat, bietet Corleone ihm viel Geld im Gegenzug für die Anteile des Vatikans der Immobiliare. Es ist ein Geschäft, mit dem Corleone seine Kinder und deren Kinder absichern könnte, legal und fernab der Geschäfte der Mafia. Aber nicht nur, dass sich im Vatikan Widerstand regt und die Übergabe der Anteile durch den schwerkranken Papst abgesegnet werden müsste, die übrigen Mafia-Familien, die in die Casinos investiert hatten, wollen ebenfalls bei der Immobiliare einsteigen und so ihre Gewinne reinwaschen.

Der Pate 3 präsentiert wie die ersten Filme eine komplexe Hintergrundgeschichte, bei der nicht alle Zusammenhänge auf eine Weise vorgestellt werden, dass man sie sofort erkennen kann. Aber insbesondere durch die Verflechtungen mit den wirklichen Skandalen jener Zeit, wie ein Bankenzusammenbruch in Italien zu Beginn der 1980er-Jahre oder der frühzeitige Tod des Papstes Johannes Paul I. kurz nach dessen Papstwahl, gewinnt Francis Ford Coppolas Erzählung eine greifbare Dynamik. Dem gegenüber steht der weitere Werdegang der Familie Corleone, angefangen mit der öffentlichen Wahrnehmung Michaels, der sich in Stiftungen einbringt und viel Geld spendet, was ihm Ehrungen und einen Orden der Katholischen Kirche einbringt. Dass dieses öffentliche Engagement Michaels seiner Vereinsamung und seinem schlechten Gewissen geschuldet ist, dadurch, dass er selbst seinen Bruder hat ermorden lassen, muss man sich erschließen. Seinen Gemütszustand legt der Film erst so spät offen, dass man die Zusammenhänge leicht übersehen kann. Gleichzeitig ist Michael zunehmend isoliert. Sitzt er wie sein Vater einst zu Beginn nach einem Gespräch mit seiner Ex-Frau Kay im Sessel seines Arbeitszimmers, erinnert der Moment an den Beginn der Reihe, wenn Vito Bittsteller empfing. Doch Michael ist auf sich gestellt und nicht von Vertrauten umgeben. Nach außen hin ehrenwerter Geschäftsmann, ist er seinem Ziel, die Mafia hinter sich zu lassen, so nahe wie nie – bis ihn zuerst das Verhalten des unehelichen Sohns seines Bruders Sonny, Vincent, weiter an die Mafia bindet und ein Anschlag in Atlantic City ihn wieder in das organisierte Verbrechen hineinzieht. Von seiner Rückkehr in diese Welt ist niemand so sehr enttäuscht wie er selbst.

So interessant es ist, diese Entwicklung zu beobachten, sie ist im Grunde nach dem ersten Drittel des Films bereits abgeschlossen. Der Rest beschäftigt sich mit dem Aufstieg Vincents, der sich schnell zum legitimen Nachfolger des Paten Don Corleone entwickelt und dessen Verwandlung nicht nur in seinem eingangs hitzköpfigen Verhalten, sondern auch optisch in Bezug auf Kleidung und Frisur erkennbar ist. Seine größte Hürde auf dem Weg, der neue Anführer der Familie zu werden, ist seine Beziehung zu seiner Cousine und Michaels Tochter Mary, die ebenfalls in ihn verliebt ist. Die Darbietung von Sofia Coppola sorgte bereits bei der ursprünglichen Veröffentlichung für Kritik und tatsächlich ist sie auch in der umstrukturierten Fassung weiter der größte Schwachpunkt. Inwieweit das auf die schauspielerischen Fähigkeiten der Oscar-prämierten Drehbuchautorin und Filmemacherin zurückzuführen ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt, denn das Drehbuch ihres Vaters Francis Ford Coppola und von Mario Puzo gibt der Darstellerin nicht wirklich etwas zu tun. Zwar schmachtet Mary Vincent an, doch scheint diese Anziehung überwiegend einseitig und eine Chemie miteinander entwickeln beide nie. Positioniert sich Michaels Sohn Anthony klar gegen die verbrecherischen Machenschaften der Familie, wird nie geklärt, wie Mary, die in Michaels Gunst am höchsten steht, darüber denkt. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, sie als treibende Kraft hinter Michaels Bestrebungen, in die Legalität zu kommen, zu etablieren. Doch eine solche Rolle schreibt Der Pate 3 Mary nicht zu und fordert sie überdies kaum.

Auch wenn die Geschichte mit ihren zwei Handlungsbögen um den Macht ergreifenden Joey Zasa und Michaels Verstrickungen im Vatikan facettenreich genug wäre, da sie voneinander losgelöst sind, erscheint die Handlung nicht ansatzweise so komplex wie bei den vorangegangenen Filmen. Auch ist Michaels persönliche Entwicklung im Grunde früh abgeschlossen und sein Wiedereinstieg in das Geschäft der Mafia nie vollständig, sondern auf ein Nicken beschränkt. Sieht man dies tatsächlich als Epilog, der die ursprüngliche Geschichte abschließt, anstatt sie weiterzuerzählen, funktioniert das besser, denn als Fortsetzung. Gleichzeitig offenbart die Story viele Lücken wie zwischen dem Finale und der letzten Einstellung und auch, was aus Vincent wird, erfährt das Publikum bedauerlicherweise nicht. Wie sich die Ereignisse nach der Oper in Palermo auf Michael persönlich auswirken, wäre spannender zu beobachten, als die Verstrickungen im Vatikan, die schließlich keine wirkliche Auswirkung haben. Insofern legt Der Pate 3 mitunter ein größeres Augenmerk auf einen weniger packenden Aspekt seiner Handlung und lässt so viel Potential der Figur ungenutzt.


Fazit:
Dass Charaktere wie der von Robert Duvall gespielte Tom Hagen nicht mehr dabei sind, ist ein schmerzlicher Verlust und sieht man die vielen Parallelen zwischen der Erzählung hier und Der Pate [1972], erscheint der Film beinahe wie eine Nacherzählung. Angefangen von der Struktur mit der Familienfeier zu Beginn, der Weigerung des Sohns des Paten, für ihn tätig zu sein, dem Anschlag auf Michaels Leben, Vincents Rache oder der konzertierten Aktion beim Finale. Wie gehabt ist die Inszenierung eher statisch, wirkt aber noch zurückhaltender als zuvor. Dabei kommen die Beteiligten, allen voran Al Pacino, Diane Keaton und Andy García toll zur Geltung, mitreißend geraten aber selbst bedrohliche Momente nie. Inhaltlich facettenreich, klammert die Erzählung die womöglich interessantere Entwicklung von Michael Corleone, die später stattfindet, zu Gunsten einer fiktionalen Nacherzählung wahrer Ereignisse aus. Diese Verzahnung hat in den ersten beiden Teilen sehr gut funktioniert, erscheint hier aber eher gewollt, denn natürlich. Als Zusatz zu den ersten beiden Filmen ist Francis Ford Coppolas Der Pate, Epilog: Der Tod von Michael Corleone ein erneut weitläufig gesponnenes Gangsterepos, das weder den Ausstieg der Figur aus der Kriminalität, noch ihre Rückkehr vollends in Szene setzt. So ist das zwar ein Abschluss für den Paten Michael Corleone, aber weder ein solch ergreifender, noch gelungener, wie man sich wünschen würde.