The Beach House – Am Strand hört dich niemand schreien! [2019]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Lars Adrian  |   Hinzugefügt am 12. Oktober 2020
Genre: Horror / Fantasy

Originaltitel: The Beach House
Laufzeit: 88 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jeffrey A. Brown
Musik: Roly Porter
Besetzung: Liana Liberato, Noah Le Gros, Jake Weber, Maryann Nagel, Michael Brumfield, Matt Maisto


Kurzinhalt:

Vor Kurzem hatte Randall (Noah Le Gros) das College ohne Abschluss verlassen und sich von seiner Freundin Emily (Liana Liberato) vorübergehend getrennt, die dort einen Abschluss in organischer Chemie anstrebt. Um sich wieder zu versöhnen und Pläne für die Zukunft zu besprechen, möchten die beiden ein gemeinsames Wochenende in einem Strandhaus verbringen, das Randalls Vater gehört und in einem abgelegenen idyllischen Küstenort liegt.
Kaum angekommen, stellen sie fest, dass das Haus bereits von einem älteren Paar bewohnt wird, das seit vielen Jahren mit Randalls Familie befreundet ist. Mitch (Jake Weber) hofft, dass seine schwerkranke Frau Jane (Maryann Nagel) hier noch einmal eine schöne Zeit verbringen kann, und sie auf andere Gedanken kommen.
Als Randall den Vorschlag macht, eine Tafel Marihuana-Schokolade unter sich aufzuteilen und einen lockeren Abend zu verbringen, stimmen Mitch und Jane trotz Bedenken von Emily zu. Währenddessen legt sich ein dichter Nebel vom Meer kommend auf den Strand, das Haus und den ganzen Ort, der die Umgebung in ein faszinierendes fluoreszierendes Farbenspiel taucht.
Am nächsten Morgen nehmen Emily und Randall eine bedrohliche Stille wahr, und sie sind unsicher, ob die Veränderung von Janes Zustand durch den Cannabis-Konsum verursacht wurde, oder ob ein anderes Geheimnis dafür verantwortlich ist, das sie alle in tödliche Gefahr bringt.


Kritik:
Wer als Genrekenner den deutschen Zusatztitel von The Beach House liest, assoziiert damit unweigerlich die berühmte Tagline „Im Weltall hört dich niemand schreien“ des Meisterwerks Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt [1979]. Sieht man sich anschließend noch den Trailer von Jeffrey A. Browns Debütfilm an, der schweißtreibende Action suggeriert, werden Erwartungen geschürt, die der mit wenig Geld realisierte Film freilich nicht erfüllen kann.
Aus Sicht des Verleihs ist es verständlich, dass mit den genannten Marketing-Maßnahmen ein breites Publikum für den Kinobesuch gewonnen werden soll, obwohl dadurch die eine oder andere Enttäuschung riskiert wird.
The Beach House ist kein aufwändig gemachter Science-Fiction-Horror-Film im Stile von Das Ding aus einer anderen Welt [1982] oder Die Körperfresser kommen [1978], sondern ein minimalistisches, über weite Strecken kammerspielartiges Drama, dessen Augenmerk zunächst darauf gerichtet ist, die unterschiedlichen Persönlichkeiten und Motivationen seiner Figuren herauszuarbeiten und einige tiefer gehende Fragen zu stellen.

Die Charakterisierungen und Dialoge kommen dabei leider nicht immer ohne Klischees aus. Gerade der von Noah Le Gros blass verkörperte Randall ist von Beginn an unsympathisch und bietet kaum Identifikationsmöglichkeiten. Liana Liberato kann deutlich mehr Akzente setzen, auch wenn ihr der langsame Erzählfluss und die kurze Laufzeit wenige Gelegenheiten geben. Jake Weber (Medium – Nichts bleibt verborgen [2005-2011], Homeland [2011-2020] und Midway – Für die Freiheit [2019]) und Maryann Nagel verleihen der Geschichte den emotionalen Ankerpunkt, da das Schicksal ihrer Rollen berührt, und die erfahrenen Darsteller in Mimik und Gestik sehr sparsam offenkundig lange währenden Schmerz überzeugend vermitteln.
Dennoch verläuft die Handlung in vertrauten Bahnen ohne wirkliche Überraschungen.
Dass The Beach House letzten Endes funktioniert, liegt maßgeblich an der kompetenten Inszenierung, die mit sorgfältig ausgewählter Bebilderung, durchdachtem Tondesign und suggestiver Musik stetig an der Spannungsschraube zieht, so dass man nicht nur die Gefahr von Außen, sondern auch die Gefühlswelt der Charaktere als brodelnde Bedrohung unter der Oberfläche empfindet.

Nach rund 50 Minuten verlagert sich das Geschehen hin zu dem beworbenen Überlebenskampf gegen einen kaum greifbaren Gegner, ohne dass der Film dem Szenario tatsächlich neue Ideen abgewinnen kann, und das geringe Budget als limitierender Faktor sichtbar wird. Es bleibt bei wenigen Schauplätzen, und ein Großteil spielt sich im Dunkeln ab.
Immerhin gefallen die handgemachten Effekte, selbst wenn sie spärlich gesät sind.

Zu Beginn des Jahres war mit Die Farbe aus dem All [2019] ein auf den ersten Blick ähnlich gelagertes Werk zu sehen. Jener – auf einer Erzählung von H. P. Lovecraft basierende – Film profitierte von einer originellen psychedelischen Optik und dem einmal mehr von der Leine gelassenen Nicolas Cage.
Im direkten Vergleich ist Die Farbe aus dem All zugegebenermaßen unterhaltsamer, The Beach House aber der spannendere und in gewissen Sinne auch „realistischere“ Genre-Vertreter.


Fazit:
The Beach House kann sich nicht entscheiden, ob es ein Charakterdrama oder Horror-Thriller sein will. Zudem wirkt es etwas aufdringlich, wie sich der Film als Parabel auf Krebserkrankungen verstanden wissen will. Während die Botschaft ohne Zweifel ein wichtiges Anliegen ist, wäre ein subtilerer Ansatz, diese zu vermitteln, möglicherweise nachhaltiger gewesen.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die gute Regie und eine ansprechend kurze Länge durchaus für Spannung sorgen und man erwartungsvoll gegenüber Jeffrey A. Browns zukünftigen Werken sein darf.