Top Gun - Sie fürchten weder Tod noch Teufel [1986]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 24. Mai 2020
Genre: Action

Originaltitel: Top Gun
Laufzeit: 110 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1986
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Tony Scott
Musik: Harold Faltermeyer
Besetzung: Tom Cruise, Kelly McGillis, Val Kilmer, Anthony Edwards, Tom Skerritt, Michael Ironside, John Stockwell, Barry Tubb, Rick Rossovich, Tim Robbins, James Tolkan, Meg Ryan


Kurzinhalt:

Der Pilot der US Navy, Pete „Maverick“ Mitchell (Tom Cruise), wird zusammen mit seinem nur Goose (Anthony Edwards) genannten Ko-Piloten eingeladen, die Elite-Flugschule ‚Top Gun‘ zu besuchen, wo die besten Piloten eine Reihe von Kampfübungen trainieren und gegeneinander antreten. Wer es hier an die Spitze schafft, ist eine lebende Legende. Dass Maverick und Goose kurz zuvor als eine der ersten eine MiG‑28 aus nächster Nähe gesehen haben, hat bei ‚Top Gun‘ bereits die Runde gemacht. Während Maverick an der zivilen Ausbilderin „Charlie“ (Kelly McGillis) interessiert ist, ist sie darauf aus zu erfahren, was er ihr über die MiG erzählen kann. So talentiert Maverick auch ist, sein Ausbilder „Jester“ (Michael Ironside) und ‚Top Gun‘-Leiter „Viper“ (Tom Skerritt) erkennen früh, dass er sich mit seiner überheblichen Art selbst im Wege steht und vergisst, dass die Piloten ohne das Team nicht gewinnen können. Darum baut der ebenso ehrgeizige „Iceman“ (Val Kilmer) seine Führung im Wettkampf weiter aus, ehe ein Unglück Maverick aus der Bahn wirft …


Kritik:
Top Gun - Sie fürchten weder Tod noch Teufel ist ein Film, wie selbst Hollywood ihn heutzutage nicht mehr hervorbringt. Regisseur Tony Scott bezeichnete den damals überraschenderweise erfolgreichsten Film des Jahres als Weltflucht in Reinform. Man könnte auch sagen, dass die Geschichte um den jungen Piloten Pete „Maverick“ Mitchell, der die Möglichkeit bekommt, sich an einer Elite-Flugschule der US Navy zu beweisen, nichts anderes als ein überlanger Mix aus einem Militärwerbe- und einem Musikvideo darstellt. Das klingt negativ, aber am Ende muss man sich fragen: Wenn es so unterhaltsam ist, was ist dagegen einzuwenden?

Kurz nachdem die Produzenten Don Simpson und Jerry Bruckheimer mit Beverly Hills Cop - Ich lös’ den Fall auf jeden Fall! [1984] für eine der erfolgreichsten Action-Komödien gesorgt hatten, wiederholen sie in Top Gun ihren Erfolg mit einer ähnlichen Strategie. Mit einer Mischung aus leichtfüßiger Unterhaltung und halsbrecherischer Action sprechen sie ein großes Publikum an und das obwohl, oder gerade weil die Besetzung hauptsächlich aus markanten Darstellern besteht. Tatsächlich gibt es nur zwei Frauen mit Sprechrollen, die beide jedoch nicht allzu detailliert ausgearbeitet sind. Im Zentrum steht spürbar der von Tom Cruise passend verkörperte, halsbrecherische Navy-Pilot Maverick. Der steht sich gewissermaßen am meisten selbst im Weg, wie sein Vorgesetzter ihm nach der Eröffnungssequenz vorhält, in der das Publikum bei einer Standpauke im Schnelldurchlauf alles erzählt bekommt, was es über den jungen Piloten wissen muss. Er hat Talent, jedoch Schwierigkeiten damit, im Team zu agieren, weswegen er auf der Karriereleiter nicht so weit gekommen ist, wie er hätte kommen können. Dennoch wird er zusammen mit seinem Ko-Piloten Nick „Goose“ Bradshaw in die Elite-Flugschule ‚Top Gun‘ geladen, wo er sich mit den Besten der Besten messen darf.

Dort trifft er in „Iceman“ auf einen ebenso fähigen Piloten, mit dem er sich aber nicht versteht, fällt beinahe seiner eigenen Überheblichkeit zum Opfer und verliebt sich – wie soll es anders sein – in die zivile Ausbilderin Charlotte „Charlie“ Blackwood. Zwar ist im ungewissen Verbleib seines Vaters, der ebenfalls eine Flieger-Legende war, zumindest der Hauch einer Charakterisierung von Maverick erkennbar, wirklich irgendwohin führt dieser Storyaspekt jedoch nicht. Mehr gibt es über den Inhalt von Top Gun an sich nicht zu erzählen und ehrlicherweise ist die Story nicht der Grund, sich den Film anzusehen. Aus heutiger Sicht mag das inhaltlich arg dürftig sein und es wäre verkehrt, Tony Scotts Film hierfür nicht zu kritisieren. Man muss ihm jedoch auch zugestehen, dass das selbstgefällige Grinsen, das Maverick die erste Filmhälfte über konstant auf den Lippen trägt, sich gewissermaßen auf das Publikum überträgt und der eingängige 1980er-Jahre Soundtrack ungemein dazu beiträgt, eine lockere Atmosphäre zu erschaffen. Zusammen mit den sehenswerten, Adrenalin geladenen Luftaufnahmen, ergibt dies eine ebenso leichtfüßige wie zugängliche Stimmung.

Ernstnehmen kann man die mit Testosteron vollgepumpten Sprüche und Wortwechsel dabei kaum und aus heutiger Sicht gesellt sich zu alledem ein nostalgisches Flair an eine Zeit, die rückblickend unbeschwerter scheint, als sie damals war. Bedauerlich ist allerdings, welches Potential der Film ungenutzt lässt in Anbetracht der einmaligen Aufnahmen, die mit Unterstützung der US Navy entstanden sind. In den ersten und letzten Minuten bekommt das Publikum jeweils einen Einsatz gegen einen militärischen Gegner zu sehen, der namentlich nicht genannt wird. Die gezeigten Aufnahmen sowohl der Luftkämpfe selbst als auch aus den Cockpits heraus, sind auch heute noch beeindruckend und vermitteln ein unvergleichliches Gefühl. Aber sie sind inhaltlich vom Rest der Geschichte auf eine Art und Weise losgelöst, dass sie schlicht nicht notwendig wären und auch in einem größeren Kontext, beispielsweise einer globalen Krise im Film, keinen Sinn ergeben. Sie sind schlichtweg da, damit der Film einen temporeichen Einstieg vorweisen kann und ein Finale, bei dem die Waffen der Flieger tatsächlich zum Einsatz kommen. Das ist selbst als Gesamtpaket an sich zu wenig – aber nichtsdestoweniger unterhaltsam.


Fazit:
Dass die US Navy nach der Veröffentlichung des Films mit Bewerbungen überschüttet wurde, überrascht nicht. Die Piloten und alles um sie herum wird in einem derart strahlenden Licht gezeichnet, dass man sich des Eindrucks eines Werbevideos nicht erwehren kann. Hinzu kommen die prominent eingespielten Songs, die sich teilweise jedoch auffällig wiederholen, und die generelle Optik von Filmemacher Tony Scott, der die kalifornische Hitze in auffälligen Farbfiltern zur Geltung bringt. Top Gun - Sie fürchten weder Tod noch Teufel ist ein handwerklich ebenso effektiver wie sehenswerter Film, dessen Actionszenen immer noch funktionieren. Die grundlegend sympathischen Figuren überzeugen zwar dank der dahinterstehenden Stars, die Charaktere entpuppen sich jedoch wie die Story selbst als kaum tragfähig. Dank der selbstbewussten Präsentation, des gelungenen Unterhaltungswerts und der ansteckenden Atmosphäre, kann man das verzeihen, solange man einen persönlichen Draht zu den 80er-Jahren hat. Ohne diesen Nostalgiefaktor, treten die genannten Kritikpunkte umso stärker hervor. Aber das heißt nicht, dass man hier keinen Spaß haben kann. Im Gegenteil.