Blumhouse präsentiert: Wahrheit oder Pflicht [2018]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 7. Mai 2018
Genre: Horror / Fantasy / Thriller

Originaltitel: Truth or Dare
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2018
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jeff Wadlow
Musik: Matthew Margeson
Darsteller: Lucy Hale, Tyler Posey, Violett Beane, Sophia Ali, Nolan Gerard Funk, Landon Liboiron, Sam Lerner, Morgan Lindholm, Gary Anthony Williams, Hayden Szeto, Brady Smith, Aurora Perrineau


Kurzinhalt:

Es ist das Abschlussjahr von Olivia (Lucy Hale), ihrer besten Freundin Markie (Violett Beane) und der Gruppe, die sich um die jungen Frauen in der Wohngemeinschaft gebildet hat. Für ihr letztes Spring Break fahren sie nach Mexiko und verbringen dort eine tolle Zeit. Am letzten Abend trifft Olivia, die heimlich in Markies Freund Lucas (Tyler Posey) verliebt ist, an einer Bar den mysteriösen Carter (Landon Liboiron). Er lädt die Gruppe auf eine andere Party ein. In einer verlassenen Kirchenruine beginnen sie das Spiel „Wahrheit oder Pflicht“, das schnell außer Kontrolle gerät. Zurück in der Stadt müssen sie feststellen, dass eine böse Macht das Spiel kontrolliert – mit tödlichen Konsequenzen, wenn jemand nicht die Wahrheit sagt oder die ihm als „Pflicht“ gestellte Aufgabe nicht erfüllt. Als die ersten Mitspieler der Clique auf grausame Weise das Zeitliche segnen, machen sich Olivia, Markie und Lucas daran, das Spiel zu beenden. Aber die Aufgaben werden immer tödlicher und die Geheimnisse, die ans Licht kommen, drohen die Freundschaften zu zerstören …


Kritik:
Der kleine Horror-Thriller Blumhouse präsentiert: Wahrheit oder Pflicht fühlt sich an, als würde man einen Spieleabend mit Freunden besuchen, nur um festzustellen, dass diese stets dasselbe Spiel spielen wollen, obwohl man nach der ersten Runde bereits festgestellt hat, wer immer gewinnt. Das Problem daran ist nur, dass hier die menschlichen Mitspieler am Ende die Verlierer sind und das Publikum an sich mit ihnen mitfiebern sollte. Dass Regisseur Jeff Wadlow statt seine Spielregeln nach und nach zu enthüllen, sie recht spät zu Beginn des letzten Drittels geballt in einem langen Monolog offenbart, macht es nicht wirklich besser.

Dabei beginnt der Genremix gar nicht so uninteressant, auch wenn sich die Autoren unverhohlen bei allen möglichen erfolgreichen Ideengebern bedienen. Im Zentrum stehen Olivia und ihre Freunde, die zu einem letzten Spring Break nach Mexiko fahren. Dort angekommen haben sie eine tolle Zeit, bis Olivia am letzten Abend auf den zwielichtigen Carter trifft, der die Clique in eine abgelegene Ruine führt, wo sie eine Runde „Wahrheit oder Pflicht“ spielen. Erst im Nachhinein verrät Carter Olivia, dass das Spiel ein Fluch ist – wer lügt, obwohl er „Wahrheit“ gewählt hat, oder seine „Pflicht“ nicht erfüllt, stirbt. Ebenso, wer sich weigert, mitzuspielen. So dauert es nicht lange, bis Olivias Freundeskreis immer kleiner wird und sich die Verbliebenen auf die Suche machen, den Fluch zu brechen.

Das klingt, als könne aus der Idee ein ganz unterhaltsamer Horrorfilm werden, selbst wenn das Drehbuch weit weniger Komödie ist, als die Macher vermutlich beabsichtigt hatten. Man merkt Jeff Wadlows Umsetzung dabei zwar merklich an, dass er darum bemüht ist, das Flair des Genreklassikers Scream [1996] mit der Atmosphäre von The Ring [2002] zu verschmelzen; gerecht wird er jedoch keinem von beiden auch nur annähernd. Dabei gelingt die leichtfüßige Stimmung auf dem Trip nach Mexiko durchaus und schlägt ebenso unvermittelt ins Gegenteil um. Dass die Clique die üblichen Charaktere zu bieten hat, die Alphamännchen, die sich stets behaupten wollen oder den unangenehmen Kerl, der sich ständig selbst einlädt und die unpassendsten Kommentare ungefragt beisteuert, erzeugt merklich Charme. Auch dass gerade die moralisch so integre Olivia wiederholt in ein Dilemma gestürzt wird, macht aus erzählerischer Sicht Sinn.

Aber gerade die unheimlichen Schreckmomente, wenn die Kandidaten nacheinander vor die Wahl „Wahrheit oder Pflicht“ gestellt werden, laufen immer nach demselben Schema ab. Sie hören entweder eine verzerrte, tiefe Stimme, oder sehen in einer Art Vision Menschen um sie herum, das Gesicht zu einer Fratze verziehen und mit eben dieser Stimme sprechen, die immer dasselbe fragt: „Wahrheit oder Pflicht?“. Die Stimme erinnert bereits beim ersten Mal an einen billigen Effekt aus bekannten Fantasy-TV-Serien und erscheint, je häufiger man sie hört, nur peinlich. Untermalt wird das stets mit lauten Toneffekten oder einem basslastigen Musik-Cue, was nicht heißt, dass es nicht unheimlich wäre, nur ist es durchweg vorhersehbar.
Immerhin, und dies sei Wahrheit oder Pflicht hoch angerechnet, verhalten sich die jungen Erwachsenen lange Zeit fernab der üblichen Klischees. Sie tun dies, was man an ihrer Stelle ebenfalls tun würde und stellen auch die richtigen Fragen. Insofern ist es nur logisch, dass sie sich entscheiden, ausschließlich „Wahrheit“ zu spielen, da bei Pflicht der Einsatz mitunter deutlich höher ist.

Was eingangs wie ein fundamentaler Fehler im Konzept der Story aussieht, umgehen die Autoren geschickt, obwohl die Erklärung, weshalb man nicht ständig „Wahrheit“ wählen kann, recht dürftig ist. Dass mittendrin die Regeln geändert werden, schadet dem Ambiente des Horror-Thrillers ebenso wie die Tatsache, dass wie bereits erwähnt die Mythologie in einer einzigen Szene erklärt wird. Es erweckt den Eindruck, als hätten die Filmemacher nicht gewusst, wie sie die Figuren die Hintergründe auf eigene Faust hätten herausfinden lassen können.

Handwerklich ist Wahrheit oder Pflicht durchweg routiniert und tadellos eingefangen. Auch sind die Momente, in denen die Figuren – nur selten überraschend – ihr frühes Ende finden, nicht so blutig oder grausam inszeniert, wie es viele andere Filme tun würden, was Fans von splattrigem Horror allerdings enttäuschen wird. Wenn einen Jeff Wadlows Film nichts anderes lehrt, dann dass man bei einem Trip nach Mexiko keinem Fremden in die abgesperrte und mit „Betreten verboten“ beschilderte Ruine einer Kirche folgen sollte, um dort in gruseliger Atmosphäre ein Spiel zu spielen. Andererseits, an sich sollte man das niemanden lehren müssen.


Fazit:
Dass hier bekannte und prägende Genrevertreter wie Scream, The Ring und auch Final Destination [2000] Pate standen, ist offensichtlich und nicht von vornherein ein Kritikpunkt. Doch es ist bedauerlich, dass es Filmemacher Jeff Wadlow nicht gelingt, in seinem angenehm kurzen Horror-Thriller auch nur für einen Moment das Publikum vergessen zu lassen, dass man mit einem der vorgenannten Filme vermutlich eine bessere Zeit verbringen würde. Blumhouse präsentiert: Wahrheit oder Pflicht ist kein schlechter Film und nicht zuletzt auch angesichts des kleinen Budgets bemerkenswert gelungen inszeniert. Vor allem eingangs ist das stellenweise durchaus gruselig, selbst wenn der jeweilige Szenenaufbau kaum oder gar nicht überrascht. Das heißt nicht, dass man sich hier nicht unterhalten lassen kann und mit dem richtigen Publikum wird es nie langweilig. Aber das in seinen Eckpunkten dürftig konzipierte und mit einem klischeehaft mystischen Hintergrund bedachte Spiel verliert bereits ab der zweiten Runde merklich an Reiz. Und wenn die Mitspieler ohnehin nicht gewinnen können, macht auch das Mitfiebern wenig Spaß. Immerhin: Die beste Idee heben sich die Macher für den (nicht ganz überraschenden, aber) gelungenen Schlusskniff auf.