Thor: Tag der Entscheidung [2017]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. Oktober 2017
Genre: Science Fiction / Action / Fantasy / Komödie

Originaltitel: Thor: Ragnarok
Laufzeit: 130 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2017
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Taika Waititi
Musik: Mark Mothersbaugh
Darsteller: Chris Hemsworth, Cate Blanchett, Mark Ruffalo, Tom Hiddleston, Idris Elba, Jeff Goldblum, Anthony Hopkins, Tessa Thompson, Karl Urban, Jaimie Alexander, Taika Waititi, Clancy Brown, Ray Stevenson, Sam Neill


Kurzinhalt:
Als Donnergott Thor (Chris Hemsworth) entdeckt, dass seine Heimat Asgard in Gefahr schwebt, sucht er mit seinem Halbbruder Loki (Tom Hiddleston) ihren Vater Odin (Anthony Hopkins) auf. Der offenbart ihnen, dass sich der Untergang ihrer Welt, Ragnarök, nicht wird aufhalten lassen. Verantwortlich wird die Göttin des Todes sein, Hela (Cate Blanchett). Als diese Loki und Thor in ihrem ersten Kampf besiegt, verschlägt es Thor auf den Planeten Sakaar, wo der Grandmaster (Jeff Goldblum) Gladiatorenspiele abhält. Thor, gefangengenommen von Valkyrie (Tessa Thompson), soll darin als Kämpfer auftreten. Ihm winkt die Freiheit, wenn er niemand geringeres als den Hulk (Mark Ruffalo) besiegt. Unterdessen vereitelt Heimdall (Idris Elba) in Asgard Helas Pläne. Doch die Zeit wird knapp und das Ende scheint kaum aufzuhalten …


Kritik:
Wollte man angesichts der schieren Anzahl der Marvel-Comic-Filme seit Iron Man [2008] einen Überblick behalten, welche Figuren wo Auftritte hatten, es würde vermutlich ein halbes Lexikon füllen. Glücklicherweise erkennt Regisseur Taika Waititi für den dritten beinahe-Solo-Auftritt um den Hammer schwingenden Donnergott in Thor: Tag der Entscheidung, dass die Geschichte auch ohne ein detailliertes Vorwissen funktionieren sollte. Dass er sich außerdem entscheidet, eine Action-Komödie zu erzählen, ist der größte Glücksgriff von allen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass was geschieht, nicht ernst zu nehmen wäre. Wie kaum ein anderer Film im Marvel-Universum wagt es Thor: Tag der Entscheidung, etablierte Figuren dauerhaft zu verändern – oder gar Schlimmeres, wobei selbst der Tod in diesen Filmen nicht bedeuten muss, dass die Charaktere nicht wiederkehren können. Angesiedelt zwei Jahre nach den Ereignissen von Marvel's The Avengers 2: Age of Ultron [2015] erkennt Thor, Sohn von Odin, dass seine Heimat Asgard in großer Gefahr schwebt. Ragnarök, der Untergang, droht, sofern es ihm nicht gelingt, das Unvermeidliche abzuwenden. Auslöser ist niemand geringeres als Hela, die Göttin des Todes, die bei der ersten Konfrontation zwischen ihr, Thor und seinem Halbbruder Loki die Oberhand gewinnt. Ohne seinen Hammer Mjölnir strandet Thor auf dem Planeten Sakaar, wo er sich in einem Gladiatorenkampf mit dem Hulk messen soll, wenn er freikommen möchte.

Das klingt im ersten Moment weit weniger aufgeblasen als die Stories der letzten anderen Marvel-Filme und so ist es auch. Thor: Tag der Entscheidung ist geradlinig erzählt und springt erstaunlich selten zwischen dem Erzählstrang um Hela auf Asgard und Thor und dem Hulk auf Sakaar hin und her. Dass das Interesse der Zuschauer dennoch gehalten wird, liegt zum größten Teil am oft ziemlich schwarzen Humor. Insbesondere der Kurzauftritt eines anderen, erst kürzlich eingeführten Marvel-Helden gehört zu den Highlights des Films und zu dem wohl witzigsten Moment des gesamten Marvel-Comic-Universums. Einige Szenen dauern dabei zwar etwas länger als sie sollten und insgesamt ist der Film – wenn auch nie langweilig – gute 15 Minuten zu lang, doch dafür gelingt Regisseur Waititi eine tolle Balance zwischen lockeren und ernsten Momenten. Dank diesem Gleichgewicht erscheint das dritte Thor-Abenteuer auch frischer als Guardians of the Galaxy Vol. 2 [2017], obwohl beiden gemein ist, dass sie kaum auf der Erde oder in bekannten Umgebungen spielen.

Die leichtfüßig erzählte Story erweckt auch nicht den Anschein, als würde hier hauptsächlich der nächste Avengers-Einstand vorbereitet. Vielmehr stehen Thor und seine persönliche Entwicklung im Vordergrund. Dafür taucht das Drehbuch tiefer in die Hintergrundgeschichte um Asgard und seine Bewohner ein, als es in den bisherigen Thor-Filmen der Fall war. Hierfür ist ein gewisses Vorwissen für das Publikum zwar hilfreich, aber nicht unbedingt notwendig, um viele Punkte verstehen zu können. Gleichzeitig behält sich Thor: Tag der Entscheidung in vielen Bildern und Szenen jedoch ein Comic-Flair, als wären die Einstellungen im Stile klassischer Zeichenkunst zusammengestellt, in denen sich auch Einflüsse der nordischen Herkunft der Figuren widerspiegeln.
Visuell ist das nicht nur sehenswert, sondern gerade zum Finale hin durchweg als bildgewaltiges Spektakel umgesetzt. Der Kontrast zu den knalligen Neonfarben auf Sakaar und einem beinahe schon 1970er-Jahre geprägten Soundtrack könnten dabei kaum größer sein – doch der Spagat gelingt erstaunlich gut.

So besitzt der dritte Teil der Thor-Reihe nicht nur eine eigene Handschrift, es ist beinahe, als würde die Figur hier in gewissen Teilen neu erfunden. Dass Regisseur Taika Waititi dabei nicht nur die bestmögliche Art und Weise gefunden hat, die Geschichte zu erzählen, sondern sie kurzweilig und unbeschwert gestaltet, ist eine wahre Überraschung.
Wer den obligatorischen Übergang zum nächsten Film des umfassenden Marvel-Cinematic-Universe nicht verpassen möchte, sollte die Szene während des Abspanns abwarten. Wer bis ganz zum Schluss sitzen bleibt, wird mit einer weiteren belohnt, die zumindest augenscheinlich keine weiteren Auswirkungen haben wird.


Fazit:
Dass die Marvel-Comic-Filme ein eindrucksvolles Action-Feuerwerk versprechen, ist nicht neu. In dieser Hinsicht enttäuscht auch Thor: Tag der Entscheidung nicht. Unerwartet ist allerdings, dass Filmemacher Taika Waititi hier zwar nicht inhaltlich, aber stilistisch einen Neuanfang wagt. Seine Entscheidung, Thor als Fantasy-Komödie anzusiedeln, gelingt auch dank der tollen Besetzung. Chris Hemsworth ist ein Naturtalent und harmoniert mit Tim Hiddleston ebenso wie Jeff Goldblum. In den richtigen Momenten findet der Film zu seinen ernsten Themen zurück und sorgt so nicht nur für beste Unterhaltung, sondern auch für Thors bislang größtes und bestes Abenteuer. Die Bilder sind eine Wucht, die Atmosphäre geradezu ansteckend, so dass selbst – oder gerade – ein Publikum, das mit den bisherigen Thor-Filmen nicht viel anfangen konnte, hier auf seine Kosten kommen wird.
Dafür nimmt man auch in Kauf, dass der Film im Mittelteil etwas zu lang geraten ist. Immerhin: Langweilig wird es nie.