John Wick [2014]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 26. Juli 2015
Genre: Action

Originaltitel: John Wick
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Chad Stahelski, David Leitch
Musik: Tyler Bates, Joel J. Richard
Darsteller: Keanu Reeves, Michael Nyqvist, Alfie Allen, Willem Dafoe, Dean Winters, Adrianne Palicki, Omer Barnea, Toby Leonard Moore, Daniel Bernhardt, Bridget Moynahan, John Leguizamo, Ian McShane


Kurzinhalt:

Als Gangsterboss Viggo Tarasov (Michael Nyqvist) erfährt, dass sein Sohn Iosef (Alfie Allen) von seinem Geschäftspartner Aurelio (John Leguizamo) geschlagen wurde, fragt er nach, weshalb – nachdem er hört, wessen Auto Iosef geklaut hat, sagt er nur "Oh" und legt auf. Iosef hat John Wick (Keanu Reeves) bestohlen, einen der berüchtigtsten Attentäter, die die Welt je gesehen hat. Wick war früher für Tarasov tätig, hat die Organisation jedoch auf eigenen Wunsch verlassen. Jetzt zählt für Wick nur die Rache. Um an Iosef heranzukommen, muss er nicht nur an Tarasovs Männern vorbei, denn der hat ein Kopfgeld auf Wick ausgerufen, so dass andere Killer Wick ins Visier nehmen ...


Kritik:
John Wick anzuschauen ist, als wenn man jemand anderem dabei zusieht, wie die Person ein Videospiel spielt. Es ist nicht vollkommen langweilig, auch wenn man weiß, dass weder der Hauptfigur, noch dem Spieler etwas passieren kann und schon nach kurzer Zeit wiederholt sich das Geschehen, so dass es seinen Reiz verliert. Dabei hat Stunt-Fachmann Chad Stahelski, der hier seinen Regieeinstand feiert, wohl selbst erkannt, dass der Film inhaltlich wenig zu bieten hat und versucht, ihn als "Stil über Substanz"-Projekt zu vermarkten. Schade nur, dass auch der Stil nicht überzeugt.

Vom Konzept her erinnert das an schnell produzierte Actionreißer der 1980er- und 90er-Jahre, die insbesondere in ihrem Videothekenleben Zuschauer fanden. John Wick lebt zurückgezogen in seinem Haus, als eines Nachts drei maskierte Männer einbrechen, ihn zusammenschlagen und sein Auto stehlen. Sie tun noch etwas Anderes, das der Trailer vorwegnimmt, doch das sei hier nicht verraten. Auch nicht, weshalb John so viel damit verbindet. Am nächsten Tag macht sich John auf, die Männer zu finden, die ihm das angetan haben. Man sollte meinen, dass es ihm insbesondere sein 1969er Mustang angetan hat, der ihm gestohlen wurde und den er zurückbekommen will, doch irgendwie scheint John dieses Ziel wieder aus den Augen zu verlieren.

Der junge Mann, der Johns Auto gestohlen hat, ist der Sohn von Gangsterboss Viggo Tarasov – Johns ehemaligem Arbeitgeber. Was Junior nicht wusste, John Wick war einer der besten und gefürchtetsten Auftragskiller, ehe er sich entschied, sich zur Ruhe zu setzen. Was dann folgt, ist ebenso absehbar wie einfallslos: John Wick tötet alle, die ihm und seiner Rache im Weg stehen.
Die einzig interessanten Elemente an John Wick sind die Details der Gangsterwelt, die hier aufgebaut wird. Nicht nur, dass sich alle der Branche untereinander kennen, es gibt einen Reinigungsdienst, den John kontaktieren kann, um sich der Leichen in seinem Haus zu entledigen (Tarasovs erste Angriffswelle, um John zuvor zu kommen) und in der Stadt gibt es ein Hotel, das als neutraler Boden dient. Hier darf niemand seinen "Geschäften" nachgehen, es gibt einen Arzt, der die verwundeten Attentäter und Gangster versorgt und allerlei andere Annehmlichkeiten.

In Videospielmanier trifft John zuerst eine und dann immer eine weitere Welle von gesichtslosen Schergen Tarasovs, wird verwundet, lässt sich verarzten und ist danach so fit wie zuvor. Dass ihm nichts geschehen wird, nimmt der Film in den ersten Minuten bereits unglücklicherweise vorweg und angesichts seiner offensichtlichen Unverwundbarkeit, entsteht auch nie eine Bedrohung.
Bricht man es herunter, geht es in John Wick nur darum zuzusehen, wie ein durchtrainierter Keanu Reeves mit ähnlicher Körperbeherrschung wie in den Matrix-Filmen mit Messern und allerlei Waffen seine Gegner dahinmetzelt. Wird er gefangen genommen, jagen ihm die Bösewichte selbstverständlich keine Kugel in den Kopf, sondern lassen sich so viel Zeit, damit er sich befreien kann und auch John schaltet nicht sein eigentliches Ziel zuerst aus, sondern schießt erst auf die Personen daneben, damit sich die Geschichte noch etwas zieht.

So tappt der Film in jede Klischeefalle, die man sich nur vorstellen kann, aber nicht, um das Klischee vorzuführen oder damit zu spielen, sondern schlicht, da dem Drehbuch nichts anderes eingefallen ist. Die Zweikämpfe laufen sehr schnell ab und sind oft durch Schnitte unterbrochen, jeder einzelne Schuss produziert eine sichtbar computergenerierte Blutwolke und auch die Autocrashs und Explosionen stammen offensichtlich aus dem PC. Das ist dann auch der sichtbarste Unterschied zu den brachialen Filmen von einst: Damals war die Action wenigstens noch handgemacht.


Fazit:
Obwohl er in Unterzahl ist, hat John Wick stets die Oberhand. Er stürmt bis an die Zähne bewaffnet in einen Nachtclub, um zu Ende zu bringen, was andere angefangen haben. Wieso sollte man mit ihm mitfiebern? Wieso sollte man überhaupt einen Auftragskiller als Zuseher anfeuern? Sollte man sich nicht insgeheim wünschen, dass alle am Ende bekommen, was sie verdienen, Wick eingeschlossen?
Die Perspektiven sind stellenweise einfallsreich, aber nicht immer überlegt, manche Übergänge bei den Kämpfen (beispielsweise in Johns Hotelzimmer) scheinen zu fehlen und ein wirkliches Tempo entwickelt John Wick nie. Dass die Actionszenen nicht echt, sondern merklich computerunterstützt sind, macht es nicht besser. Die papierdünnen Charaktere und die nicht vorhandene Story runden einen Actionfilm ab, der nie zündet und der nie annähernd so cool ist, wie er glaubt zu sein. Angesichts der stilisierten Gewalt, die hier auch vom vermeintlichen Helden ausgeht, und der schieren Menge an Opfern, ist die FSK-Freigabe zudem eindeutig zu niedrig. Die Videospiele dieser Art sind immerhin auch alle erst ab 18 Jahren zugänglich.