Die Welt ist nicht genug [1999]

Wertung: 5.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. Januar 2014
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: The World Is Not Enough
Laufzeit: 128 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 1999
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Michael Apted
Musik: David Arnold
Darsteller: Pierce Brosnan, Sophie Marceau, Robert Carlyle, Denise Richards, Robbie Coltrane, Judi Dench, Desmond Llewelyn, John Cleese, Maria Grazia Cucinotta, Samantha Bond, Michael Kitchen, Colin Salmon, Goldie, David Calder, Serena Scott Thomas, Ulrich Thomsen


Kurzinhalt:
Nachdem James Bond (Pierce Brosnan) seine jüngste Mission beendet hat, kehrt er ins Hauptquartier des MI6 in London zurück und übergibt dem einflussreichen Ölmagnaten Sir Robert King (David Calder) dessen Bargeld, das er wiederbeschafft hat. Doch kurz darauf wird King Opfer eines Anschlags. Bonds Vorgesetzte M (Judi Dench), eine Jugendfreundin von King, leitet die Ermittlungen, um den Urheber des Attentats ausfindig zu machen. Nach Kings Tod scheint seine Tochter Elektra (Sophie Marceau) ins Visier der Attentäter gerückt zu sein. Der Terrorist Renard (Robert Carlyle), der Elektra vor Jahren entführt und misshandelt hatte, ist zurückgekehrt. Als M damals versuchte, Renard ausschalten zu lassen, wurde er zwar so schwer getroffen, dass er durch die Wunden keinen Schmerz mehr verspürt, aber nicht getötet.
Zwar kennt Bond das endgültige Ziel Renards noch nicht, die Tatsache, dass er waffenfähiges Kernmaterial an sich bringt, lässt allerdings Schlimmes vermuten. So sucht der Spion den zumindest oberflächlich integren Geschäftsmann Zukovsky (Robbie Coltrane) auf, um Informationen zu erlangen. Gemeinsam mit der Physikerin Dr. Christmas Jones (Denise Richards) macht er sich dann auf, Renard aufzuhalten. Doch Bonds Nähe zu Elektra entwickelt sich zunehmend zu einer Gefahr – für ihn ...


Kritik:
Bereits der sehr lange und actionreiche Teaser macht deutlich, dass in Die Welt ist nicht genug eine Figur stärker in den Mittelpunkt rückt, die bisher meist nur eine kleine Rolle gespielt hat. Die längeren Auftritte von Judi Dench als M veredeln den Thriller ebenso, wie die hochkarätigen Gegenspieler des toll aufgelegten Pierce Brosnan. Die Hintergrundstory gerät für die Agentenreihe überraschend persönlich, zumal das endgültige Ziel der Schurken bis kurz vor dem Finale unbekannt bleibt.

In seinen bisher 18 Leinwandabenteuern musste der britische Spion James Bond nur wenige Niederlagen einstecken. Die Welt ist nicht genug beginnt mit einer weiteren. Nicht nur, dass es Bond nicht gelingt, ein Attentat auf Sir Robert King zu verhindern, er selbst hatte ihm unwissend das Mordwerkzeug übergeben. Aber auch wenn M, die King persönlich kannte, alles daran setzt, den Anschlag zu sühnen, es hat den Anschein, als wäre nun Kings Tochter und Alleinerbin Elektra in Lebensgefahr. Als Jugendliche war sie entführt worden und konnte sich selbst aus den Händen der Kidnapper befreien. Der Anführer Renard wurde von einem Doppelnullagenten zwar verwundet, aber nicht getötet. Nach all den Jahren ist Renard, so die Schlussfolgerung, darauf aus, sein Werk zu vollenden.

Sophie Marceau in der Rolle von Elektra King ist ein Glücksgriff, der ihre Figur weit über das hinaushebt, was Frauen in vergangenen Bond-Filmen darstellen durften. Trotz aller Verletzlichkeit, die sie ausstrahlt und so einen Beschützerinstinkt weckt, verkörpert sie auch etwas Unbekanntes, ein Geheimnis, das sie nicht preisgibt. Auf Bitten von M macht sich Bond auf, Elektra zu beschützen und kommt bald mit Renards Schergen in Kontakt. Doch in Die Welt ist nicht genug ist Vieles anders, als es scheint und selbst wenn der Film viele hervorragende Actionmomente besitzt, die Story ist komplexer, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Das Wiedersehen mit Robbie Coltrane als Valentin Zukovsky ist dabei ebenso ein Highlight, wie die aufwändigen Sequenzen in einer Ölpipeline, einem russischen Bunker, oder an Bord eines Atom-U-Boots. Regisseur Michael Apted, mit dem man eher Dramen, als Actionthriller verbindet, findet nicht nur Zeit für erstklassige Charakterszenen, sondern überzeugt auch durch vielstufig vorbereitete Action, die nach einem packenden Aufbau explosiver kaum sein könnte. Bestes Beispiel hierfür ist die Sequenz im Bunker.

Diese teilt Bond unter anderem mit einer Figur, die den einzigen großen Kritikpunkt des Films darstellt: Dr. Christmas Jones, gespielt von Denise Richards. Bereits der Auftritt der Physikerin im hautengen, Figur betonenden Top mit Hotpants spricht – zusammen mit ihrem Nachnamen – Bände, wenn man weiß, welche Videospielikone damals in aller Munde war (Lara Croft) und an wen diese angelehnt ist (Indiana Jones). Zwar hat Christmas hier etwas mehr zu tun, als manche der viel gerühmten Bondgirls voriger Filme, der Charakter selbst ist aber nicht zuletzt Dank der starken Frauenpersönlichkeiten von M und Elektra so flach wie überflüssig.
Als leider prophetische Entscheidung erwies es sich der gelungene und berührende Abschied von Desmond Llewelyn alias Waffenmeister Q. Es ist einer der Momente, die zeigen, wie sehr die Drehbuchautoren Neal Purvis, Robert Wade und Bruce Feirstein die Geschichte der Bond-Reihe verinnerlicht haben. Die letzten Minuten mit ihm, nachdem er mehr als 35 Jahre eine Konstante der Agentenfilme gewesen ist, sind eine Würdigung und ein "auf Wiedersehen" zugleich. Trotz der Vorstellung seines Nachfolgers in Form von John Cleese hatte Llewelyn vor, beim nächsten Teil wieder aufzutreten. Er verstarb wenige Wochen nach Kinostart bei einem Autounfall im Alter von 85 Jahren.

Neben der aufwändigen, aber übersichtlichen Umsetzung, reißt auch die hervorragende Musik von David Arnold mit, der sowohl am poppigen Titelsong mitschrieb, als auch einige der temporeichsten Stücke der Reihe beisteuert. Dank der gelungenen Mischung aus Orchester und Synthesizer eignet sich der Score ebenso zum eigenständigen Hören für Fans, wie er den Film zeitlos macht.
Auch sieht man Die Welt ist nicht genug in keinem Moment an, dass bereits 15 Jahre vergangen sind, seit der Film in den Kinos zu sehen war. Dank der facettenreichen Geschichte und den tollen Figuren zählt der Thriller nicht nur zu den besten Bond-Filmen, sondern markiert Brosnans Höhepunkt, an dem sich viele andere Teile der Reihe messen lassen müssen.


Fazit:

Die Actionsequenzen zählen zu den beeindruckendsten, die auf dem Gebiet je zu sehen waren – und das selbst, bevor der erstklassig gestaltete Vorspann zu sehen ist. Statt ein auf den Jahrtausendwechsel zugeschnittenes Thema aufzugreifen (einen Scherz hierzu konnten sich die Produzenten jedoch nicht verkneifen), erzählt Filmemacher Michael Apted eine Agentenstory, die sowohl für Bond, als auch für M einen persönlichen Bezug entwickelt. Trotz der niedrigeren Altersfreigabe büßt 007 nichts von seiner kantigen Art ein, wie insbesondere das Finale beweist.
Die Welt ist nicht genug lässt den Agenten wie die Zuschauer lange im Unklaren, was das Ziel von Renard ist und wer hier wen manipuliert. Dass dabei Bonds größte Schwäche ausgenutzt wird, war an der Zeit. Es erhöht den Einsatz ebenso, wie die wiederkehrenden Figuren. Kenner der Reihe werden viele Anspielungen vorfinden und einen Thriller, der nicht nur ein neues Szenario entwirft, sondern auch Maßstäbe bei bekannten Situationen setzt. All das macht den 19. Film um den Doppelnullagenten zu einem der besten.