Waterworld [1995]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 08. Juni 2012
Genre: Unterhaltung / Action

Originaltitel: Waterworld
Laufzeit: 135 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Kevin Reynolds, Kevin Costner (nicht gelistet)
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Kevin Costner, Dennis Hopper, Jeanne Tripplehorn, Tina Majorino, Michael Jeter, David Finnegan, Jack Black, Kim Coates, Robert A. Silverman, Chaim Girafi, Rick Aviles, R.D. Call, Zitto Kazann, Leonardo Cimino, Zakes Mokae, Jack Kehler, Lanny Flaherty, Gerard Murphy


Kurzinhalt:
Das Eis der Polkappen ist geschmolzen und das Wasser hat die Kontinente vollständig unter sich begraben. Die Überlebenden treiben auf ausrangierten Schiffen, Booten oder Katamaranen über das nicht enden wollende Meer oder haben sich zu Siedlungen in Atollen zusammengeschlossen, wo Waren gehandelt werden. Doch diese werden bevorzugt von Banden wie den Smokern überfallen, die sich die letzten Ölreserven zunutze machen, um motorisierte Boote und Jetskis zu betreiben. Ihr Anführer, Deacon (Dennis Hopper), hat von dem Mädchen Enola (Tina Majorino) gehört, auf deren Rücken seltsame Symbole tätowiert sind. Angeblich verraten sie, hat man sie entschlüsselt, den Weg nach Dry Land, dem letzten trockenen Fleck Erde auf dem Planeten. Der alte Gregor (Michael Jeter) forscht seit langem an den Schriftzeichen, doch sie zu deuten ist ihm bislang nicht gelungen.
Als die Smoker ein Atoll überfallen, auf dem sich Enola befindet, trifft Helen (Jeanne Tripplehorn), die für das Mädchen sorgt, eine Abmachung mit dem dort inhaftierten Mariner (Kevin Costner). Sie befreit ihn, wenn er sie und Enola lebend dort herausbringt. Nicht nur, dass dem Mariner nach Jahren, die er allein gesegelt ist, die Gesellschaft unangenehm ist, er hat mit seinen Passagieren Deacons Aufmerksamkeit auf sich gezogen, für den Dry Land die letzte Möglichkeit ist, seine Truppen im Zaum zu halten. Dabei ist der Einsiedler, der weiter gesegelt ist als die meisten, davon überzeugt, dass Dry Land nicht existiert. Immerhin hat er gesehen, was sich unter der Wasseroberfläche verbirgt. Es ist ein Geheimnis, das kaum ein lebender Mensch überhaupt kennt ...


Kritik:
Es ist gleichermaßen traurig wie erschreckend, wie vielen Menschen es nicht nur Genugtuung, sondern gar schon Freude bereitet, andere trotz hoher Ambitionen scheitern zu sehen. Als Waterworld mit einem Budget von 175 Millionen Dollar schon vor Kinostart in die Filmgeschichte einging und nach Drehverzögerungen und Pannen auch Gerüchte von einem Zerwürfnis zwischen Hauptdarsteller Kevin Costner und Regisseur Kevin Reynolds ihren Weg in die Filmmagazine fanden, war die negative Publicity wirkungsvoller als jede Werbekampagne. Wie sollte der als Mad Max [1979] auf dem Wasser gehandelte, apokalyptische Abenteuerfilm gegen ein solches Image ankommen? Es fällt zudem nicht schwer, Sprünge und Ungereimtheiten in der Geschichte zu finden – und bisweilen ist die Action ebenso abstrus wie die Bösewichte überzogen. Und doch beinhaltet Waterworld viele interessante Ideen, wartet mit einem eindrucksvollen Produktionsdesign auf und ist vor allem so durchgängig unterhaltsam, dass man die Unstimmigkeiten gern übersieht.

Die Geschichte versetzt uns in eine nicht näher benannte Zukunft, in der die Polkappen vollständig abgeschmolzen sind und der Meeresspiegel so weit angestiegen ist, dass kein Fleck Erde mehr trocken geblieben ist. Außer dem sagenumwobenen 'Dry Land', von dem die übrig gebliebenen Menschen erzählen – es soll wie ein Paradies sein, das keiner der Lebenden je gesehen hat. Niemand weiß, wo es ist, aber alle haben davon gehört. Wir treffen auf einen Drifter (Kevin Costner), der als Einsiedler über die Meere fährt, ohne ein Ziel vor Augen außer dem eigenen Überleben. Er tauscht Waren mit anderen Seglern oder an Atollen, die wie schwimmende Häfen anmuten. Immer darum bemüht, weder den Slavern, den Smokern oder sonst einer Gruppierung aufzufallen. Während recht einleuchtend ist, woher erstere ihren Namen haben, ist es bei den zweitgenannten noch kurioser: Die Smoker fahren nicht nur auf Jetskis oder großen, mit Waffen bestückten Booten, sondern scheinen auch einen unerschöpflichen Vorrat an Zigaretten zu besitzen. Woher wird nur teilweise erklärt. Der Anführer zumindest derjenigen Smoker-Gruppe, der wir später begegnen, hat von einem seltsamen Mädchen gehört, das eine Tätowierung auf dem Rücken trägt – es sei ein Rätsel, das entschlüsselt den Weg nach Dry Land offenbart. Als sie das Atoll angreifen, auf dem sich die junge Enola befindet, geht Helen, die sich um sie kümmert, einen Deal mit dem Drifter ein: Wenn er sie beide auf seinem Trimaran mitnimmt, hilft sie ihm, aus der Gefangenschaft zu fliehen. Weswegen er in einem Käfig sitzt, sei hier nicht verraten, aber es ist ein ebenso guter Einfall, wie die spitzen Bemerkungen bezüglich der Smoker und ihrer schwimmenden Basis treffend.

Dass alles Eis der Polarregionen nicht ausreichen würde, den Meeresspiegel so stark ansteigen zu lassen, ist eines der vielen Details, um die sich die Vorlage nicht kümmert. Doch nimmt man die Ausgangslage einmal als gegeben hin, versuchen die Autoren, von denen nur zwei genannt werden, das meiste aus ihr zu machen. Um einem Vergleich mit Mad Max standhalten zu können, fehlt Waterworld jedoch ein Gefühl der Ausweglosigkeit, welches die Menschen jener Welt doch aber heimsuchen müsste. Während manche Ideen und Momente merklich zur Auflockerung des Geschehens beitragen, wie Enolas ungebrochener Drang zu Malen, scheinen andere zu übertrieben, um der Situation Rechnung zu tragen. Der von Costner verkörperte Mariner beispielsweise versprüht eine abgeklärte Ernsthaftigkeit, die von Hoppers überdrehtem Deacon wieder aufgehoben wird. Wessen Verhalten in einer so trostlosen Welt begreiflicher ist, versteht sich von selbst.

Und doch wird vieles davon schon allein durch die perfekt dargebrachte Illusion wieder aufgewogen, dass der Mariner, Helen und Enola in einer Welt großgeworden sind, in der sie keinen Fuß auf festen Grund setzen können. Hierzu trägt auch das Setdesign bei, das den Schiffen und Atollen einen ausrangierten und stark gealterten Look verleiht. Hätten die Verantwortlichen ihre Hausaufgaben gemacht, hätten sie vorhersehen können, dass die am Drehort herrschenden Windgeschwindigkeiten regelmäßig die Bauten umwerfen würden. Auch hätte man es vielleicht vermeiden können, dass die Dreharbeiten drei Mal wegen Hurricane-Alarmen abgebrochen werden mussten – von den Kosten und Verzögerungen durch die erneuten Bauarbeiten ganz abgesehen. All das sieht man Waterworld glücklicherweise nicht an, doch wenn es sogar Bücher über die Entstehung einer solchen Produktion gibt, bedeutet das schon genug.
Was man bei wiederholtem Ansehen jedoch feststellt ist, dass inhaltlich Teile fehlen, auf die jedoch wieder Bezug genommen wird. An zwei Stellen ist das auffällig, doch gibt es viel mehr, als man erahnen würde. Im amerikanischen Fernsehen wurde früher eine sehr lange Filmfassung mit beinahe drei Stunden ausgestrahlt, die viele Lücken füllt. Doch auch wenn sich die jüngst veröffentlichte Blu-ray-Fassung in tollem Bild und Ton präsentiert, von den gelöschten Szenen ist leider nichts zu sehen.

Auch gibt es keine Auszüge aus dem Score von Mark Isham zu hören, der jedoch abgelehnt wurde, weil er nicht abenteuerlich genug klang. Dafür begeistert der von James Newton Howard komponierte Soundtrack auch nach 17 Jahren noch durch die rhythmische, kraftvolle und abwechslungsreiche Untermalung, die ebenso zu einem gelungenen Gesamtbild von Waterworld beiträgt. Für Fans ist es schon lange einer der eindrucksvollsten und eingängigsten Scores des erfahrenen Musikers. Vor allem eignet er sich ebenso zum Hören ohne die Bilder und regt durch die Instrumentierung allein schon die Phantasie an.

Dass Waterworld nicht so erfolgreich war wie das Studio erhoffte, ist zumindest teilweise erklärbar. Doch das Spießrutenlaufen, das Regisseur und Hauptdarsteller nach Veröffentlichung über sich ergehen lassen mussten, ist nicht gerechtfertigt. Nicht nur durch den enormen Unterhaltungswert und die aufwändige Produktion. Sondern auch, weil das Drehbuch seine Zuschauer ernst nimmt und sich in einer Welt ohne festen Boden gelungen verliert. Dass die Figuren nicht so schattiert erscheinen wie in anderen Endzeitszenarien ist womöglich der Publikumsverträglichkeit geschuldet. Wenn überhaupt, sollte man dem Film vorhalten, dass er mit gar nicht so vielen Änderungen noch besser hätte sein können. Als packende, nicht zu schwere Abendunterhaltung ist er aber damals wie heute bestens geeignet – und macht dabei auch bedeutend mehr Spaß als Mad Max oder andere Vertreter des Genres.


Fazit:
Angesichts steigender Meeresspiegel und Dokumentationen, die erschreckende Zukunftsszenarien vorhersagen, weiß man gar nicht, welche apokalyptische Vision einem am angenehmsten wäre. Trotz der vorherrschenden Hoffnungslosigkeit ist das Bild, das Waterworld zeichnet, nicht vollends zermürbend. Die Menschlichkeit scheint noch nicht untergegangen zu sein und auch an solch radikal geänderte Bedingungen kann sich das Leben offensichtlich anpassen.
Regisseur Kevin Reynolds findet Bilder, die haften bleiben und dazu zählen nicht nur die schier unendlichen Weiten des Meeres, die wir heute mit einem Gefühl der Freiheit verbinden, hier jedoch nicht nur Einsamkeit, sondern sogar Heimatlosigkeit widerspiegeln. Ohne einen geschützten Hafen, einen Ort, den man sein Eigen nennen kann, fehlt auch Sicherheit. Diese sehr ernsten Untertöne opfert der Film über weite Strecken einem enormen Unterhaltungswert, auch auf Grund überzeichneter Figuren und abstruser Storyeinfälle. Nichtsdestoweniger sind sie vorhanden und zeichnen Waterworld ebenso aus wie seine durchweg gelungene Umsetzung.