Wächter des Tages [2006]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 06. November 2010
Genre: Fantasy / Action

Originaltitel: Dnevnoy dozor
Laufzeit: 146 min.
Produktionsland: Russland
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Timur Bekmambetov
Musik: Yuriy Poteenko
Darsteller: Konstantin Khabenskiy, Mariya Poroshina, Vladimir Menshov, Galina Tyunina, Viktor Verzhbitskiy, Zhanna Friske, Dmitriy Martynov, Valeriy Zolotukhin, Aleksey Chadov, Nurzhuman Ikhtymbayev, Aleksey Maklakov, Aleksandr Samoylenko, Yuriy Kutsenko, Irina Yakovleva


Kurzinhalt:
Die Anderen gibt es so lange wie das Universum selbst. Sie besitzen Fähigkeiten, die normale Menschen nicht haben. Vampire, Hexer, Formwandler und Magier gehören dazu und sie unterteilen sich in die Dunklen und die Lichten. Vor langer Zeit schlossen ihre Armeen einen Waffenstillstand, der seither durch die Nachtwache der Lichten, beziehungsweise die Tagwache der Dunklen kontrolliert wird. Übergriffe, die nicht autorisiert sind, werden geahndet. Das Kommen eines mächtigen Anderen wurde prophezeit, der das Gleichgewicht zum Kippen bringen könnte. Nur zu wessen Gunsten?
Bei der Festnahme eines dunklen Anderen muss Anton (Konstantin Khabenskiy), Wächter der Nacht, erkennen, dass es sich um seinen unehelichen Sohn Yegor (Dmitriy Martynov) handelt, dessen Tod er vor 12 Jahren beinahe verursacht hätte. Er lässt ihn entkommen, meldet Yegor nicht und Svetlana (Mariya Poroshina), die bei ihm war, als er auf Yegor traf, kennt den Jungen nicht. Als eine Dunkle getötet wird, steht Anton in Verdacht und auch sein Körpertausch mit Olga (Galina Tyunina) – vom Vorsitzenden der Nachtwache Geser (Vladimir Menshov) initiiert – bringt den dunklen Zavulon (Viktor Verzhbitskiy), Anführer der Tagwache, nicht von seiner Fährte. Auf dem Spiel steht die Schicksalskreide, mit der sich das Schicksal einer Person umschreiben lässt. Mit ihr ließe sich auch das Gleichgewicht zwischen Licht und Dunkel wieder herstellen, das aus der Balance gerät, als Svetlana auf Yegor trifft – und beide darum kämpfen, bei Anton an erster Stelle zu stehen ...


Kritik:
Nach Wächter der Nacht [2004] nimmt sich Regisseur Timur Bekmambetov dem zweiten Kapitel der Fantasy-Reihe an und macht mit der visuell ebenso beeindruckend erzählten Story jenes Universum einem breiteren Publikum zugänglich. Nur ob diejenigen, die die Bücher nicht gelesen haben sich mit den mitunter spärlich vorgestellten Gesetzmäßigkeiten in Wächter des Tages zurechtfinden werden, darf angezweifelt werden. Angesichts der in Episoden unterteilten Romanvorlage von Sergej Lukianenko würde es sich beispielsweise anbieten, jene Geschichten in Form einer Mini-Serie zu erzählen. Stattdessen betiteln die Macher den zweiten Film als Fortsetzung, obwohl er bedeutend mehr Story-Elemente des ersten Romans beinhaltet.

Anton arbeitet dichter mit der in Wächter der Nacht entdeckten Magierin Svetlana zusammen, als seinem Vorgesetzten Geser recht ist. Dieser fürchtet, dass Anton Svetlana von ihrem wahren Potential abhalten könnte. Interessanterweise bleibt jedoch Anton der Schlüssel zur Auflösung der Verstrickungen, die in diesem Fall sogar Antons unehelichen Sohn Yegor beinhalten, der zu den Dunklen übergewechselt das Kräfteverhältnis aus dem Gleichgewicht bringt. Dass Vieles für die beiden Rädelsführer (Geser und seinen dunklen Widersacher Zavulon) nur ein Spiel ist, sie lange genug am Leben sind, um zu verstehen, dass die Welt sich selbst immer wieder ins Gleichgewicht bringen wird, deutet sich in ihren Unterredungen vorab schon an. Auf welche Weise dies letztlich geschieht, ist aber durchaus überraschend. Wächter des Tages schlägt bereits bei der Eröffnung einen Bogen zum ersten Film, der am Schluss vollendet wird und damit weitere Filme mit Anton als Hauptfigur eigentlich überflüssig macht. Ob man dies in mehr als zweieinhalb Stunden hat erzählen müssen, ist jedoch fraglich.
Bereits der Prolog, der vor langer Zeit spielt, deutet an, dass die Macher mit dem zweiten Film einen größeren Ansatz suchten, als im Vorgänger. Gleichzeitig springt die Story nicht wie zuvor von einer Szene zur nächsten, lässt allerdings gerade was die Dialoge angeht – oder grundsätzlich sympathische Figuren – viele Wünsche offen. Das lässt den zweiten Teil der Reihe stellenweise sehr lang werden, immerhin sucht man lange nach einem Charakter, mit dem mitzufiebern sich lohnen würde. Abschnitte wie der überflüssige Körpertausch zwischen Olga und Anton dehnen die auf Komplexität gebürstete Geschichte unnötig auf, ohne jedoch einen Mehrwert mitzubringen.

Womit Bekmambetov sein Fantasy-Abenteuer würzt sind viele Spezialeffekte, die jedoch nicht alle als solche zu erkennen sind. Sei es ein roter Sportwagen, der an einer Hausfassade entlang fährt, oder eine weitere, sehr beunruhigende Ebene des Zwielicht, die erkundet wird: mit interessanten Perspektiven und sichtlich aufwändigen Momenten kann Wächter des Tages, wie schon der erste Film zuvor, durchaus aufwarten. Dankenswerterweise richtet sich die Erzählung mit klar strukturierten Szenen nun auch an ein nicht-russisches Publikum, auch wenn die Musikauswahl bisweilen stört, beziehungsweise sich zu oft wiederholt. Wer im letzten Drittel die Zerstörung Moskaus beobachtet, wird in der beachtlichen Sequenz viele gute Ideen wiederfinden, die ebenso aufwändig umgesetzt sind. Bis dahin ist es jedoch für diejenigen, die sich die Handlungen der Figuren nicht aus den Romanvorlagen erschließen können, ein langer Weg.


Fazit:
Nach Wächter der Nacht ist die Fortsetzung noch aufwändiger, noch größer ausgelegt und merklich zugänglicher erzählt. Dennoch mangelt es Wächter des Tages an Figuren, mit denen man mitleidet, oder die man anfeuert, wenn es spannend wird. Auch wirken die Sprünge in der Geschichte vom Krimi zur Liebesgeschichte bis hin zur Fantasyapokalypse sehr gezwungen und episodenhaft. Die eindrucksvollen Spezialeffekte und die einfallsreichen Perspektiven überbrücken die ausgewalzte Story, in der sich erneut diejenigen besser zurecht finden, welche die Buchvorlage bereits gelesen haben.
Regisseur Timur Bekmambetov ist damit zwar ein besserer Film für sich genommen gelungen, als beim Vorgänger, der sich aber nach wie vor an ein spezielles Publikum richtet. So gut der Brückenschlag zum ersten Film, und so überraschend das Ende ist, ob es eine gute Idee war, die Erlebnisse von Anton & Co. damit zu revidieren sei dahingestellt.
Für Fans ist das interessant, aber dass man durch die Filme zum Fan des Fantasy-Universums wird, ist unwahrscheinlich.