Volcano [1997]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. September 2005
Genre: Action / Unterhaltung

Originaltitel: Volcano
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1997
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Mick Jackson
Musik: Alan Silvestri
Darsteller: Tommy Lee Jones, Anne Heche, Gaby Hoffmann, Don Cheadle, Jacqueline Kim, Keith David, John Corbett, Michael Rispoli, John Carroll Lynch, Marcello Thedford, Laurie Lathem, Bert Kramer


Kurzinhalt:
Ein Erdbeben erschüttert Los Angeles, und während der eigentlich im Urlaub befindliche Leiter des Krisenmanagements, Mike Roark (Tommy Lee Jones) darum bemüht ist, eventuelle Auswirkungen auf verschiedene Bauunternehmungen bei der U-Bahn zu untersuchen, sieht sich die Geologin Dr. Amy Barnes (Anne Heche) bestätigt, dass der tektonisch aktive Untergrund von L.A. erwacht ist.
Doch als sie Roark von ihrer Theorie eines Vulkans unterhalb von Los Angeles erzählt, winkt diese amüsiert ab. Bereits am nächsten Morgen erschüttert ein weiteres Erdbeben die Stadt, und Roark macht sich mit seiner verängstigten Tochter Kelly (Gaby Hoffmann) auf den Weg in die Zentrale, als er Rauch und Lava inmitten der Stadt sieht.
Noch unter Schock versucht Roark, die Innenstadt von L.A. zu evakuieren, während sich die Lava eines neu entstandenen Vulkans ihren Weg durch die Einkaufsmeilen bahnt – unterdessen leitet Emmit Reese (Don Cheadle) die Koordination der Rettungskräfte, doch sollte es Roark und dem improvisierten Verbund aus Feuerwehr, Nationalgarde und Polizei nicht innerhalb weniger Stunden gelingen, die Lava umzuleiten oder zu kanalisieren, würden ganze Wohngegenden dem unaufhaltsamen Strom zum Opfer fallen. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit ...


Kritik:
Kaum eine Naturgewalt fasziniert die Menschen seit ewigen Zeiten so sehr, wie der Vulkan. Die bei einem Ausbruch freiwerdende Energie übertrifft selbst von Menschen entworfene, verheerende Waffen wie die Wasserstoffbombe – die flüssige Lava ist mit 1000 bis 1200 Grad Celsius so heiß, dass sogar Vulkanausbrüche unter Wasser möglich sind. Weltweit gibt es knapp 500 bekannte, aktive Vulkane, weitere 80 unter der Wasseroberfläche.
Dass das Thema auch seit jeher die Traumfabrik Hollywood fasziniert, ist verständlich, doch erst mit der fortschreitenden Entwicklung der Spezialeffekte ist es auch möglich, einen künstlichen Vulkanausbruch zu erschwinglichen Preisen und vor allem glaubhaft zu realisieren. Weswegen sich die Produktionsfirmen im Filmgeschäft jedoch ihre Kinozuschauer gegenseitig abgraben wollen, verstehe wer will. Mit Volcano und Dante's Peak [1997] liefen, wie schon bei vielen Filmthemen zuvor, konkurrierende Projekte in den Kinos, wobei der mit Pierce Brosnan sicherlich bekannter besetzte Dante's Peak einen Vorsprung von zwei Monaten herausholen konnte und – wie erwartet – auch erfolgreicher lief. Mick Jacksons Katastrophen-Action-Drama sah sich vor knapp 15 Jahren harscher Kritik ausgesetzt und ist heute immer noch als unrealistisches Machwerk verschrieen. Dass ein Vulkanausbruch inmitten von Los Angeles alles andere als wahrscheinlich ist, ist dabei unbestritten, doch wenn einen die unzähligen Naturkatastrophen der letzten Jahre und Jahrzehnte eines lehren sollten, dann dass die Natur sich nicht vorschreiben lässt, wie, wann und wo sie sich zurückmeldet.

Was Volcano jedoch erfreulich und merklich von seinem Genrekollegen Dante's Peak abhebt, ist der im Film allseits präsente Humor, der verständlicherweise in den dramatischen Momenten in den Hintergrund tritt, aber gerade in der ersten Hälfte das grundsätzlich ernste Geschehen merklich auflockert. Auch die Einführung der Charaktere ist außerordentlich gut gelungen, werden sie doch nicht wie in anderen Katastrophenfilmen mit Namen, Familie und Hintergrund eingeführt, sondern eher beiläufig erwähnt, treten in Gesprächen auf, in alltäglichen Situationen, so dass man schnell ein Gefühl für ihre Arbeit und ihre Persönlichkeit bekommt.
Dass Mike Roark und Dr. Amy Barnes am meisten zu tun haben, verwundert nicht, und auch die Figur von Roarks Tochter Kelly wirkt äußerst klischeebeladen und nicht wirklich notwendig. Doch wiegen diese Kritikpunkte die flotte Erzählweise und die dramaturgisch gekonnt aufgebauten Szenen nicht auf, so dass das Skript von Volcano aus der Feder von Jerome Armstrong und Billy Ray immerhin überzeugen kann und gekonnt veranschaulicht, welche Auswirkungen ein Vulkanausbruch inmitten einer Großstadt denn haben würde.
Die Beklemmung und Panik zum Ausdruck zu bringen, ist ihnen ebenso gelungen wie ein Aspekt, der vielen anderen Katastrophenfilmen, darunter auch Dante's Peak, vollkommen fehlt: wenn man die Feuerwehr und Polizei, alltägliche Menschen und das Krisenmanagement zusammenarbeiten sieht, ihnen beiwohnt, wie sie gegen die unaufhörlich rollende Lavaflut kleine Siege erringen, bekommt man als Zuschauer ein Gefühl der Hoffnung vermittelt, dass man selbst etwas gegen eine solche Naturgewalt ausrichten könnte. Das mag zwar irrational erscheinen und auch mehr ein Wunschdenken, denn ein praktikables Unterfangen sein, doch ist es genau dieses Hoffnungsgefühl, weswegen Volcano nach den knapp 100 Minuten nicht so schwer im Magen liegt, als sei es Erdbeben [1974] oder auch Deep Impact [1998].

Dass die verpflichteten Darsteller bei einem Katastrophenfilm meist weniger gefordert sind, als bei reinen Dramen, ist ein offenes Geheimnis, und auch bei Volcano wird schnell offensichtlich, dass die beteiligten Akteure zwar mit ihren Sympathiewerten punkten können, aber mimisch meist nicht viel zu tun haben.
So versteht es Tommy Lee Jones zwar, nach nur wenigen Minuten das bei ihm gewohnte Flair von Autorität zu versprühen, aber auch wenn die Rolle ähnlich angelegt ist, wie bei seiner oscarprämierten Verkörperung in Auf der Flucht [1993], von jener Leistung ist er hier weit entfernt. Doch dies liegt nicht an ihm, sondern an der Vorlage, die ihn leider nicht genügend fordert. Dank seiner Routine meistert er jedoch auch die etwas anspruchsvolleren Szenen tadellos.
Ebenso wie Anne Heche, die hier einmal mehr durch ihr natürliches, etwas quirliges und fast schon improvisiertes Auftreten überzeugt. Hört man ihren Dialogen zu, die im übrigen seltener gesät sind, als man vermuten würde, hat man immer das Gefühl, sie würde sich den Text in dem Moment überlegen und nicht ein auswendig gelerntes Skript vortragen. Sie harmoniert mit Jones sehr gut und lässt auch in den ernsten Szenen keine Wünsche offen.
Heimlicher Star des Films ist Don Cheadle, der mit seiner lockeren und doch konzentrierten Verkörperung von Emmit Reese viele Sympathien auf seiner Seite hat und dank seiner schnellen, pointierten Dialoge auch für das ein oder andere Schmunzeln sorgt.
Eine gute Leistung zeigen auch Jacqueline Kim, Keith David, John Corbett und Michael Rispoli – der in einer tragischen Rolle zu sehende John Carroll Lynch macht seine Sache ebenfalls gut, und übernahm außerdem in Mick Jacksons preisgekröntem TV-Drama Live aus Bagdad [2002] eine Rolle.
Einziger Knackpunkt der Besetzung ist Gaby Hoffman als Rourks Tochter Kelly; sie spielt zwar nicht schlecht, vermag aber gerade in den panischen Momenten wenig zu überzeugen, ein Problem, das Volcano mit vielen Katastrophendramen teilt. Die übrige Besetzung lässt zumindest keine Wünsche offen.

Lange Zeit beim Fernsehen beschäftigt kam für Regisseur Mick Jackson der Durchbruch mit der Steve Martin-Komödie L.A. Story [1991], die er inszenierte; es folgte der international sehr erfolgreiche Bodyguard [1992] und wenig später Volcano. Jackson führte auch beim Pilotfilm der Thriller-Serie Numb3rs [2005-2010] Regie.
Wie bereits Bodyguard überzeugt auch Volcano mit einer tadellosen Optik, vielen interessanten Kameraeinstellungen und auch einigen Kamerafahrten, die den Zuschauer am Geschehen teilhaben lassen. Manch gut ausgewählte Zeitlupen erzielen allerdings nicht ganz den gewünschten Effekt, da das Geschehen mit einer normalen Kamera gedreht und die Zeitlupe nachträglich eingefügt wurde, wodurch sich ruckartige Bewegungen der Figuren ergeben.
Etwas zwiespältig sieht es bei den Spezialeffekten des Films aus. Während geübte Augen die Modellarbeiten beim Finale zwar zu schätzen wissen, aber schnell enttarnen, sieht man selbiges beim ersten Ausbruch des Vulkans nicht. Wenn sich die Lava ihren Weg entlang der Straße und auf einen Wall zu bahnt, hat man tatsächlich das Gefühl, die Macher hätten Los Angeles wirklich in Brand gesteckt. Einzig manch computergenerierte Einstellungen von frisch gespiener Lava scheinen farblich nicht mit den übrigen Szenen abgemischt und deswegen weniger glaubwürdig.
Dass Volcano mit einem Budget von knapp 90 Millionen Dollar nicht billig war, sieht man dem Film zweifelsohne an, nicht zuletzt auf Grund der Massenszenen und der gut dargebrachten Paniksituationen – die Effekte bewegen sich zwischen sehr gut und gut, wobei gerade die langsam fließende Lava einen so überzeugenden Eindruck macht, dass es beinahe erschreckend wirkt.

Ein entscheidender Pluspunkt des Films ist der temporeiche und eingängige Score von Altmeister Alan Silvestri, der hier zwar unverkennbar seine bekannten Motive abwandelt, aber gleichzeitig mit den basshaltigen Melodien mitzureißen vermag.
Weswegen der bei Volcano veröffentlichte Score allerdings nicht einmal 30 Minuten Lauflänge umfasst, ist wiederum ein Rätsel, es gibt im Film genügend schnelle Stücke, die anzuhören sich lohnen würde. Das beste Stück des Albums – und mit die beste Sequenz im Film – ist jedoch "Build A Wall", das die von Silvestri gewohnte Dynamik gekonnt zum Ausdruck bringt. Die düsteren Themen stehen den schnellen Stücken zwar in nichts nach, doch wenn sich zur rhythmischen Begleitung der fortschreitenden Lava eine übergeordnete, helle Melodie mischt, die eben das entstehende Hoffnungsgefühl unter den Rettern ausdrückt, motiviert einen das auch als Zuschauer zum Daumendrücken.

Dass die deutschen Zuschauer bereits bei der Kinoveröffentlichung in die Röhre schauten, merkt man schon daran, dass der deutsche Verleih den Film seinerzeit für eine Jugendfreigabe ab 12 Jahren kürzen ließ und seither nur diese Version in Fernsehausstrahlungen zu sehen war.
Interessenten der DVD dürfen sich allerdings auf einen exzellenten Ton freuen, der das bisweilen etwas unruhige und stellenweise mit Drop Outs gespickte Bild schnell aufwiegt.

Mit etwas mehr als eineinhalb Stunden ist Volcano für einen Film seiner Zunft äußerst kurz, was sich daraus erklärt, dass es weniger um die persönlichen Schicksale der Menschen geht, die bei dem Ausbruch des Vulkans porträtiert werden, als um das Chaos, das in der Stadt ausbricht und wie versucht wird, der Katastrophe Herr zu werden.
Die Ausgangslage ist dabei sicherlich hanebüchen bis unglaubwürdig, die Durchführung allerdings erlaubt sich keine Patzer. Mit einer schnellen Inszenierung, die auch die chaotischen Verhältnisse gut zum Ausdruck bringt, gut gelaunten Darstellern und einem temporeichen Skript gelingt dem Regisseur ein überaus unterhaltsamer Film, den man zwar nicht allzu ernst nehmen darf, der diesen Fehler aber glücklicherweise auch nicht selbst begeht.


Fazit:
Seinerzeit in den Kinos als dümmlich verschrieen und seinem Titel nicht gerecht werdend, muss sich Volcano einiges an Kritik gefallen lassen: viele Nebenhandlungen werden im Eiltempo erzählt, beziehungsweise gar nicht weiter verfolgt, der Werbeslogan "Die Küste ist Toast" wird schon insofern nicht eingehalten, als dass der Film nur in Los Angeles spielt und auch hier ein recht kleines Areal abdeckt.
Doch sollte man grundsätzlich im Hinterkopf behalten, dass Mick Jacksons Umsetzung in erster Linie ein Unterhaltungsfilm sein soll, und dahingehend gelang dem Regisseur mit einer guten Inszenierung, Darstellern in Spiellaune und meist sehr guten Spezialeffekten ein anschauliches und vor allem plastisches Porträt eines Vulkanausbruchs inmitten von Los Angeles.
Dass das Ganze nicht immer logisch nachvollziehbar ist, und auch viel zu schnell zum Abschluss kommt, steht außer Frage, wer den Film allerdings nicht unter einem wissenschaftlichen Aspekt, sondern als bloßen Popcornfilm ansieht, wird die Hitze der Lava förmlich spüren können – manch klischeehafter Elemente zum Trotz.