Vergessene Welt - Jurassic Park [1997]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Juli 2012
Genre: Fantasy / Action / Thriller

Originaltitel: The Lost World: Jurassic Park
Laufzeit: 129 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1997
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Steven Spielberg
Musik: John Williams
Darsteller: Jeff Goldblum, Julianne Moore, Vince Vaughn, Richard Schiff, Vanessa Lee Chester, Richard Attenborough, Arliss Howard, Pete Postlethwaite, Peter Stormare, Harvey Jason, Thomas F. Duffy, Thomas Rosales Jr., Camilla Belle


Kurzinhalt:
Vier Jahre sind vergangen, seit Chaostheoretiker Ian Malcolm (Jeff Goldblum) nur knapp mit dem Leben davon gekommen ist, nachdem ein Wochenendausflug zu einer Insel mit einem Dinosaurier-Park außer Kontrolle geraten war. Da wendet sich John Hammond (Richard Attenborough), der Besitzer jener Insel, an Malcolm: Der Park war damals nur für die Touristen gedacht gewesen. Die Entwicklung der Dinosaurier und die Aufzucht fand auf einer anderen Insel, der Anlage B, statt. Dorthin ist bereits die Paläontologin Sarah Harding (Julianne Moore) aufgebrochen, um das Leben der Tiere zu dokumentieren. Nachdem ein Wirbelsturm die Anlage B verwüstet hatte, entwickeln sich die urzeitlichen Tiere ganz natürlich und ohne menschliche Vorgaben. Malcolm soll zusammen mit dem Fotografen Nick Van Owen (Vince Vaughn) und dem Technik-Experten Eddie Carr (Richard Schiff) Harding aufsuchen, damit Hammond die Öffentlichkeit mit den Bildern konfrontieren kann. Er hofft, daraus ein Wildreservat für die Dinosaurier zu machen, bei dem sich die Menschen nicht einmischen.
Doch als Malcolm auf der Insel ankommt, muss er feststellen, dass sich seine Tochter Kelly (Vanessa Lee Chester) als blinde Passagierin an Bord geschlichen hat. Und dass kurz darauf Hammonds Neffe Peter Ludlow (Arliss Howard) mit einem großen Team eintrifft. Unter der Leitung des Großwildjägers Roland (Pete Postlethwaite) sammelt Ludlow Dinosaurier ein, um sie aufs Festland zu bringen – dort will er einen Jurassic Park eröffnen, zu dem die Menschen leichter Zugang haben. Doch wenig später sind beide Teams auf der Dinosaurier-Insel gestrandet und ohne technische Hilfsmittel auf sich allein gestellt ...


Kritik:
Regisseur Steven Spielberg ließ das Ende seines Welterfolgs Jurassic Park [1993] offener, als Autor Michael Crichton seine Romanvorlage DinoPark [1990], bei der er ein eindeutiges Schicksal für die Dinosaurier-Insel fand. Da Crichton mit dem Folgeroman Vergessene Welt: Jurassic-Park [1995] sowohl an das erste Buch, wie auch an die Verfilmung anknüpfen wollte, bedurfte es einiger Tricks, um die Geschichte passend anzuschließen. Drehbuchautor David Koepp nimmt Elemente des ersten und des zweiten Buches, um ein weiteres Kapitel im Jurassic Park-Universum zu erzählen. Was ihm dabei gelingt ist ein durchweg unterhaltsames, energiegeladenes Abenteuer, das inhaltlich nicht immer Sinn ergibt, aber dank der Umsetzung durch Regisseur Spielberg mitreißt, selbst wenn die Figuren blasser erscheinen, als im ersten Film.

Was Kennern von Steven Spielbergs früheren Filmen dabei als erstes auffällt ist die deutlich düstere Optik durch Kameramann Janusz Kaminski, der seit Schindlers Liste [1993] für die Bilder bei Spielbergs Projekten verantwortlich ist. Ausgewaschene, blasse Farben gehören ebenso zu seinem Markenzeichen wie ein weichgezeichnetes Bild, bei dem Lichtquellen im Hintergrund die Szenen überstrahlen. Das verleiht der Eröffnung auf Isla Sorna mit dem verhängnisvollen Picknick einer wohlhabenden Familie und ihrer kleinen Tochter eine kühle Stimmung, während Ian Malcolms Besuch bei John Hammond kurz darauf beinahe anmutet wie eine Traumsequenz. Dass Kaminski Perspektiven findet, die Interesse wecken und mit subtilen Kamerafahrten ungemindert die Spannung hält, ist unbestritten. Doch er verleiht der eigentlich farbenfrohen Welt der Dinosaurier einen Look, der sich mit dem des ersten Teils schwer in Einklang bringen lässt.

Die Geschichte stellt einmal mehr die Profitgier einer Firma über den Artenschutz oder die Bewahrung der Natur. John Hammond wurde als Vorstand der Firma InGen abgelöst, die für die Entwicklung der Dinosaurier aus geklonter DNS verantwortlich war. Sein Neffe Peter Ludlow ist inzwischen an der Macht und sieht mit der Anlage B die Möglichkeit, InGen wieder in die Gewinnzone zu bringen. Wie Ian Malcolm von Hammond selbst erfährt, war die Insel, auf welcher der Jurassic Park errichtet worden war, nur das Schaustück. Die Entwicklung der einzelnen Tiere und die ursprüngliche Aufzucht fand auf einer anderen Insel, der Isla Sorna, statt. Verwüstet durch einen Hurrikan und sich selbst überlassen, hat sich darauf ein funktionierendes Ökosystem entwickelt. Malcolm soll zusammen mit dem Fotografen Nick Van Owen und dem Techniker Eddie Carr zu der bereits auf der Insel befindlichen Paläontologin Sarah Harding reisen, die dort Beobachtungen vornimmt. Hammond hofft, mit ihrer Hilfe die Weltöffentlichkeit für sich zu gewinnen und die Tiere unberührt zu lassen mit der Insel als ihr Reservat.
Wie Malcolm selbst sagt, ist es eine erstaunliche Entwicklung Hammonds vom Kapitalisten zum Umweltschützer, doch es ist eine, die man am Ende des ersten Films hat kommen sehen. Auf der Insel angekommen muss Hammonds Team jedoch erkennen, dass Ludlow seine eigenen Pläne mit den Tieren hat. Und so dauert es nicht lange, ehe die Menschen dort gemeinsam gestrandet und den Dinosauriern ausgeliefert sind.

Nicht von ungefähr erinnert der Titel von Vergessene Welt - Jurassic Park an Sir Arthur Conan Doyles Roman Die vergessene Welt [1912], in dem ein Forschertrupp ein Plateau erkundet, auf dem sich Urtiere aufhalten sollen. Es gibt mehr Dinosaurier zu sehen, als noch in Jurassic Park zuvor, und die menschlichen Darsteller bekommen auch deutlich früher Konkurrenz durch ihre urzeitlichen Ko-Stars. Auch bezieht Spielberg unverhohlen seinen Standpunkt, ob der Mensch die Natur für sich ausbeuten darf, oder nicht. Doch während die Spannung angesichts des Unbekannten den ersten Film ausmachte, imponiert hier die schiere Masse an Tieren. Das Publikum fiebert mit, weil die Menschen den Dinosauriern nicht nur zahlenmäßig unterlegen sind, doch sieht man sich manche Ideen und Sequenzen im Film an, fallen Logiklöcher auf, durch die nicht nur ein T-Rex hindurch passen würde. So wird nie geklärt, weswegen die T-Rexe gleich zweimal zur Klippe zurückkehren, um den Trailer von Hammonds-Team in die Mangel zu nehmen. Auch bleibt der Film die Antwort auf die Frage schuldig, was mit der Crew des Frachters am Ende geschehen ist.

Das Finale in San Diego ist ebenso eindrucksvoll wie spannend, auch wenn nichts den Höhepunkt mit dem Trailer übertrifft. Doch mit dem Schauplatzwechsel auf das Festland und den vielen lakonischen Sprüchen von Ian Malcolm und anderen verliert Vergessene Welt - Jurassic Park merklich an Ernsthaftigkeit gegenüber dem Vorgänger. Das macht den Fantasythriller nicht weniger unterhaltsam, und die lebendig erscheinenden Dinosaurier nicht weniger eindrucksvoll, aber er scheint weniger durchdacht und in seiner Ausführung gehetzter.


Fazit:
Wie, wenn überhaupt, könnte Regisseur Steven Spielberg das Gefühl des ersten Jurassic Park wiederholen, als die Zuschauer zum ersten Mal das Gefühl hatten, lebendige Dinosaurier auf der Leinwand zu sehen? Er umgeht diese Herausforderung, indem er viel mehr Dinosaurier zeigt und die Menschen noch mehr zu Gehetzten macht, als zuvor. Die Spannung gelingt ihm durchaus, denn von dem Moment, da InGens Trupp auf der Insel landet, bis zu jenem, da sie wieder verschwinden, bleibt kaum Zeit zum Luftholen.
Dank des hohen Erzähltempos und der mitunter Furcht einflößenden Situationen kommt man kaum dazu, über das Gezeigte nachzudenken. Tut man es doch, kann man bisweilen kaum glauben, was man zu sehen bekommt. So wirkt Vergessene Welt - Jurassic Park überraschend unfertig, wenngleich immer unterhaltsam. Als viel gerühmtes Popcornkino eignet er sich tadellos und macht nach wie vor eine Menge Spaß. Aber der Glanz und das Staunen des ersten Films scheint hier nicht nur aufgrund der ausgewaschenen Farbgebung verblasst.