The Rock - Fels der Entscheidung [1996]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. August 2003
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: The Rock
Laufzeit: 136 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1996
FSK-Freigabe: nicht unter 18 Jahren

Regie: Michael Bay
Musik: Nick Glennie-Smith, Harry Gregson-Williams, Hans Zimmer
Darsteller: Sean Connery, Nicolas Cage, Ed Harris, John Spencer, David Morse, William Forsythe, Michael Biehn, Vanessa Marcil, Tony Todd


Kurzinhalt:
General Francis X. Hummel (Ed Harris) ist schon zu Lebzeiten eine Legende. Doch über die Jahre musste er mit ansehen, wie die Hinterbliebenen und Familien von gefallenen Soldaten keinerlei Entschädigung oder gar ein militärisches Begräbnis ihrer Verstorbenen bekommen haben, nur weil die Militäroffiziere bei geheimen Operationen zu Tode kamen. Um mit diesem Missstand aufzuräumen, schart er eine Truppe seiner engsten Untergebenen um sich, darunter Major Tom Baxter (David Morse), und stiehlt 16 Raketen mit einem tödlichen Nervengas. Anschließend nimmt er eine Gruppe Touristen auf der Gefängnisinsel Alcatraz als Geiseln und versucht vom US-Militär und dem Geheimdienst 100 Millionen Dollar zu erpressen.
Die entsenden ein Navy Seals-Team, um zusammen mit dem FBI-Chemiker Dr. Stanley Goodspeed (Nicolas Cage) unter der Leitung von Commander Anderson (Michael Biehn) die Insel zu stürmen und Hummel samt seinen Leuten unschädlich zu machen.
Doch um auf die Insel zu kommen benötigen sie die Hilfe eines Mannes, den FBI-Direktor Wormack (John Spencer) gern vergessen würde: John Patrick Mason (Sean Connery). Als ehemaliger britischer Geheimagent befand er sich die letzten 30 Jahre in Gefangenschaft in den USA – aber er ist der Einzige, der je von Alcatraz geflohen ist, und somit der einzige, der die Spezialeinheit hineinführen kann.


Kritik:
Bevor er zum Film kam, arbeitete Regisseur Michael Bay an Musikvideos und Werbespots – und das sehr erfolgreich. Nicht nur, dass er zahlreiche Preise gewann, er durfte die Musik von Meat Loaf und Tina Turner in Bilder umsetzen; 1995 wurde er von der "Directors Guild of America" als bester Werbefilmer geehrt, in demselben Jahr kam sein Filmdebüt Bad Boys [1995] in die Kinos, mit dem er erste Erfolge feiern konnte. Jener Film spielte weniger ein, als Bays zweiter Kinofilm, The Rock, gekostet hat: 75 Millionen Dollar.
Das Geld nutzte der ehemalige Werbefilmer, um einen der besten Actionfilme der letzten 15 Jahre zu inszenieren. Rasant geschnitten, adrenalinhaltig und hochexplosiv zeigt er eine Darstellerriege in Bestleistung mit einem zwar nicht umwerfend komplexen Drehbuch im Rücken, aber genügend Appetithäppchen, um das Gehirn beschäftigt zu halten.

Fünf Leute schrieben am Drehbuch herum, darunter auch Quentin Tarantino. In aller Regel ist es aber kein gutes Zeichen, wenn eine handvoll Köche an derselben Speise arbeitet. In diesem Fall hat es dem Film nicht geschadet. Die Story ist einfach und lässt sich schnell beschreiben, innerhalb der Geschichte hält das Skript aber genügend Überraschungen und Wendungen parat, um weiterhin zu gefallen.
Der Pluspunkt der Vorlage ist aber, dass die Hauptcharaktere eine angenehme und nachvollziehbare Chemie untereinander entwickeln und ihre Motive jederzeit verständlich sind. Die Dialoge können zudem mit witzigen Pointen aufwarten und überzeugen allein durch ihre Wortwahl. Herausgekommen ist ein temporeiches Drehbuch, dessen Handlung geradlinig erzählt wird, und das (trotz einer Bruckheimer-Produktion!) im Ansatz auch etwas kritische Töne gegenüber der Politik der US-Militärs anschlägt.
Zweifelsohne war es bis heute traurigerweise das beste Skript, das Michael Bay verfilmte.

Das Aushängeschild von The Rock ist neben der Action aber sicherlich die Besetzung, die mit Sean Connery und Nicolas Cage zwei absolute Top-Stars im Repertoire hat. Beide scheinen an ihren Rollen Spaß zu haben, obgleich Connery durch die Drehs sicherlich angestrengt wurde.
Er fungierte auch als ausführender Produzent und verlangte von den Machern ein eigenes Quartier auf Alcatraz, um nicht jeden Morgen mit der Fähre hinüberfahren zu müssen – er bekam, wie er verlangt hatte.
An ihrer Seite sind Ed Harris als Bösewicht wider Willen und David Morse zu sehen; beide agieren gewohnt charismatisch, sind aber zu mehr in der Lage, wie sie in anderen Rollen schon zeigen durften. Für The Rock reicht ihre Schauspielkunst aber allemal aus, Harris passt in seine Rolle ohnehin wunschlos hinein.
Michael Biehn einmal wieder in einer größeren (und besseren) Rolle zu sehen, ist ebenfalls eine Freude, auch wenn sie wieder viel zu kurz geraten ist. Es ist ein Trauerspiel, dass der Darsteller aus Terminator [1984] nie mehr als eine gute Nebenrolle ergattern konnte, da geht es in The Rock selbst Tony Todd besser, der als durchgeknallter Marine in Erscheinung tritt. Ihm nimmt man das zwar immer ab, der klischeehafte Charakter wird dadurch aber auch nicht besser.
Auf den ersten Blick mögen Leute wie Connery, Cage und Harris in einem solchen Actionfilm verschwendet erscheinen, ihnen ist es aber zu verdanken, dass sich The Rock wohltuend von Genrekollegen abhebt und in eine andere Kategorie hinein rutscht, in der beispielsweise Face/Off - Im Körper des Feindes [1997] und Stirb langsam [1988] zu finden sind, auch wenn Michael Bays Film an die erstgenannten nicht ganz heranreicht.

Dass einem bei The Rock von der ersten Minute an keine Zeit zum Durchatmen bleibt, liegt zweifellos an der temporeichen, interessant fotografierten und rasant geschnittenen Inszenierung, mit der Michael Bay seinen bisherigen Höhepunkt erreicht hat.
Schnittwechsel, die Sinn machen, ungewöhnliche Kameraeinstellungen und eine überhaupt ständig bewegte Kamera sorgen nie für Übelkeit, sondern legen ein Erzähltempo vor, bei dem man trotz der schwachen Handlung immer aufpassen muss, um nichts zu verpassen. Kameramann John Schwartzman ist dabei im Übrigen ein Cousin von Nicolas Cage.
Sei es nun die imposante Landschaft von San Francisco oder aber der sterile Besprechungsraum im Pentagon, die Kamera fängt alle Szenen hervorragend ein und lässt dem Zuschauer immer genügend Übersicht – bis auf zwei Szenen. Die durchaus schnell geschnittene Autoverfolgungsjagd mit dem Hummer und dem Ferrari ist in vielen Einstellungen zu hektisch geraten und vor allem die überflüssigen (und billigen) Zooms auf die Gesichter der Charaktere sorgen für akute Übelkeit bei aufmerksamen Zuschauern. Selbige Zooms gibt es auch beim Finale in einer Szene, und dort wirken sie ebenso aufgesetzt und überflüssig störend.
Ansonsten kann man in keinem Moment klagen, sowohl die Schusswechsel, als auch die Handkämpfe sind hervorragend gefilmt und lassen die Spannung spürbar werden. Bays Blick für ausgefallene Optik zahlt sich hier besonders aus.

Im wahrsten Sinne atemberaubend ist auch die musikalische Untermalung des Films, bei der ebenfalls knapp ein halbes Dutzend Leute beteiligt waren. Hans Zimmer lieferte zwei Themen, Don Harper und Steven M. Stern schrieben zusätzliche Musik, der Hauptscore stammt aber von Nick Glennie-Smith und Harry Gregson-Williams, die mit ihren einprägsamen, imposanten Themen einen der temporeichsten und voluminösesten Scores geschrieben haben, die es in Actionfilmen je gab.
Ihnen ist es zu verdanken, dass sich der Score auch hervorragend zum Anhören ohne den Film eignet; die actionreichen Themen stehen den ruhigen dabei in nichts nach.
Im Film trägt die Musik immer zur Spannung und der Erzählgeschwindigkeit bei und beweist eindrucksvoll, dass in vielen Actionfilmen eine gute Musik eben unerlässlich ist. Auf die Ohren wartet ein beinahe schon episch angelegter, bombastischer Actionscore, der auf diesem Gebiet seinesgleichen sucht. Die Mischung zwischen orchestralen Instrumenten und Synthesizer ist zudem besser gelungen, als je zuvor.

Wie bei einem Actionfilm üblich darf sich der Zuschauer auf ein pyrotechnisches Feuerwerk freuen, das es bei The Rock wirklich in sich hat. Die Spezialeffekte sind samt den Explosionen wirklich sehr gut geraten, lediglich bei der Feuerwand unter der Straßenbahn kann man den Computereffekt sehr leicht erkennen – doch das stört nicht weiter.
Unter keinen Umständen ist The Rock für Jugendliche oder gar Kinder geeignet, die FSK-Freigabe ist vollends gerechtfertigt. Vieles der gezeigten Gewalt ist sicher nicht notwendig und wirkt auch aufgesetzt, es unterstreicht allerdings, dass The Rock ausschließlich für Erwachsene gedacht ist, selbst wenn er in gekürzter Fassung einmal mehr im Fernsehen zu sehen ist.

Lockere Sprüche sind bei Actionreißern schon seit langem an der Tagesordnung, auch in The Rock gibt es zahlreiche dieser One-liner, doch auch die Gespräche zwischen Sean Connery und Nicolas Cage haben es in sich; wer sich den Film daher auf deutsch anschaut, wird bei der Stimme von Sean Connery schlucken müssen, denn nach dem Tod von G.G. Hoffmann musste der Sprecherposten des Darstellers neu besetzt werden. Statt der bekannten Stimme aus den James Bond-Filmen gibt es hier Manfred Wagner zu hören, der zwar routiniert klingt und auch gut spricht, aber doch für Connery-Fans eine Umstellung sein wird.
Nicolas Cage hatte Mitte der 90er ständig wechselnde Sprecher, in The Rock wird er allerdings einmal mehr von Martin Kessler gesprochen, der seine Arbeit zwar gut macht, aber oft eine Spur zu arrogant wirkt. Gegen Wolfgang Condrus als die Stimme von Ed Harris kann man indes nichts sagen, er klingt routiniert und engagiert wie immer und bringt die Gespräche gut zur Geltung.
Wirklich genießen kann man The Rock allerdings erst in der Originalfassung, schon allein Sean Connerys schottischer Akzent macht den Film zum Hörgenuss; abgesehen davon wurden viele Witze und Sprüche für die deutsche Fassung "entschärft" – darunter leiden auch die Wortwechsel, besonders bei Connery und Cage.

Bei dem recht hohen Budget spielte The Rock über 130 Millionen Dollar wieder ein, ein stolzes Ergebnis in Anbetracht der hohen Altersfreigabe, selbst in Deutschland holte man 37 Millionen DM wieder herein.
Aufmerksame Zuschauer werden bei The Rock im Übrigen sehr oft auf witzige Details stoßen, so ist Stanley Anderson hier als der amerikanische Präsident zu sehen – zwei Jahre später mimte er ihn in der Bay/Bruckheimer-Produktion Armageddon - Das jüngste Gericht [1998] erneut (dort ist auch zum zweiten Mal der Song "Leaving on a jet plane" zu hören); Sean Connery meint im Film in einer Szene, dass er wohl seinen Sex-Appeal verloren habe, bereits 1989 wurde er vom People's Magazine zum "Sexiest Man Alive" gewählt. Das Bild des jungen Ed Harris in Militärkleidung stammt überdies aus dem Film Der Grenzwolf [1980] und Connerys Charakter John Mason möchte unbedingt im Fairmont Hotel untergebracht werden, das seinerseits in der Mason Street liegt.
Einer der offensichtlichsten (und besten) Witze ist allerdings, dass Connery meint er sei von "den Besten" ausgebildet worden, dem britischen Secret-Service – wer da nicht schmunzelt, ist selbst Schuld. Eine Zeile aus seiner James Bond-Filmografie darf er zudem in The Rock zitieren: Als Nicolas Cage sich vorstellt kommentiert John Mason trocken "Aber natürlich sind Sie das", dieselbe Antwort gab 007 auch Lana Wood in Diamantenfieber [1971]. Selbiger war übrigens der letzte Connery-Bond.
Eine traurige Anmerkung bekommt der Zuschauer zu Beginn des Abspanns genannt, dort wird der Film nämlich Produzent Don Simpson gewidmet, der kurz vor Fertigstellung verstarb. Simpson war zusammen mit Jerry Bruckheimer als Produzent bei Filmen wie Beverly Hills Cop - Ich lös' den Fall auf jeden Fall [1984] und Top Gun - Sie fürchten weder Tod noch Teufel [1986] tätig und produzierte einige der erfolgreichsten Filme der 1980er.

Man könnte The Rock vorwerfen, dass er zu laut ist, dass er unnötig brutal ist und die Story nicht einmal eine Papierseite füllt – und doch ist es einer der unterhaltsamsten und spaßigsten Actionfilme des vergangenen Jahrzehnts. Man sollte sicherlich nicht viel zum Mitdenken erwarten, aber als explosives Effektfeuerwerk ist Michael Bays zweite Regiearbeit kaum besser zu machen.
Fans des reinen Actionkinos kommen an The Rock nicht vorbei – solange sie alt genug sind.


Fazit:
Es ist hauptsächlich dem Hauptdarsteller-Duo Connery/Cage zu verdanken, dass The Rock der Kult-Actionfilm geworden ist, wie man ihn heute in Erinnerung hat. Als Buddy-Team passen die beiden hervorragend zusammen und scheinen wirklich viel Spaß bei der Arbeit zu haben, was sich auch auf die Zuschauer überträgt.
Die Action ist rasant inszeniert, großteils hervorragend geschnitten und trotz der vielen Actionszenen wirkt der Film nicht eine Minute zu lang und der Humor nie aufgesetzt. Für den Regisseur war es der bisherige Höhepunkt seines Schaffens, für das Publikum bedeutet es schnelle und feuergefährliche zwei Stunden.