The Railway Man - Die Liebe seines Lebens [2013]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. April 2016
Genre: Drama / Kriegsfilm

Originaltitel: The Railway Man
Laufzeit: 116 min.
Produktionsland: Australien / Großbritannien / Schweiz
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jonathan Teplitzky
Musik: David Hirschfelder
Darsteller: Colin Firth, Nicole Kidman, Stellan Skarsgård, Jeremy Irvine, Hiroyuki Sanada, Michael MacKenzie, Jeffrey Daunton, Tanroh Ishida, Tom Stokes, Bryan Probets, Tom Hobbs, Sam Reid, Akos Armont, Takato Kitamoto


Kurzinhalt:

Als Eric Lomax (Colin Firth / Jeremy Irvine) auf seine zukünftige Frau Patti (Nicole Kidman) trifft, beginnt für ihn ein neues Leben. Dennoch kann er sein bisheriges nicht hinter sich lassen. Gezeichnet von dem, was ihm während seiner Gefangenschaft im Zweiten Weltkrieg widerfahren ist, kann einzig sein Kamerad Finlay (Stellan Skarsgård / Sam Reid) nachvollziehen, was in ihm vorgeht. Als dieser ihm einen Zeitungsbericht um Erics damaligen Peiniger Takeshi Nagase (Hiroyuki Sanada / Tanroh Ishida) vorlegt, der inzwischen ein Kriegsmuseum betreut, bietet sich für Eric die Möglichkeit, einen Abschluss zu finden. Er reist nach Thailand, um Nagase zu stellen – und gleichzeitig in seine eigenen traumatischen Erinnerungen ...


Kritik:
Im Antikriegsdrama The Railway Man - Die Liebe seines Lebens ist der von Colin Firth eindringlich verkörperte Eric Lomax durch die Tortur, die er in japanischer Kriegsgefangenschaft erdulden musste, ebenso sehr Gefangener seiner Vergangenheit wie er nicht in der Lage ist, sein Leben mit seiner Frau Patti zu teilen. Regisseur Jonathan Teplitzkys Film ergeht es ähnlich. Hin und her gerissen zwischen Rückblicken und den Qualen, die Eric immer noch durchleidet, lädt sich die Geschichte mehr auf, als sie bewältigen kann.

Dabei beginnt The Railway Man so, wie andere Geschichte enden: Bei einer zufälligen Begegnung während einer Bahnfahrt verlieben sich Eric und Patti in einander. Sie treffen sich wieder und sind wenig später bereits verheiratet. Doch hinter der gefassten Fassade ist Eric ein gebrochener Mann. Es ist das Jahr 1980 und seine Besuche bei den Veteranentreffen mehr ein Ritual, denn die Möglichkeit, die Vergangenheit zu verarbeiten.

Während des Zweiten Weltkriegs in Shanghai stationiert, kapitulierte Eric zusammen mit seinen Kameraden im Rahmen eines angeblichen Waffenstillstandes vor den japanischen Truppen. Sie wurden in ein Kriegsgefangenenlager im Westen Thailands gebracht, wo sie beim Bau einer Länder umspannenden Eisenbahnlinie mitarbeiten sollten.
Es spielt keine Rolle, wie viele Nacherzählungen der Schrecken des Krieges man bereits gesehen, wie viele Bilder aus jener Zeit man sich angesehen, oder Augenzeugenberichte darüber man gehört hat. Was Menschen anderen Menschen angetan haben und heute noch antun, ist und bleibt unfassbar. Sieht man die ausgemergelten Gesichter der Zwangsarbeiter, die grausamen Misshandlungen, die sie erleiden, dann ist das nach wie vor erschütternd. Wie die Verantwortlichen der FSK auf die Idee kommen können, explizit dargestellte Folterszenen mit einer Freigabe ab 12 Jahren zu versehen, verstehe wer will.

Parallel versucht Regisseur Jonathan Teplitzky zu erzählen, welche Erinnerungen Eric Lomax bei Tag und bei Nacht heimsuchen, während er sich bemüht, einen Abschluss zu finden. Die Möglichkeit scheint sich Eric zu bieten, als sein Kamerad Finlay den Übersetzer Takeshi Nagese wiedererkennt, der Erics Folter damals beaufsichtigte.
Als Eric beschließt, seinen Peiniger aufzusuchen, könnte man vermuten, dass sich The Railway Man in Gefilde des bedrückenden Dramas Der Tod und das Mädchen [1994] begeben würde, doch die Szenen, in denen Eric seinen Peiniger stellt – die nach Berichten einzig der Vorstellungskraft der Autoren entsprungen sind – verpuffen, ehe sie begonnen haben.

The Railway Man erzählt keine seiner Storystränge richtig. Man weiß am Ende nicht einmal, wie lange Eric in Gefangenschaft war, oder dass der Bau der Eisenbahnlinie lange abgeschlossen war, als sie schließlich gerettet wurden. Auch wie sie befreit wurden, wird nicht beleuchtet. Mit der zweiten Erzählebene verhält es sich ähnlich, denn auch wenn Eric Lomax' Weg, dem Mann zu vergeben, der ihm so viel Leid angetan hat, wichtig und inspirierend ist, was ihn dazu brachte, seinen Hass und seine Rachegedanken zu überwinden, erfährt man nicht.


Fazit:
Sei es, was den Soldaten in Gefangenschaft widerfahren ist, oder wie Eric Lomax die Kraft zur Vergebung fand, beide Geschichten sind – wenn man sie korrekt beleuchten wollte – umfangreich genug, einen Spielfilm zu füllen. In weniger als zwei Stunden werden beide hier nur angeschnitten. Man hat beinahe das Gefühl, als würde Filmemacher Jonathan Teplitzky selbst bemerken, dass er dem Leidensweg der Kriegsgefangenen zu wenig Aufmerksamkeit widmet, während er keine Erklärung dafür hat, was Eric Lomax dazu bewog, eine Aussöhnung zu suchen.
The Railway Man - Die Liebe seines Lebens ist ein ergreifend gespieltes Drama, in dem die zurückhaltende Mimik der gebrochenen Soldaten am meisten über sie verrät. Die Bilder sind wohl überlegt, die Musik jedoch so laut, dass sie sich oft in den Vordergrund drängt. Aber auch wenn technisch hier kaum etwas zu bemängeln ist, es fehlt dem Film das emotionale Gewicht, das eine der beiden Stories allein schon besitzen würde, wenn sie nicht wie hier nur halb erzählt würde.