Surrogates - Mein zweites Ich [2009]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. Juni 2010
Genre: Science Fiction / Thriller / Action

Originaltitel: Surrogates
Laufzeit: 89 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2009
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jonathan Mostow
Musik: Richard Marvin
Darsteller: Bruce Willis, Radha Mitchell, Rosamund Pike, Boris Kodjoe, James Francis Ginty, James Cromwell, Ving Rhames, Jack Noseworthy, Devin Ratray, Michael Cudlitz, Jeffrey De Serrano, Helena Mattsson


Kurzinhalt:
Die Menschen auf der Straße scheinen keinen Makel zu besitzen. Sie sind alle junge, durchtrainiert und gesund. Nur sind es keine Menschen. Die Öffentlichkeit ist bevölkert von Androiden mit menschlichem Aussehen, den Surrogates. Gesteuert werden sie jeweils von den Menschen, die sie repräsentieren. Diese verbringen ihren Alltag zuhause und steuern ihre Alter Egos fern. So gibt es kaum mehr Verbrechen oder Krankheiten. Die wenigen, die sich gegen jene Gesellschaftsfassade gestemmt haben, sind in autonomen Bezirken zurückgezogen, auch wenn ihr Anführer, der Prophet (Ving Rhames) eine Revolution ankündigt.
Da geschieht etwas nie dagewesenes: ein Mensch wird getötet, während er mit seinem Surrogate verbunden ist. Es führt das Prinzip der Surrogates, die Sicherheit garantieren sollen, ad absurdum. Polizist Tom Greer (Bruce Willis) soll den Fall lösen, auch wenn ihn persönliche Probleme belasten. Es scheint, als wäre der Erfinder der Surrogates, Canter (James Cromwell), mit in den Fall verwickelt, oder sogar eine Schlüsselfigur ...


Kritik:
Sieht man sich das aktuelle Tagesgeschehen in den verschiedenen Nachrichtenmedien an, könnte man durchaus das Gefühl bekommen, als wäre es sicherer, das Haus gar nicht mehr erst zu verlassen. In Surrogates ist genau dies eine Realität geworden. Beinahe jeder Mensch besitzt einen nach seinen persönlichen Idealen angefertigten Androiden, der für ihn mit der Welt interagiert. Es mag im ersten Moment wie eine Traumwelt anmuten, wenn man auf der Straße nur noch junge, schöne und durchtrainierte Menschen sieht. Doch diejenigen, die ihren Surrogate steuern, verlassen selbst kaum noch das Haus und wissen mitunter nicht einmal mehr, wie ihre Lebenspartner tatsächlich aussehen. Es ist der Preis, den man für die ewige Jugend und eine quasi nicht mehr vorhandene Kriminalität bezahlen muss. Eine Splittergruppe der Menschen, die Dreads, haben jenem Ideal abgeschworen und verteufeln die Surrogates, darum bemüht, die Menschen aus ihren Tagträumen irgendwann zu befreien. Anführer der Bewegung ist ein militanter Prophet, der eine Revolution angekündigt hat. Die Ausgangslage in Surrogates, so beängstigend sie auch ist, ist nicht wirklich neu. Angesichts der heutigen technischen Machbarkeiten scheint diese Dystopie in der Tat in greifbarer Nähe und man fühlt sich nicht nur durch die erneute Beteiligung von James Cromwell ein wenig an I, Robot [2004] erinnert, wenn ein mit einem persönlichen Trauma belasteter Polizist entsandt wird, einen Mord aufzuklären, den es so gar nicht hätte geben dürfen. Immerhin hätten die Sicherungsvorrichtungen der Surrogates verhindern sollen, dass diejenigen, die sie steuern tatsächlich Schaden nehmen. Auch mutet die involvierte Verschwörung in Militärkreisen bekannt an und das letzte Drittel bleibt nicht nur vorhersehbar, sondern enttäuscht sogar mit einigen sehr versöhnlichen Klischees, die das zugrunde liegende Graphic Novel wie zu erwarten war nicht besitzt. Für Regisseur Jonathan Mostow ist dies der erste Film seit Terminator 3 – Rebellion der Maschinen [2003], und auch wenn man sich wünschen würde, der Filmemacher kehrte zurück zu seinen anspruchsvollen Wurzeln, enttäuscht der Science Fiction-Thriller trotz Potential mit einer zu kurzen Geschichte, deren Ausgang man nach dem ersten Akt bereits vorhersagen kann. Die gesellschaftskritischen Untertöne sind nicht nur interessant, sondern stellenweise sogar subtil untergebracht, doch statt sich auf einen verzwickten und komplexen Kriminalfall zu konzentrieren, nimmt Surrogates die Abkürzung über eine verkrampft actiongeladene zweite Hälfte, die nicht nur wenig Sinn ergibt, sondern das Erzähltempo von einem Moment auf den anderen so schnell erhöht, dass man meinen könnte, man habe etwas verpasst. Selbst das recht hohe Budget sieht man dem Film nicht an und vergleicht man ihn direkt mit dem ebenfalls letztjährigen Kinohit District 9 [2009], muss man sich fragen, wo das Geld geblieben ist.

Fans dürfen immerhin darauf zählen, dass Bruce Willis als Mitfünfziger eine coolere Figur abgibt wie sein auf jung getrimmtes Surrogate-Alter-Ego. Doch auch ihm scheint das Charisma abhanden gekommen zu sein. Die bröckelnde Ehe zwischen ihm und Maggie (solide gespielt von Rosamund Pike) ist ebenso am Reißbrett entworfen wie ihr persönliches Trauma. Statt eine soziale Vereinsamung durch den Gebrauch der Surrogates zu zeigen, quasi als Spiegelbild dessen, was Menschen mit ihrer Internetsucht und ihren virtuellen Avataren widerfährt, konzentriert sich Surrogates auf eine Story, die nicht hält, was sie verspricht. Handwerklich mittelmäßig sind es allenfalls die guten Ansätze, die hier entschädigen. Doch der Blick in die Umkehrung der Virtual Reality – sozusagen eine Real Virtuality – bleibt weit hinter seinem Potential. Da helfen auch die namhaften Beteiligten nicht.
Die deutsche Synchronisation mag zwar grundsätzlich routiniert gelungen sein, wer dem in Österreich geborenen Boris Kodjoe jedoch gestattete, sich selbst zu synchronisieren, hat sich das Endergebnis wohl nicht angehört. Selten zerstörte eine Stimme eine Rolle so gründlich wie hier.


Fazit:
Die Prämisse ist erschreckend und verlockend zugleich. Kaum direkte Interaktion zwischen den Menschen bedeutet, keine Krankheiten, verringerte Kriminalität. Aber auch die soziale Ausgrenzung eines jeden Individuums. Wie das realisiert werden soll, wie sich jeder einen Surrogate leisten kann, interessiert jedoch leider nicht. Der Film stellt das Bild einer Weltordnung vor, ohne es genauer zu beleuchten. Auch das Verbrechen wird gezeigt, ohne zu erklären, wie es funktionieren soll. Surrogates reduziert die vielen guten Elemente auf ein Notwendiges, um eine mäßig spannende Actionparade zu bieten, statt sich auf die Gesellschaftskritik und den Krimi zu konzentrieren.
Hier gibt es nichts wirklich Neues zu sehen und auch die Beteiligten, allen voran Bruce Willis, spielen, als würden sie sich fernsteuern. Das ist zwar nicht schlecht und durchaus interessant. Nur nicht all das, was man sich dank der Vorlage und der Namen vor wie hinter der Kamera vorgestellt hatte.