Regression [2015]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 19. Juni 2016
Genre: Thriller / Drama

Originaltitel: Regression
Laufzeit: 106 min.
Produktionsland: Spanien / Kanada
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Alejandro Amenábar
Musik: Roque Baños
Darsteller: Ethan Hawke, Emma Watson, David Thewlis, Lothaire Bluteau, Dale Dickey, David Dencik, Devon Bostick, Aaron Ashmore, Peter MacNeill


Kurzinhalt:

Als John Gray (David Dencik) die schriftlichen Schilderungen seiner Tochter Angela (Emma Watson) liest, dass er sie mehrmals missbraucht haben soll, gesteht er, auch wenn er sich nicht daran erinnern kann. Wieso sollte sie lügen? Polizist Bruce Kenner (Ethan Hawke) zieht den Psychologen Kenneth Raines (David Thewlis) hinzu, der mittels hypnotischer Regression Zugang zu den blockierten Erinnerungen von John finden soll. Was er in diesen Sitzungen verrät, legt den Verdacht nahe, dass er Teil einer satanischen Sekte ist, der auch Angelas Großmutter Rose (Dale Dickey) angehört. Je weiter Bruce gräbt, umso weitere Kreise ziehen die Vermutungen und umso mehr hat er selbst das Gefühl, in das Visier der Satanisten geraten zu sein ...


Kritik:
Alejandro Amenábars
Regression ist ein atmosphärischer, düsterer Film. Angesichts der Thematik, die von Kindesmissbrauch bis hin zu satanischen Sekten reicht und angeblich auf Tatsachen basiert, sollte er das auch. Doch so sehr die drei Hauptdarsteller in ihren Rollen überzeugen und so gelungen der Regisseur mit dem spielt, was im Schatten liegt, sein Mysterythriller ist am Ende merklich zu lang und die Auflösung lässt mehr Fragen offen, als Antworten geliefert werden.

Die Geschichte beginnt damit, dass der Witwer John Gray im Jahr 1990 auf das Polizeipräsidium kommt, wo er gesteht, seine Tochter Angela sexuell missbraucht zu haben. Obwohl er sich daran nicht erinnern kann, gibt er es zu, immerhin hat Angela den Missbrauch schriftlich angezeigt und sie würde nicht lügen. Polizist Bruce Kenner wird mit dem Fall betraut und zieht den Psychologen Kenneth Raines hinzu, der versucht, Johns Erinnerungen mittels hypnotischer Regression freizulegen. Seine Schilderungen legen den Verdacht nahe, dass die Grays einer satanischen Sekte angehören.

Mehr sollte man über Regression nicht verraten, um die einzelnen Stationen der Geschichte nicht vorweg zu nehmen. Es dauert sehr lange, ehe Bruce Kenner zum ersten Mal Angela gegenübersteht. Sieht man, wie er zunehmend besessener wird, den Kult aufzudecken, wird deutlich, wie er immer weiter seine Objektivität verliert.
Regisseur Amenábar unterstützt dies durch seine natürliche Ausleuchtung der ohnehin unheimlichen und düsteren Zimmer, einer Scheune, die buchstäblich einem Alptraum entsprungen sein könnte und des ständig wolkenverhangenen Himmels.

Sieht man sich die letztendliche Aussage des Films an, liegt genau hier das große Manko: Es gibt im ganzen Film niemanden, der – wie man es in Wirklichkeit trotz einer Hysterie vor satanischen Sekten erwarten muss – vernünftige Fragen stellt. Regression lenkt seine Figuren in die Richtung, die das Drehbuch benötigt, um die erforderliche Stimmung zu erzeugen, selbst wenn die Verhaltensweisen der Personen keinen großen Sinn ergeben. Wäre nicht mitten in der Erzählung ein Moment eingestreut, der den Blickwinkel weg von den Opfern hin zum Täter verändert, würde die Auflösung völlig in sich zusammenfallen.

So sieht man zwar den von Ethan Hawke gut verkörperten Polizisten Kenner seinen Vermutungen nachgehen, möchte ihm jedoch zurufen, je mehr er sich in die Ermittlungen hineinsteigert, dass er doch hier und da eine Überlegung anstellen müsste, um den Fall sofort zu lösen. Erfährt man über Bruce Kenner zu wenig, um nachvollziehen zu können, weshalb der Fall so wichtig für ihn ist, bleibt David Thewlis' Psychologe Raines vollkommen außen vor. Regression beleuchtet die Charaktere gar nicht, oder nur oberflächlich. Die meisten Informationen stammen aus Suggestivfragen, oder werden einführend kurz vorgestellt. Dass man aus ihrem Verhalten etwas über sie erfährt, ist so gut wie ausgeschlossen.

Man würde erwarten, dass Filmemacher Alejandro Amenábar zumindest Genaueres über die satanischen Sekten preisgibt, doch insbesondere angesichts der Auflösung wäre es die klügere Entscheidung gewesen, hier allein die Tonbandaufnahmen für sich sprechen zu lassen, anstatt selbige mit Bildern zu unterlegen. Wie bei seinem Film The Others [2001] beweist der Regisseur ein Händchen für gut komponierte Szenen, unheimliche Bilder und eine gruselige Atmosphäre. Nur wird die Auflösung dem nicht gerecht.


Fazit:
Sieht man, wie verbissen der Polizist Bruce Kenner den Schilderungen der satanischen Rituale folgt, bekommt man das Gefühl, es ginge ihm näher als andere Fälle. Nur warum? Über seine Figur verrät Regisseur Alejandro Amenábar nur, dass er von seiner Frau getrennt ist, mehr nicht. Regression verlässt sich darauf, dass die namhaften Darsteller die Charaktere zum Leben erwecken, auch wenn sie kaum Substanz bieten. Das gelingt zum Teil, nur wird der Film deshalb nie so spannend, wie er es gern wäre. Die düstere Stimmung gelingt überaus gut und hält auch von Anfang bis Schluss. Nur hat man am Ende das Gefühl, als wäre man an der Nase herumgeführt worden, weniger von den Figuren, als vom Film selbst, der nie genug Hinweise liefert, als dass die Auflösung wirklich schlüssig wäre, oder man selbst dahinterkommen kann. Vor allem kratzt die Geschichte deshalb bei allen Themen, die sie streift, nur an der Oberfläche.