Real Steel [2011]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 07. Mai 2012
Genre: Unterhaltung / Action / Science Fiction

Originaltitel: Real Steel
Laufzeit: 127 min.
Produktionsland: USA / Indien
Produktionsjahr: 2011
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Shawn Levy
Musik: Danny Elfman
Darsteller: Hugh Jackman, Dakota Goyo, Evangeline Lilly, Anthony Mackie, Kevin Durand, Hope Davis, James Rebhorn, Karl Yune, Olga Fonda, John Gatins, Sophie Levy, Tess Levy, Charlie Levy, Gregory Sims, Torey Adkins


Kurzinhalt:
Vor Jahren war Charlie Kenton (Hugh Jackman) ein erfolgreicher Boxer. Doch der Sport hat sich verändert, inzwischen steigen keine Menschen mehr in den Ring, sondern von ihnen angeleitete Roboter, die den Zuschauern eine gigantische Show liefern. Unübertroffener Sieger ist seit geraumer Zeit Zeus, ein autonomer Roboter, der selbst Gegnern in der Profiliga keine Chance lässt. Kenton versucht, sich mit kleinen Kämpfen über Wasser zu halten, doch hat er sich verschätzt und seinen einzigen Roboter bei einem Kampf verloren.
Da erfährt er, dass seine Ex-Freundin überraschend verstorben ist. Das Sorgerecht für ihren gemeinsamen Sohn Max (Dakota Goyo) könnte bei Charlie landen, auch wenn Debra (Hope Davis), die Schwester der Verstorbenen, ihn gern bei sich aufnehmen würde. Als Charlie erfährt, wie wohlhabend Debras Mann Marvin (James Rebhorn) ist, bietet er diesem im Vertrauen einen Handel an: Für eine horrende Summe würde er auf das Sorgerecht verzichten und Max sogar für den Sommer bei sich aufnehmen. Marvin geht auf den Handel ein. Doch nachdem Max auf einem Schrottplatz den ausrangierten Boxroboter Atom ausgräbt, ihn säubert und trainiert, beginnt für Max und Charlie eine gemeinsame Reise, die sie über Siege und Niederlagen näher zueinander führt. Bailey (Evangeline Lilly), deren Vater Charlie früher trainiert hat, und die jetzt mit ihm zusammen ist, hat sein Potential schon immer erkannt. Nur muss Charlie es selbst erkennen können – für sich und für seinen Sohn ...


Kritik:
Wenn sich in einer großen Hollywood-Produktion schrankgroße Roboter im Ring gegenseitig die blecherne Birne weichprügeln, fallen einem unweigerlich Parallelen zu Rocky [1976] ein. Entwickelt sich die Story nach einem kurzen Auftakt zur Vater-Sohn-Geschichte, erinnert man sich an einen weniger rühmlichen Film mit Sylvester Stallone: Over The Top [1987]. Dabei mutet Real Steel tatsächlich wie eine Mischung der beiden an, der es aber glücklicherweise gelingt, die gröbsten Klischees zu umschiffen, und der es interessanterweise letztlich um die Figuren geht, nicht (nur) um die Schauwerte.

Dies zu übersehen ist schon deshalb schwierig, weil insbesondere die Einleitung der Charaktere gleich mehrmals vorgenommen wird. So sehen wir Charlie zu Beginn, wie er sich übernimmt und bei einem ohnehin schon unfairen Kampf seinen Roboter verheizt. Dass es sich eines Tages rächen wird, sich aus dem Staub zu machen, ohne seine Schulden zu bezahlen, ist so sicher wie dass der Endkampf gegen den ungeschlagenen und übermächtigen Champion Zeus stattfinden wird. Man sollte meinen, die Blamage wäre Charlie eine Lehre, doch den nächsten Roboter lässt er bei einem Schwarzmarktkampf zerlegen, wo es aus seinem Sohn Max herausplatzt, ob Charlie denn je darüber nachdenkt, was er tut, bevor er es tut. Diese Frage stellen wir uns an der Stelle ebenfalls – Max kennt seinen Vater aber erst seit einem Tag. Er hat ihn und seine Mutter sitzen lassen, doch nach dem plötzlichen Tod seiner Ex-Freundin, könnte das Sorgerecht auf Charlie übergehen. Seine 'Schwägerin' Debra würde sich gern um Max kümmern, doch da ihr Ehemann wohlhabend ist, wittert Charlie eine Möglichkeit. Für 100.000 Dollar würde er auf das Sorgerecht verzichten und dafür sogar den Sommer mit Max verbringen.

Der elfjährige ist von der Idee nicht angetan und kommt zumindest in einer Hinsicht nach seinem Vater: Er erwartet von ihm einen Anteil der Ablöse. Nach dem zweiten vernichtenden Kampf macht sich Charlie auf einem Schrottplatz auf die Suche nach Ersatzteilen für seinen Roboter – dort findet Max den im Schlamm vergrabenen Atom. Er ist ein Roboter einer vergangenen Generation, den er ausgräbt und mitnimmt. Selbst wenn man außer Acht lässt, wie ein Elternteil mit einem Kind umgehen sollte, Charlies Reaktion ist für Max' Selbstvertrauen vernichtend. Dass Atom eine Chance im Ring haben sollte, wie Max ihm zugesteht, kann Charlie nicht einsehen. Mit seinen ablehnenden Worten erstickt er alle Hoffnungen seines Sohnes. Doch Max lässt sich nicht unterkriegen und reinigt den Roboter. Er bringt ihm sogar neue Bewegungen bei und wenig später haben beide einen ersten Kampf zu bestehen. Real Steel deutet einige Male an, dass mehr Science Fiction in der Geschichte stecken könnte. Wenn sich Atom im Spiegel betrachtet beispielsweise. Aber tut er das wirklich? Oder interpretieren wir in sein dem Menschen nachempfundenes Gesicht, auf dem sogar einem Lächeln ähnlich eine Unebenheit im Gitter zu sehen ist, nur hinein, was wir erkennen wollen? Wenn Max ihm verrät, dass sein Geheimnis bei ihm sicher ist, könnte man vermuten, dass in Atom eine künstliche Intelligenz schlummert, dass er mehr ist, als die anderen Kampfroboter. Doch am Ende kommt es Regisseur Shawn Levy darauf an, wie Charlie und Max miteinander umgehen und wie sie sich selbst akzeptieren.

Charlie hat es selbst nicht bis zum Titel als Boxer geschafft. Nicht nur, dass er sich selbst übernimmt, er geht chancenlos auch ohne Hoffnung in einen Kampf und versucht gleichzeitig, seinen Sohn vor denselben Enttäuschungen zu bewahren. Doch dass ihm dabei auch ein möglicher Sieg entgehen könnte, sieht er nicht. In Atom besteht für ihn die Möglichkeit, sich selbst zu beweisen und seinem Sohn zu zeigen, was für ein Vater er sein könnte. Der Tod seiner Mutter wird nur ein paar Mal thematisiert, stattdessen verlässt sich Real Steel darauf, wie ein gemeinsames Ziel zwei Menschen zusammenschweißen kann.
Nach zahlreichen Komödien verwundert es nicht, dass Levy auch Real Steal viel Humor beimischt. Und es wäre auch zu viel zu behaupten, die Geschichte um einen vergangenen Boxer, der sich noch einmal zurückmeldet, wäre wirklich neu. Auch die Dialoge mit Charlies Freundin Bailey, deren Vater ihn trainierte, klingen sehr vertraut. Und doch gelingt es dem actionreichen Science Fiction-Film, uns für die Figuren zu interessieren. Ihr Schicksal ist uns nicht egal und sei es nur, damit sich der Underdog Atom gegen die etablierten und polierten Blechhelden durchsetzen kann. Wirklich spannend oder überraschend ist das nicht, aber handwerklich sauber umgesetzt, tadellos gemacht und dank der Dynamik in den Boxkämpfen könnte man beinahe vergessen, dass hier keine wirklichen Sportler im Ring stehen.


Fazit:
Das Zielpublikum wird in Max' Alter sein, oder ein klein wenig älter. Ob Junge oder Mädchen, wenn die bunten, großen Roboter den Ring besteigen, sind alle Augen auf den Film gerichtet. Regisseur Shawn Levy brennt ein Effektfeuerwerk ab, das sich vor anderen, transformierenden Kolossen nicht zu verstecken braucht. Und doch erzählt er dabei eine Geschichte, in der die Figuren eine tragende Rolle spielen. Real Steel ist und bleibt toll gemachtes Unterhaltungskino, doch in seinem Kern stecken Charaktere aus Fleisch und Blut, nicht aus Metall und Elektronik.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Story absehbar bleibt und wenige Überraschungen bietet. Doch das wiegen die gut gelaunten Darsteller wieder auf. Dass Hugh Jackman als unangenehmer Zeitgenosse angelegt ist, macht seine Entwicklung greifbarer. Evangeline Lilly und Dakota Goyo kommen ebenfalls zum Zug, wenn auch nicht so oft. Letztendlich kommt es darauf an, dass wir trotz allem interessiert bleiben und uns nicht egal ist, wer den Endkampf gewinnt. Das gelingt Real Steel erstaunlicherweise sehr gut. Auch wenn man das Gefühl bekommt, dass manche Ideen der Story nur angeschnitten, aber nicht weiterverfolgt werden.