Monk: "Monk und das Attentat" [2002]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. April 2004
Genre: Krimi / Komödie

Originaltitel: Mr. Monk and the Candidate
Laufzeit: 78 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Dean Parisot
Musik: Jeff Beal
Darsteller: Tony Shalhoub, Bitty Schram, Ted Levine, Jason Gray-Stanford, Kane Ritchotte, Shawn Reis, Gail O'Grady, Stellina Rusich, Michael Hogan


Kurzinhalt:
Drei Jahre ist es her, dass Adrian Monk (Tony Shalhoub) seinen Job beim San Francisco Police Department verlor. Der einst erfolgreiche Detective verfiel nach dem ungeklärten Mord an seiner Frau Trudy (Stellina Rusich) einem beinahe schon autistisch anmutenden Zwangsverhalten und ist seitdem für den Polizeieinsatz nicht mehr geeignet.
An seiner Begabung zu ebenso schnellen, wie zutreffenden Schlussfolgerungen bei der Verbrechensaufklärung ändert das jedoch nichts, und so wird er mit seiner exzentrischen Krankenschwester Sharona Fleming (Bitty Schram) von Polizei-Captain Leland Stottlemeyer (Ted Levine) als Berater in einem Mordfall hinzugezogen.
Monk vermutet, dass der Fall mit einem misslungenen Attentat auf einen Bürgermeisterkandidaten, Warren St. Claire (Michael Hogan) zusammenhängt, auch wenn die Polizei dies zunächst ignoriert. Doch während Monk weiter in dem Attentatsfall ermittelt, stößt er auf Ungereimtheiten, und schon bald legt der Attentäter auf Monk selbst an.


Kritik:
Neue Serien haben es heutztage nie leicht: Entweder wirkt das Konzept wie eine Kopie eines bereits bekannten Formats, oder aber die Macher verlassen sich auf ein bestimmtes Genre, in dem es aber bislang schon überall erstklassige Vertreter gibt.
Drama-Fans kommen um e.r. - Emergency Room [seit 1994] nicht herum; wer sich für Sitcoms interessiert, für den ist nachwievor Friends [1994-2004] die beste Wahl, und Thriller-Drama-Serien gibt es zuhauf; sei es Third Watch – Einsatz am Limit [seit 1999], C.S.I. - Tatort Las Vegas [seit 2000], 24 [seit 2001] oder die kinoreife Serie Alias – Die Agentin [seit 2001], die auch mit enorm viel Action aufwarten kann.

Monk versucht, Drama und Krimi miteinander zu verbinden, dabei aber immer noch genügend Humor zu bieten, um nicht zu trocken zu wirken. Wer trotz mancher Werbeversprechungen allerdings eine Sendung im Stile von Columbo [seit 1971] erwartet, wird enttäuscht werden; gegen den Ermittler im zerknautschten Trenchcoat zieht Monk sowohl was den liebenswerten Charakter, als auch die zum Teil sehr spannenden Fälle, angeht den Kürzeren.
Die Witze zieht die Serie dabei vor allem aus den Marotten, die Hauptcharakter Monk entwickelt hat, um den Tod seiner Frau zu verarbeiten (diese Eigenarten besaß Monk zwar schon früher, sein introvertiertes, ja fast autistisches Verhalten hat aber seit seinem Verlust beinahe unerträgliche Außmaße angenommen). Das reicht von einem zwanghaften Ordnungswahn bis hin zu einem fotografischen Gedächtnis. Wenn man sich die Charakterzüge allerdings ansieht, erscheint Monk nicht viel mehr, als eine Mischung aus Dustin Hoffman in Rain Man [1988] und dem schrulligen John Cage (Peter MacNicol) aus Ally McBeal [1997-2002]. Inwiefern diese Eigenarten sich aber im Laufe der ersten Staffel abnutzen werden, wie es bei Ally McBeal besonders in den letzten Jahren der Fall war, wird sich weisen.
Für sich betrachtet ist Monk dennoch ein äußerst interessanter Charakter, der für genügend komische Momente sorgt, um den Zuschauer zum Lachen zu bringen, und dessen Sherlock-Holmes-ähnliche deduktive Ermittlungsmethode immer wieder für Staunen sorgt.

Zu verdanken ist all das verständlicherweise dem Drehbuch, dem es bereits in der ersten Episode der Serie gelingt, Monk als Sympathiecharakter einzubinden und den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Erreicht wird es zum großen Teil durch seine Macken, die sogar Jack Nicholson in Besser geht's nicht [1997] wahrlich blaß aussehen lassen. Mitverantwortlich für den schnellen Zugang zur Persönlichkeit Monks ist aber auch die Tatsache, dass er grundsätzlich unterlegen ist. Zwar kann er Schüchternheit, ja  Phobie vor Menschen im Allgemeinen durch einen messerscharfen Verstand ausgleichen, trotzdem braucht er stets Hilfe und ist nachwievor ein gebrochener Mensch. Am ehesten ist Adrian Monk mit einem Kind zu vergleichen und sorgt insbesondere deshalb für Komik, weil er in späteren Folgen seine Phobien als "kindisch" und nicht haltbar erkennt – aber gleichzeitig frustriert zugeben muss, dass er einfach nicht aus seiner Haut kann.
Und genau hier kommen die Nebencharaktere der Serie ins Spiel: Seine Krankenschwester und Assistentin Sharona ist ansich seine einzige Verbindung zur Außenwelt; sie selbst ist im Gegenzug um Monk ständig besorgt, gleichwohl er selber zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt ist, als dass er auf seine Umwelt Rücksicht nehmen könnte. Monks ehemaliger Vorgesetzter, Captain Stottlemeyer besitzt immer noch einen großen Respekt vor der Titelfigur, bewundert und beneidet ihn gleichermaßen um seine Fähigkeit, in kürzester Zeit die komplexesten Zusammenhänge zu erkennen. Er erfüllt in der Serie eine Vater-Figur und Stimme der Vernunft und Normalität, die Monk dringend benötigt; glücklicherweise bekommt er in den späteren Folgen auch mehr zu tun. Abgesehen von Monk selbst ist Stottlemeyer vielleicht der sympathischste und ausbaufähigste Charakter.
An seiner Seite steht Randall Disher (Jason Gray-Stanford), der zwar für viele Lacher sorgt, aber (leider) noch zu blaß bleibt.

Bei einem so melancholisch-traurigen "Helden" und einer derart skurrilen Truppe verliert man schnell die eigentliche Story aus dem Blick, glücklicherweise ist die in Monk und das Attentat erfreulich "einfach" gehalten. Denn obwohl Monk einst ein hochdekorierter Detective des SFPD war, hat er es nicht von Anfang an mit den Reichen und Schönen zu tun, sondern ebenfalls mit ganz normalen Fällen. Die Story ist mit vielen Details versehen und wirkt in sich schlüssig, auch wenn die Auflösung recht plötzlich kommt.
Sämtliche Hauptpersonen werden kurz vorgestellt und bieten genügend Raum für Entwicklungen innerhalb der Serie.
Interessant ist zudem die Laufzeit des Pilotfilms, der nicht wie heute sonst üblich auf eine normale 45-Minuten Episode gepresst wird, oder auf 90 Minuten gestreckt. Mit den 75 Minuten nehmen sich die Autoren genau so viel Zeit, wie sie für die Geschichte benötigen und etablieren ansprechend die Genres, die die Serie in sich vereinen soll: Krimi, Drama und Komödie.
Insgesamt betracht ist das Skript zwar sicherlich nicht preisverdächtig, doch es ist gut genug geraten, um der Serie einen soliden Einstand zu sichern.

Hauptdarsteller Tony Shalhoub, bisher bekannt aus Filmen wie Men in Black [1997] oder Ausnahmezustand [1998] fungiert bei der Serie zusätzlich als Produzent und arbeitete mit dem Regisseur des Pilotfilms, Dean Parisot bereits bei Galaxy Quest [1999] zusammen. In der Rolle des Monk scheint er vollends aufzugehen, sowohl die Geistesblitze, als auch die bisweilen peinlichen Momente verkörpert er vor der Kamera glaubwürdig und wirkt dabei nicht unsympathisch. Mittlerweile wurde er dafür sogar mit einem Emmy ausgezeichnet. Ihm und seinem Autorenteam gelang ein Drahtseilakt der besonderen Art, denn auch wenn Monks Krankheit (Obsessive Compulsive Disorder, zu deutsch: Obszessiv-zwanghafte Verhaltensstörung) zwar immer witzig dargestellt wird, so wäre es doch respektlos, sich über Menschen, die unter dieser Krankheit in der Realität leiden, lustig zu machen; stattdessen sorgen die Macher dafür, dass man als Zuschauer nie über Monk, sondern mit ihm lacht.
An seiner Seite sind Bitty Schram und Ted Levine zu sehen, die beide zumindest in der ersten Folge sichtlich weniger zu tun haben. Obgleich sie sympathisch rüber kommen, können sie angesichts Shalhoubs One-Man-Show fast zwangsläufig nur den Kürzeren ziehen. Potential bergen sie allerdings genügend, um in kommenden Episoden richtig ausgearbeitet zu werden, man darf also hoffen, dass die Autoren diese Möglichkeiten auch nutzen.

Die Inszenierung kommt glücklicherweise ohne Patzer oder überflüssige Zeitlupen aus, kann auf der anderen Seite aber trotzdem mit interessanten Kameraeinstellungen und Schnittfolgen punkten.
Insofern ist Monk die Bestätigung, dass Parisots saubere Inszenierung von Galaxy Quest kein Zufall war, sondern der Regisseur sein Handwerk schlicht und ergreifend beherrscht.
Über vertrautes TV-Niveau ragen Kamera und Schnitt zwar nicht hinaus, dafür hat man nie das Gefühl, die Serie wäre im Studio aufgenommen, oder stümperhaft umgesetzt.
Bedenkt man die recht chaotischen Dreharbeiten, die für den Pilotfilm noch in Vancouver stattfanden – die restliche Staffel enstand in Toronto – mit gelegentlichen Außendrehs in San Francisco (die zweite Staffel wurde indes in Los Angeles gedreht), ist das durchaus ein Verdienst des Produktionsleiters.

Die Musik geht mit ihren bisweilen jazzigen Rhythmen ungewohnte Wege, erscheint aber nie aufgesetzt oder unpassend. Das gelungen Grundthema selbst ist, wie heute üblich, leider denkbar kurz geraten – schade nur, dass für die zweite Staffel auf einen ziemlich gewöhnungsbedürftigen neuen Song von Randy Newman (Musik zu Seabiscuit [2003]) mit dem Titel "It's a Jungle Out There" zurückgegriffen wird.
Komponist Jeff Beal gelang jedenfalls eine gelungene Vertonung, die auch in ernsten Situationen nie gekünstelt fröhlich klingt.

Eine neue Serie anhand eines Pilotfilms einzuschätzen, ist schwer, wenn nicht gar unmöglich. Die meisten Konzepte benötigen eine gewisse Zeit, um ihre Linie und ihren Stil zu finden – ein gutes Beispiel hierfür ist C.S.I. - Tatort Las Vegas.

Bislang bietet die Serie gute Unterhaltung ohne Nebenwirkungen, deren großer Storybogen eindeutig ist: Den Mörder von Monks Frau ausfindig zu machen, der bislang nicht entlarvt wurde. Der Verlust seiner Trudy wirkt sich verständlicherweise gerade deshalb so schlimm auf ihn aus, da er durch sein fotografisches Gedächtnis jede noch so schmerzhafte Kleinigkeit stets vor Augen sieht. Aus eben jenen Situationen, in denen Monk im Alltag an seine verstorbene Frau erinnert wird und ihm sein inneres Leiden ins Gesicht geschrieben steht, zieht die Serie auch ihre stärksten und besten, weil eben ernstesten Momente.
Ohne etwas vorweg zu nehmen, kann man hier auch ein kleines Resümee ziehen, was den Zuschauer in den ersten zwei Staffeln, die jeweils nur 13, beziehungsweise 16 Folgen umfassen, erwarten wird. Dabei bleibt festzuhalten, dass die zweite Staffel trotz des deutlich schächeren Musikthemas handwerklich bessere und komplexere Kriminalfälle bietet. Gleichzeitig wird Monks Krankheit weniger Raum eingeräumt, was allerdings kein Fehler sein muss, immerhin wären zu viele Marotten auch unglaubwürdig. Seine bisweilen schon kindlichen Macken sind ja gerade deshalb so witzig, weil man sich als "normaler" Mensch immer wieder ertappt, wie man sich manchmal ganz ähnlich verhält, dieses aber dann zu überspielen versucht.
Mit mehr Außendrehs und ausgefalleneren Schauplätzen wirkt die zweite Staffel neben der soliden ersten zudem professioneller. Fans, die das Konzept also interessant finden, sollten unbedingt am Ball bleiben und nicht schon nach den ersten paar Episoden das Handtuch werfen – auch wenn die deutsche Synchronisation einen dazu oftmals mehr als ermutigt, da der amerikanische Original-Ton einfach deutlich überlegen ist.
Doch trotzdem das größte Problem von Tony Shalhoubs Produktion eher darin bestehen, in Europa einen geeigneten Markt zu finden, denn weder für Thriller-Fans, noch für Drama-Willige ist Monk eine Offenbarung, und der skurrile Humor trifft ebenfalls nicht jedermanns Geschmack. Vielmehr ist es eine Nischen-Serie, die zwar ein kleines, dafür treues Publikum ansprechen dürfte. Ob das wirtschaftlich tragbar ist, sei dahin gestellt. In den USA konnte Monk zumindest einen respektablen Erfolg verbuchen – die dritte Staffel wird bereits gedreht –, und hierzulande hat der Sender RTL angekündigt, mit der Ausstrahlung der Serie noch in diesem Jahr zu beginnen.


Fazit:
Ein grundsympathischer, weil schrulliger und doch intelligenter Hauptcharakter, der seine detektivischen Fähigkeiten gekonnt einzusetzen vermag, interessante, zum Teil liebenswerte Nebencharaktere und ein solider, wenn auch nicht unbedingt neuartiger Fall machen Monk und das Attentat zu 70 Minuten leichter und humorvoller Fernsehkost.
Zwar bietet der Pilotfilm nichts, was man nicht schon gesehen hätte, dafür ist er handwerklich sauber umgesetzt. Die Serie selbst hat in den ersten zwei Jahren ihr Potential noch nicht ganz ausgeschöpft, mausert sich aber zu einer TV-Perle, die eben weil sie nur ein kleines Publikum anspricht, dieses auch halten könnte.