Lakeview Terrace [2008]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 26. August 2009
Genre: Thriller

Originaltitel: Lakeview Terrace
Laufzeit: 110 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Neil LaBute
Musik: Jeff Danna, Mychael Danna
Darsteller: Samuel L. Jackson, Patrick Wilson, Kerry Washington, Ron Glass, Justin Chambers, Jay Hernandez, Regine Nehy, Jaishon Fisher, Robert Pine, Keith Loneker, Caleeb Pinkett


Kurzinhalt:
Als der Polizist Abel Turner (Samuel L. Jackson) zum ersten Mal seine neuen Nachbarn sieht, ist er nicht begeistert. Chris Mattson (Patrick Wilson) ist weiß, seine Frau Lisa (Kerry Washington) ist eine Farbige. Als er wenig später Chris Zigarettenkippen von seinem Grundstück aufliest und beide bei einem gemeinsamen Poolbesuch beobachtet, sieht der angespannte Cop rot.
Es sind erste Kleinigkeiten und verbale Anfeindungen, die Chris begreiflich machen, dass er und seine Frau in Abels Nachbarschaft nicht willkommen sind. Diese Attacken spitzen sich schließlich zu und bedrängen Chris und Lisas Ehe zusätzlich, die auch von Lisas Vater Harold (Ron Glass) mehr geduldet als gebilligt wird. Als außerdem verheerende Waldbrände immer näher an die Wohnsiedlung Lakeview Terrace heranrücken und Abels Job in Gefahr gerät, geraten die Gemüter außer Kontrolle und die Feindseligkeiten zwischen den Nachbarn verlieren jeden Bezug zur Realität ...


Kritik:
Welche Ursachen hat Rassismus? Und wenn man diese Frage stellt, dann auch ohne den Zusatz "in unserer heutigen Zeit". Lakeview Terrace präsentiert einen verbitterten Cop, Abel Turner, der bei seiner Alltagsarbeit zwar aufräumt, dabei jedoch Methoden verwendet, die man im günstigsten Fall als grenzwertig bezeichnen könnte. Verbrecher, die ihn mit Informationen versorgen, werden auf freiem Fuß gelassen, und ein farbiger Familienvater, der drohte seine Familie zu erschießen und sogar mehrmals auf die Polizisten schoss, erzieht Abel mit radikalen Maßnahmen. Da kommt ihm das neue Pärchen im Haus nebenan gerade recht, das aus dem weißen Chris und der dunkelhäutigen Lisa besteht. Weshalb Abel solche Probleme damit hat, ein Paar verschiedenen ethnischen Hintergrundes zu sehen, und wieso er seine neuen Nachbarn das vom ersten Moment an spüren lässt, wird später im Film sogar erklärt. Und wie jedes Mal, wenn es um das Thema Rassismus geht, scheint die Erklärung oberflächlich und dem offensichtlichen Hass nicht angemessen.
Auf der anderen Seite lernt man die neuen Nachbarn in Lakeview Terrace kennen. Chris arbeitet für einen Supermarkt und hilft der Firma bei der Expansion, Lisa arbeitet von zuhause aus. Was sie genau macht, wird nie erklärt. Man fragt sich auch, wie eine solche Ehe, deren Betrachtung durch Familie und Freunde ohnehin immer auf den Rassenunterschied reduziert wird, funktionieren kann, wenn beide Partner immer wieder nicht ehrlich zueinander sind. Chris beispielsweise raucht heimlich, ohne dass Lisa etwas davon erfahren soll. Sie hingegen belügt ihren Mann bei der Familienplanung. Das führt in Lakeview Terrace zwar grundsätzlich zu Diskussionen, die viele Paare regelmäßig führen, doch fehlt die meiste Zeit über schlichtweg eine Figur, mit der man sich als Zuseher wirklich identifizieren würde. Dass Chris Einschätzung, seine Beziehung zu Lisa würde nicht einmal von ihrem Vater akzeptiert, bei einem Mittagessen bestätigt wird, macht den Vater zwar unsympathischer, dessen Bedenken ebenfalls nicht wirklich begründet werden, doch schweißt es das Pärchen leider auch nicht weiter zusammen.

Ob es auch heute in den USA eine solche gesellschaftliche Ausgrenzung mit sich bringt, wenn Menschen unterschiedlicher Hautfarbe zueinander finden, sei dahingestellt. In manchen Gebieten wird dies wohl im Alltag einfacher sein, als in anderen. Lakeview Terrace spielt mit dieser Ausgangslage und verschärft sie im Gegensatz beispielsweise zum Drama L.A. Crash [2004] insofern, dass der eigentliche, rassistische Aggressor nicht nur Polizist, sondern dabei selbst ein Farbiger ist. Auch das ist grundsätzlich keine neue Idee, dank eines gut gelaunten und entsprechend bösartig spielenden Samuel L. Jackson aber immerhin interessant mit anzusehen. Woran es Neil LaButes Thriller allerdings mangelt ist ein richtiges Erzähltempo. Der Storyhintergrund wird durch immer dichter rückende Waldbrände buchstäblich angeheizt, doch was im ersten Moment sinnbildlich dafür steht, wie die Situation zwischen Abel und den Mattsons außer Kontrolle gerät, bleibt auch am Schluss bei einer bloßen, atmosphärischen Idee. Ein Finale in den Flammen, wie man es vielleicht nach dem langen Aufbau erwarten würde, gibt es nicht, und wenn man sich das letzte Drittel genauer ansieht, zieht zwar das Tempo etwas an, die letzte Konfrontation allerdings ist viel zu schnell vorbei.
Immerhin werden Abels Kinder nicht beim Finale mit eingebunden, so dass die Geschichte hier auf einige, sich früh ankündigende Klischees verzichtet. Dafür tapsen die Autoren munter von einem bekannten Szenario ins nächste und vergessen dabei, dass man sich als Zuseher mit irgendeiner Figur auch identifizieren sollte, um wirklich mitgerissen zu werden. Patrick Wilson und Kerry Washington machen ihre Sache insofern gut, als dass man ihnen eine unter Anspannung stehende Beziehung abnimmt, doch fragt man sich einmal, ob man denn mit dem Pärchen nach dem, was man von ihnen gesehen hat, befreundet sein möchte, würde die Antwort "wohl eher nicht" lauten. Ron Glass Auftritt ist sehr kurz ausgefallen, während Regisseur LaBute sich bemüht, dem Polizistenhintergrund in der Stadt ein authentisches Flair zu verleihen.

Aus der Ausgangslage hätte sich ein spannender, packender und feuriger Thriller stricken lassen. Die Filmvorschau hat auch genau das vermittelt. Nur kommt die gemächlich dahin plätschernde Geschichte hier nicht in Fahrt. Dabei wirkt Lakeview Terrace durchaus stimmungsvoll und auch die Bilder mit den näher rückenden Waldbränden, die leider ebenso wie das Thema des Films immer wieder aktuell sind, beeindrucken und beunruhigen. Nur zündet die Geschichte nie, jener Moment, ab dem sich die Ereignisse überschlagen sollten, kommt gar nicht, oder zu spät. Insofern kann man sich entweder auf einen durchschnittlichen, gut gespielten, aber sympathiearmen Thriller einlassen, oder sich daran stören, was man daraus hätte machen können.


Fazit:
In der drückenden, schwülen Hitze, kochen die Gemüter ohnehin hoch. Zusammen mit der Bedrohung durch die näher rückenden, unaufhaltsamen Brände, wird auch vermittelt, dass die Konfrontation, die sich zwischen Abel und den Mattsons anbahnt, ebenso unaufhaltsam ist. Aber auch wenn es Samuel L. Jackson zu genießen scheint, hier den Bösewicht im Schafspelz zu mimen, und auch wenn das Thema um den Rassismus in jeder Form selbst leider eine Aktualität besitzt, die sich nicht leugnen lässt, Lakeview Terrace schafft es bis zum Schluss nicht, dass man sich für die Figuren interessiert.
Dafür scheint die Beziehung zwischen Chris und Lisa zu angespannt und auf Täuschungen basierend. Und wenn man mit den Figuren nicht mitfiebert, verkommt die langsame Erzählung schnell zu einem spannungsarmen und von Klischees durchsetzten Thriller, der nie richtig packt, und der dabei so viel Potential besessen hätte. Immerhin bleibt der Film makellos inszeniert und ordentlich gespielt. Wer sich darauf einlässt, sollte nur wissen, was ihn erwartet – dann kann man den Film auch als die leicht überdurchschnittliche Unterhaltung ansehen, die er bietet.