In tödlicher Mission [1981]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 09. Dezember 2008
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: For Your Eyes Only
Laufzeit: 128 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 1981
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: John Glen
Musik: Bill Conti
Darsteller: Roger Moore, Carole Bouquet, Topol, Lynn-Holly Johnson, Julian Glover, Cassandra Harris, Jill Bennett, Michael Gothard, John Wyman, Jack Hedley, Lois Maxwell, Desmond Llewelyn, Geoffrey Keen, Walter Gotell


Kurzinhalt:
Bei einem Unglück sinkt das britische Spionageboot St. Georges; mit an Bord ist ATAC, eine Dechiffriermaschine, die in falschen Händen katastrophale Möglichkeiten eröffnen würde. Der britische Geheimagent James Bond (Roger Moore) wird ausgesandt, das ATAC wiederzubeschaffen. Doch wo die St. Georges sank, ist nicht eindeutig klar.
Als wäre das nicht genug, ist der KGB ebenfalls daran interessiert, das ATAC in die Hände zu bekommen. Dafür arbeiten sie auch mit einer Untergrundorganisation zusammen, die unter anderem den Tod von Melina Havelocks (Carole Bouquet) Eltern zu verantworten hat. Ihr Vater hatte das gesunkene Boot kurz vor seinem Tod ausfindig gemacht. Während sich Melina auf einem Rachefeldzug sieht, den Tod ihrer Eltern zu sühnen, braucht Bond ihre Hilfe, um die St. Georges zu finden und das ATAC zu bergen.
Dafür vertraut er auf die Hilfe von Aristotle Kristatos (Julian Glover), der ihn vor dem Geschäftemacher Milos Columbo (Topol) warnt. Doch scheinen hier viele Figuren ein doppeltes Spiel zu spielen ...


Kritik:
Offiziell ist er es ja nicht, aber eigentlich doch: Ernst Stavro Blofeld zu Beginn von In tödlicher Mission. Nach dem letzten offizielle Auftritt des Bösewichts in Diamantenfieber [1971] sollte er in Der Spion, der mich liebte [1977] zurückkehren. Doch auf Grund des Rechtsstreits der Produzenten mit Kevin McClory, der letztlich auch zu Sag niemals nie [1983] führte, durfte weder der Charakter Blofeld, noch die Organisation SPECTRE in den von Eon Productions realisierten Filmen um den Geheimagenten James Bond erwähnt werden. Für Der Spion, der mich liebte tauschte der Produzent Albert R. Broccoli schlicht den Namen des Bösewichts aus. Hier sind bei der Einleitung vor dem Vorspann zwar Merkmale des Erzrivalen zu sehen, wie beispielsweise die Halskrause, der Rollstuhl oder die viel gerühmte Katze, doch nicht sein Gesicht – und auch kein Name wird erwähnt. Dass der Film mit einer Szene auf dem Friedhof beginnt, wo James Bond das Grab seiner Frau besucht, unterstreicht nochmals, dass nun die seit dem ersten Film anhaltende Fehde zwischen den Figuren ein Ende nehmen soll. Immerhin war Blofeld für den Tod von Bonds Frau verantwortlich.
Es ist also ein weiter Bogen, den die Produzenten hier spannen wollen. Und das, obwohl In tödlicher Mission den ersten Film der Reihe darstellt, der nicht auf einem Roman, sondern lediglich auf einer Kurzgeschichte des Autors Ian Fleming basiert. Zahlreiche Elemente stammen dennoch aus verschiedenen Bond-Büchern. Darunter auch die berühmte Sequenz, bei der Bond und Melina durch die Korallenriffe gezogen werden. Diese stammt aus dem Roman zu Leben und sterben lassen [1973]. Trotz der verschiedensten Elemente ist ein überraschend harter Thriller im Rahmen des Kalten Krieges herausgekommen, der mehr Elemente der Sean Connery-Bond-Filme enthält, als die überdrehte und auf lustig getrimmte Action der Roger Moore Teile. Man könnte damit auch sagen, es ist eigentlich Moores kompromisslosester Agentenfilm.

Die Drehbuchautoren Richard Maibaum und Michael G. Wilson (der gleichzeitig als Produzent fungiert) scheinen sich dabei die Kritik der Fans der ersten Stunde zu Herzen zu nehmen, die nicht zuletzt dank des Star Wars-Ablegers Moonraker - Streng geheim [1979] das Gefühl hatten, seit Roger Moore die Rolle des Geheimagenten übernahm, überschlugen sich die Ereignisse mit unglaubwürdigen Elementen und einem übertriebenen Humor.
Insofern gleicht In tödlicher Mission einer Rückbesinnung. Die Geschichte ist ohne Zweifel geerdet, handelt von einer verständlichen Jagd der verschiedenen Geheimorganisationen und zeigt gleichzeitig James Bond vom ersten Moment an in einem sehr persönlichen Licht. So sehr sogar, dass der Agent mit der Lizenz zum Töten das an einer Klippe hängende Auto eines Bösewichts gar noch per Tritt in den Abgrund befördert, anstatt ihn zu retten. So erbarmungslos hat man die Hauptfigur in der Tat schon lange nicht mehr gesehen.
Nach einem rasanten Auftakt verheddert sich die Story zwar in einer Aneinanderreihung von Verfolgungsjagden, deren Urheber Bond aber gar nicht auf die Schliche kommen möchte, sondern gemäß den Regeln der Serie von einem Ort zum nächsten jettet. Erst in der zweiten Filmhälfte, wenn der Geheimagent mit Melina Havelock zusammen arbeitet, um die Hintermänner der Unterweltorganisation ausfindig zu machen, die so bereitwillig mit dem KGB zusammenarbeitet, nimmt auch die Story und nicht nur das Erzähltempo des Films wieder Fahrt auf.
Das Fehlen des bekannten Vorgesetzten von James Bond, M, ist damit zu erklären, dass Bernard Lee, der bislang den Charakter von M verkörperte, leider während der Vorbereitungen für In tödlicher Mission verstarb.
Dank vieler guter Ideen, einiger lang vorbereiteter Actionsequenzen, die auch neue Ansätze für die langlebige Filmreihe bieten und pointierten Dialogen überzeugt das Drehbuch selbst nach über 30 Jahren und legt den Grundstein für ein Agentenabenteuer, das sich vor den bisherigen nicht zu verstecken braucht.

Auch die Darsteller scheinen den ernsteren Ansatz zu genießen, allen voran Roger Moore, der 2003 zum Ritter geschlagen wurde und bei In tödlicher Mission immerhin schon 54 Jahre alt war. Sichtlich in die Jahre gekommen gelingen ihm die ruhigen Szenen außergewöhnlich gut. Er selbst hat immer zugegeben, keine Stunts selbst gedreht zu haben, was die verschiedenen Actionmomente mit den unübersehbaren Blue Screens erklärt. Nichtsdestoweniger bleibt mit seiner Darbietung im Gedächtnis.
Die unterkühlt wirkende Französin Carole Bouquet scheint diesbezüglich genau gegensätzlich zu ihrem Leinwandkollegen, ist ihm aber gerade dadurch gewachsen.
Topol und Julian Glover teilen sich die Rolle des vermeintlichen Bösewichts sehr gekonnt und lassen keine Wünsche offen. Die absichtlich kindlich agierende Lynn-Holly Johnson stört zwar nicht wirklich, doch gehört sie ohne Frage zu den Schwachstellen der Besetzung.
Cassandra Harris' Auftritt ist zwar leider nur kurz, doch auch sie macht ihre Sache gut. Während der Dreharbeiten stellte sie ihren Ehemann Pierce Brosnan dem Produzenten Albert R. Broccoli vor. Brosnan wurde später selbst zum erfolgreichen Darsteller des Geheimagenten. Harris erlebte dies leider nicht, sie verstarb 1991.
Der kurze Auftritt von Desmond Llewelyn, der als Q die neueste Technologie für die Außeneinsätze der Agenten bereit hält, rundet die gut ausgewählte Besetzung ab. Zwar ist er nicht übermäßig gefordert, doch seine routinierte Darbietung macht die Szenen wie immer zu einer Freude für Fans, ebenso wie die wenigen Momente mit Gogol-Darsteller Walter Gotell.

An der handwerklichen Umsetzung durch John Glen, der zuvor bereits als Cutter bei der Agentenreihe fungierte, und bis Lizenz zum Töten [1989] auf dem Regiestuhl Platz nahm, gibt es nichts zu bemängeln.
Die Optik, koordiniert vom britischen Kameramann Alan Hume, der nicht nur für die nächsten beiden Bond-Filme, sondern unter anderem auch für Ein Fisch namens Wanda [1988] und Star Wars: Episode VI - Die Rückkehr der Jedi-Ritter [1983] verantwortlich zeichnet, ist tadellos und fängt sowohl die winterliche Landschaft, wie die luftigen Höhen makellos ein. Einschränkungen müssen allenfalls bei den Actionszenen in Kauf genommen werden, bei denen häufig auf Trickeffekte zurückgegriffen wird. Davon allerdings abgesehen präsentiert sich In tödlicher Mission in einem durchweg guten Bild mit gut ausgesuchten Perspektiven, einigen nicht ganz glücklich gewählten Schnittfolgen aber einer ansonsten ordentlichen Inszenierung.

Größter Kritikpunkt des Films ist die musikalische Untermalung durch Rocky [1976]-Komponist Bill Conti, der zwar das bekannte Thema des Agenten immer wieder aufgreift, aber auf dieselbe helle Art und Weise instrumentiert, wie eben aus der (gelungenen) Hymne des Boxers bekannt. Dies mag zwar sein Markenzeichen sein, doch passen gerade angesichts der düsteren, ernsten Story von In tödlicher Mission die Klänge nicht wirklich.
Dass der Titelsong gesungen von Sheena Easton und untermalt von ihm diesbezüglich ausgenommen ist, beweist auch die verdiente Oscar-Nominierung. Doch hätte man sich gerade für den willkommenen Ansatz zur Rückkehr der Wurzeln der Reihe eine majestätischere Untermalung gewünscht. Und diesbezüglich klingen Contis Stücke mit den Schlagzeugelementen nicht nur zu modern, sondern durchweg auch zu fröhlich.

Sieht man darüber hinweg, kann man einen durchweg gut gemachten, solide inszenierten und mit einer Menge Stunts gespickten Agententhriller genießen, bei dem aus heutiger Sicht allein die offensichtlichen Blue Screens stören, bei denen die Darsteller vor zuvor abgefilmten Hintergründe gestellt werden. Wäre es nicht um die musikalische Untermalung, wäre In tödlicher Mission schon allein auf Grund der gezeigten Mode wieder zeitloser als beispielsweise Der Mann mit dem goldenen Colt [1974].
Dass es in der Geschichte eben nicht um die Erlangung der Weltherrschaft geht, sondern vielmehr um ein Objekt, das in Kreisen der Geheimdienste immer wieder vermutet wird, verleiht dem Film ebenso wie die gezeigte Gewalt einen Realismus, den man zuletzt bei Leben und sterben lassen gesehen hat. Doch das ist nicht negativ zu sehen, ganz im Gegenteil.


Fazit:
Dank einiger Wendungen, die man nicht unbedingt von Anfang an sieht, entpuppt sich die Agentengeschichte als weitaus vielschichtiger, als bei manch anderen Filmen der Reihe. Das Objekt der Begierde ist diesmal auch greifbar und nicht wie so oft ohnehin unerreichbar und die Tatsache, dass trotz des Kalten Krieges die Köpfe hinter dem KGB, beziehungsweise dem MI6 als beinahe schon zynische, aber dennoch respektvolle Widersacher dargestellt werden, hebt In tödlicher Mission von anderen Filmen um Roger Moore ab.
Exotische Orte, aufwändig inszenierte und einfallsreiche Actioneinlagen, ein Humor, der nicht übertrieben, sondern meist sehr trocken dargebracht wird und eine tadellose Inszenierung machen das insgesamt 12. Abenteuer von James Bond 007 zu Moores bestem und zu einem auch für sich allein stehend sehr guten Film.